24. Juni 2016

Erinnerungstag der Heimatvertriebenen in Oberösterreich

Am 11. Juli 1963 hat die Stadt Wels auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Leopold Spitzer die Patenstadt der in OÖ sesshaft gewordenen deutschsprachigen Heimatvertriebenen übernommen. Dieser Schritt hat Wels zum Mittelpunkt der kulturellen Großveranstaltungen der Heimatvertriebenen aus Oberösterreich und auch aus dem ganzen Bundesgebiet gemacht. Wels hat als erste Stadt in Oberösterreich ihre Wertschätzung gegenüber der Volkskultur, den Traditionen und der Leistungskraft der Neubürger ausgedrückt und diese vor allem gefördert. 2008 hat das Land Oberösterreich die Patenschaft für die im „Kulturverein der Heimatvertriebenen in O.Ö.“ organisierten Landsmannschaften der Donauschwaben, Sudetendeutschen, Siebenbürger Sachsen, Buchenlanddeutschen und Karpatendeutschen übernommen und für das jeweils zweite Wochenende im Juni die Abhaltung eines „Erinnerungstages“ über das Schicksal dieser Menschen festgelegt. Zu dieser Gedenkfeier unter dem Motto „WIR in Oberösterreich“ lud heuer der Landesverband der Siebenbürger Sachsen in Oberösterreich als Ausrichter in das Minoritenkloster in Wels ein. Damit wollte der Landesverband die gute Zusammenarbeit mit anderen oberösterreichischen Verbänden und Vereinen wie z. B. dem Forum Volkskultur, mit Heimat- und Trachtenvereinigungen in O.Ö. und dem Blasmusikverband O.Ö. zum Ausdruck bringen.
Der Einladung folgten rund 200 Personen, an der Spitze Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer. Neben den Stadträten des Magistrates Wels konnte Mag. Renate Bauinger, die souverän durch das Programm führte, etliche Ehrengäste begrüßen, wie den Obmann des Kulturvereins der Heimatvertriebenen in O.Ö., Rainer Ruprecht, den Präsidenten des Forum Volkskultur in O.Ö., Konsulent Herbert Scheiböck, und die Obmänner befreundeter Verbände. Von Seiten der Siebenbürger Sachsen nahmen fast alle Siebenbürgischen Nachbarschaften mit ihren Vertretungen teil, in Vertretung des Wiener Vereins war MinR Mag. jur. Ludwig Niestelberger angereist, Ehrenbundesobmann HR Mag. Volker Petri wohnte ebenfalls der Feier bei.

Landesobmann Kons. Manfred Schuller ging in seiner Eröffnungsrede auf das Motto des Erinnerungstages ein und verglich die bisher jahrzehntelang geleistete kulturelle Arbeit mit den Wurzeln eines Baumes, die sich auf alle Seiten ausstrecken. Er betonte, dass es aber auch der Pionierarbeit der Väter, Mütter und Großeltern und deren Weitblick zu verdanken sei, dass „WIR in Oberösterreich“ in jeder Hinsicht seine Berechtigung habe.
Bundesobmann und Landesobmann in OÖ Kons. Manfred ...
Bundesobmann und Landesobmann in OÖ Kons. Manfred Schuller bei seiner Ansprache
„Die ganze Bandbreite der Volkskultur haben wir uns zunutze gemacht, die Traditionen und das Brauchtum aus der alten Heimat in der neuen Heimat Oberösterreich zu pflegen und zu zeigen, dass es auch nach über 70 Jahren möglich ist, zu begeistern. Die enge Verbundenheit zu den einzelnen Verbänden wie dem Blasmusikverband, dem Verband der Heimat- und Trachtenvereine in OÖ oder dem Forum Volkskultur gibt uns den Halt, dass ‚WIR in Oberösterreich‘ mitreden dürfen, ja auch gefragt sind. Von der Stadt Wels und dem Land Oberösterreich als Paten der Heimatvertriebenen erhalten wir den Ansporn und zusammen mit dem Kulturverein können wir uns ins richtige Licht setzen, als Brückenbauer fungieren (...). Die gelungene Volkskulturarbeit unserer Landsleute quer durch Oberösterreich trägt Früchte und hört nicht auf, die Wurzeln des Baumes werden länger und als zwei Beispiele möchte ich den Siebenbürgischen Kulturherbst erwähnen, der heuer in die fünfte Saison geht, sowie den Siebenbürgischen Keramikmalkurs, 1982 von unserem geschätzten Ehrenbundesobmann Kons. Dr. Fritz Frank ins Leben gerufen. Dieser fand heuer zum 34. Mal ohne Unterbrechung statt.“, sagte Landesobmann Manfred Schuller. Weiters betonte er in seiner Ansprache: „Die Bedeutung eines Erinnerungstages ist nicht nur ein Kalenderdatum, das eingehalten werden muss, nein, es ist historisch gesehen eine Notwendigkeit, Geschehnisse, die nicht geändert werden können, aufzuarbeiten, sich ihnen zu stellen, um dann den Blick nach vorne zu richten. Erinnerungen sind da, sie sind Identität eines jeden Menschen und tragen zu seiner Persönlichkeitsentwicklung bei. Wir brauchen die Erinnerungen, um Dinge zu ändern, das Leben zu meistern und uns in die Gesellschaft einbringen zu können. ‚WIR in Oberösterreich‘ ist das Motto des heutigen Erinnerungstages, wir gehören zu diesem Land und darauf sind wir stolz.“

Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer wies in seiner Festansprache unter anderem auf das Entstehen eines österreichisch-tschechischen Geschichtsbuches hin, das 2018 fertiggestellt sein soll und sich ausdrücklich nicht nur an Historiker richtet, sondern an eine breite interessierte Öffentlichkeit, und das auch im Schulunterricht eingesetzt werden soll. „Wenn es gelingt, dieses Buchprojekt erfolgreich abzuschließen, kann es ein Modell für gemeinsame Geschichtsbücher mit anderen ost- und südosteuropäischen Staaten werden, mit denen uns ebenfalls eine lange mitteleuropäische Tradition verbindet, aus denen aber auch Deutschsprachige vertrieben wurden. Auch hier gibt es noch historische Wunden, die auf Heilung warten“, betonte der Landeshauptmann. Grußworte überbrachten der Obmann der Heimat- und Trachtenvereinigungen in OÖ Konsulent Rudolf Birnbaumer und der Vizepräsident des OÖ Blasmusikverbandes, Ing. Alfred Lugstein. In einer Zeitreise erinnerten beide an die Mitwirkung der Siebenbürger Sachsen in den Verbänden, sei es nun im Trachtenwesen oder bei der Blasmusik, und wünschten, dass es auch in Zukunft so bleibe.

Die Grußworte des kurzfristig krankheitshalber verhinderten Welser Bürgermeisters Mag. Dr. Andreas Rabl überbrachte Vizebürgermeisterin Christa Raggl-Mühlberger.

Als Premiere des Erinnerungstages galt ohne Zweifel die Enthüllung der Rollups, welche die Tätigkeiten in den Siebenbürgischen Nachbarschaften und Vereinen aufzeigen. Für die musikalische Umrahmung war bei dieser Gedenkfeier der Musikverein Rosenau zuständig; in ihren siebenbürgischen Trachten sorgten die Mitglieder nicht nur optisch für eine feierliche Stimmung, sondern es kam auch der Hörgenuss nicht zu kurz. Für tänzerische Einlagen sorgten die Volkstanzgruppe Marchtrenk und die Siebenbürger Volkstanzgruppe Wels. Letztere bot fein herausgeputzt in der festlichen Siebenbürger Tracht dem Publikum ihr Können. Mit dem Singen des Siebenbürgenliedes und der Landeshymne von Oberösterreich ging der Erinnerungstag zu Ende. Neben dem anschließenden Buffet war noch genügend Zeit, sich die Rollups-Ausstellung der Nachbarschaften anzusehen oder die Keramikausstellung zu bewundern, die an einem Tisch geboten wurde.

Dank gebührt dem Land Oberösterreich und dem Kulturverein der Heimatvertriebenen in Oberösterreich für die Unterstützung und gute Zusammenarbeit sowie den Verantwortlichen in den Siebenbürgischen Nachbarschaften und Vereinen in Oberösterreich, die bei der Entstehung der Rollups mitgeholfen haben. Ebenso sei für die wunderschöne Keramik, die ausgestellt werden durfte, gedankt und zu guter Letzt allen, die beim Vorbereiten des Erinnerungstages mitgeholfen haben; hier sei Mag. Rolf Morenz für das Entwerfen des Bühnenbildes „WIR in Oberösterreich“ und für die digitale Bilderpräsentation erwähnt.

Ingrid Schuller

Schlagwörter: Österreich, Heimatvertriebene, Gedenktag

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