10. Juni 2007

Ausstellung in Österreich mit markantem siebenbürgischen Akzent

„Mitgebracht“ – Volkskultur der Heimatvertriebenen in Oberösterreich ist der Titel einer sehenswerten Ausstellung der oberösterreichischen Landesmuseen, die noch bis Ende Oktober im Sumerauerhof in St. Florian bei Linz besichtigt werden kann und an der wir Siebenbürger Sachsen aus Oberösterreich (OÖ) maßgeblich beteiligt sind. Zur Vernissage am 29. April strömten 700 Besucher und etliche Medienvertreter in die Ausstellungsräume. Unter den zahlreichen Ehrengästen gab sich auch Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer die Ehre.
Ab 1944 fanden rund 120 000 Vertriebene aus den ehemaligen österreichisch-ungarischen Kronländern eine neue Heimat im Land ob der Enns. Mitgebracht haben die Donauschwaben, Siebenbürger Sachsen, Sudetendeutschen sowie Karpatendeutschen dabei nebst ihren Trachten und anderen Kulturgütern, ihre Bräuche und Traditionen, ihr Liedgut und ihren Glauben, ihre handwerklichen Fertigkeiten – kurz alles, was für die jeweilige Volksgruppe identitätsstiftend ist. Die ehemaligen Flüchtlinge und ihre Nachkommen waren nicht immer willkommen, haben sich jedoch mit Ausdauer und Fleiß eine Existenz und einen Platz in der Gesellschaft geschaffen. Als wertgeschätzte (Ober)Österreicher führen sie in vielen Vereinen die Traditionen ihrer Vorfahren fort. Das Land Oberösterreich war vor einigen Jahren an den 1962 gegründeten Kulturverein der Heimatvertriebenen OÖ, seit einem Jahr auch Mitglied im OÖ Forum Volkskultur, mit dem Wunsch herangetreten, gemeinsam eine Ausstellung zu gestalten. Dabei bot sich der Sumerauerhof, einer der größten und schönsten Vierkanthöfe der Gegend und Freilichtmuseum im Besitz des Landes, als perfekte Kulisse an. In den zur Verfügung gestellten Vitrinen zeigen die Heimatvertriebenen in dieser Jahresausstellung ihre „mitgebrachten“ Volkskulturgüter. Die Exponate reichen vom berühmten Gablonzerschmuck der Sudetendeutschen bis hin zum Abendmahlsgeschirr aus Weißkirch bei Bistritz aus dem 16. Jahrhundert, Leihgabe von der Siebenbürger Nachbarschaft Bad Hall. Weiters können u. a. auch Bockelungen sowie Frauen- und Männertrachten besichtigt werden.

Eine der vier siebenbürgischen Vitrinen in der Ausstellung im Freilichtmuseum in St. Florian.
Eine der vier siebenbürgischen Vitrinen in der Ausstellung im Freilichtmuseum in St. Florian.
Nicht mehr wegzudenken

Bei der Vernissage am 29. April folgten der Begrüßung durch den Hausherrn der OÖ Landesmuseen, Mag. Dr. Peter Assmann, die Grußworte des Bürgermeisters von St. Florian, Robert Zeitlinger, Obmann des Vereins „Freunde des Sumerauerhofes“. Anschließend übergab der Landesobmann der Siebenbürger Sachsen OÖ und Obmann des Kulturvereines der Heimatvertrieben OÖ, Kons. Fritz Teutsch, nach einer kurzen Einführung in die Ausstellung das Wort an Dr. Josef Pühringer. Der Landeshauptmann erklärte in seiner Eröffnungsrede, dass die Kultur der Heimatvertriebenen in OÖ nicht mehr wegzudenken sei und die Pflege und Erhaltung des Brauchtums bis in die Gegenwart das Kulturleben in Oberösterreich in vielfältigster Art und Weise bereicherten. Der Anteil der Heimatvertriebenen am Wiederaufbau Oberösterreichs sei beispielhaft, betonte Landeshauptmann Pühringer.

Viele Ehrengäste, darunter Vereinsobmann Kons. Hans Waretzi und Ehrenobmann Kons. Fritz Frank, fanden sich bei strahlendem Wetter im Innenhof des Sumerauerhofes ein. An die 700 Besucher konnten gezählt werden. Sämtliche Nachbarschaften mit ihren Obmännern und Obfrauen an der Spitze waren vertreten, der Wiener Frauenkreis war mit einem Bus angereist. Musikalisch umrahmt wurde der Eröffnungstag von den „Lustigen Adjuvanten“ aus Traun. Die Bundestanzgruppe der Siebenbürger Sachsen mit 16 Paaren unter der Leitung von Bundesjugendreferent Manfred Schuller bot mit ihren Tanzvorführungen und den schönen Trachten einen herrlichen Anblick. Neben anderen kulinarischen Köstlichkeiten wurden von der Nachbarschaft Sierning Baumstriezel angeboten. An dieser Stelle sei den vielen Helfern und Helferinnen sowie denen, die ihre Leihgaben zur Verfügung gestellt haben, herzlich gedankt. Wieder einmal wurde unter Beweis gestellt, dass Nachbarschaftshilfe bei uns Siebenbürger Sachsen gelebt wird.

"Katharini-Dirndl" präsentiert

Das Frauenreferat der Siebenbürger Sachsen hatte an diesem Tag noch einen weiteren Programmpunkt anzubieten. Bei einer Reise durch Siebenbürgen war der Gedanke entstanden, ein Alltagsgewand für die Siebenbürgerin zu entwerfen, mit der Auflage, dass es keine erneuerte oder weiterentwickelte Siebenbürgertracht sein dürfe. In OÖ gehört das Tragen eines Dirndls zum Alltagsbild, fast jeder oberösterreichische Ort hat sein eigenes Dirndl kreiert. Auf diesen Zug wollte das Frauenreferat aufspringen. Aus dem Gedanken wurde ein Projekt: Eine Arbeitsgruppe trat zusammen unter der fachlichen Leitung der auf Trachten spezialisierten Designerin Silvia Manchen (Traun). Nur einige typisch siebenbürgische Merkmale sollten eingebracht werden. Als Hauptfarben wurden Schwarz und Weiß gewählt, als Farbtupfer für die Schürze Rot. Diese Farben kommen in allen Trachten der verschiedenen Regionen und Dörfer Siebenbürgens vor. Aber wenn schon ein Dirndl, dann sollte es auch in den Trachtenkatalog des OÖ Heimatwerkes aufgenommen werden. Die Kriterien, die das Heimatwerk vorgibt, wurden erfüllt, ein Name gefunden und so konnte nun das „Katharini-Dirndl“ der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das „Katharini-Dirndl“ (abgeleitet vom Namen Katharina) soll nur in seiner Form an die Trachten der deutschsprachigen Bevölkerung Siebenbürgens erinnern. Es besteht aus vier Teilen: Leibchen, Rock, Schürze und Bluse. Das Leibchen ist aus schwarzem Kammgarnstoff geschneidert und hat ein angeschnittenes Schößchen. Im Rückenteil unter dem Halsausschnitt ist eine Blume gestickt, die an die traditionellen Blumenmuster der siebenbürgischen Trachtenstickerei erinnert. Die Arbeiten, die zum Gelingen dieses Projektes vorangegangen waren, wurden mit großem Applaus und Begeisterung des Vernissage-Publikums honoriert.

Trachtenträgerinnen bei der Präsentation des neu kreierten Katharini-Dirndl, mit Bundesfrauenreferentin Ingrid Eichstill (5. von links).
Trachtenträgerinnen bei der Präsentation des neu kreierten Katharini-Dirndl, mit Bundesfrauenreferentin Ingrid Eichstill (5. von links).

Das Frauenreferat bedankt sich bei allen, die dieses Vorhaben so tatkräftig unterstützt haben und den „Models“, die sich das Dirndl selber genäht und auch präsentiert haben, ferner beim ORF Oberösterreich, der sich nicht nur für die Ausstellung interessiert hat, sondern auch für diese Kreation des neuen Alltagsgewandes der Siebenbürgerin. Laut OÖ Nachrichten (am 29. April) vermittelt das „Katharini-Dirndl“ einen Hauch Siebenbürgen, ein Bekenntnis zu Oberösterreich und die Liebe zur Pflege und Erhaltung von Brauchtum. Schnittmuster und Stoffe sind beim OÖ Heimatwerk, Landstraße 31, 4020 Linz, erhältlich. Informationen und Auskunft gibt es bei Frauenreferentin Ingrid Eichstill, Telefon: (00 43) 76 99/11 78 91 28, Ingrid.eichstill@psoft.at

Irene Kastner /Ingrid Eichstill

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 15. Juni, Seite 19)

Schlagwörter: Österreich

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