11. Juni 2011

Kritik an rumänischem Gesundheitssystem

Hermannstadt – Ein kritisches Interview über die Zustände im rumänischen Gesundheitssystem gab Dr. Jürgen Porr Mitte Mai der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien.
Porr ist Vorsitzender des Siebenbürgenforums und Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Hermannstädter Universitätskrankenhaus. Die Situation des Krankenhauses bleibe auch nach der Übernahme durch den Kreisrat im April dieses Jahres kritisch, so Porr. Der Kreis finanziere die Instandhaltung der Gebäude, deren Eigentümer er ist, Zuschüsse für Personal oder Medikamente könne er jedoch nicht bereitstellen. Porrs Fazit: Die angestrebte Dezentralisierung der Gesundheitsversorgung sei eine „Pseudo-Autonomie“. Die mit der Krankenkasse vertraglich vereinbarten Mittel flössen entweder zu spät oder nicht in voller Höhe. Ein Problem sind aus Porrs Sicht die unzureichenden Zuweisungen von der Landeskrankenkasse an die Kreiskasse. Die Landeskasse selbst erhalte die Beiträge der Versicherten über den Umweg Finanzministerium, das weniger Mittel zuteile als es einnehme. Bei der Verteilung auf die Kreiskasse werde zu wenig Rücksicht auf die Qualität der Versorgung genommen, beispielsweise im Falle teuerer Universitätskliniken wie jener in Hermannstadt.

Auf Kreisebene spiele wiederum der politische Faktor eine Rolle. Der jetzige Direktor des Hermannstädter Krankenhauses sei parteiunabhängig, was sich in der Finanzsituation des Spitals niederschlage. Die jüngsten Reformversuche der Regierung überzeugen Porr nicht. Die Kategorisierung der Krankenhäuser, an der sich die Finanzierung bemessen soll, sei wenig praxisfähig. Politisches Ziel sei vielmehr die Einstufung möglichst vieler Einrichtungen in untere Kategorien. Seit 20 Jahren erlebe man „ein Herumwursteln ohne Strategie und Vision“, das zu einer chronischen Unterfinanzierung des Gesundheitssystems geführt habe. In der Folge erlebe Rumänien derzeit einen Exodus von medizinischem Personal ins westliche Ausland.

HW

Schlagwörter: Gesundheit, Politik

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