11. Dezember 2012

Parlamentswahlen in Rumänien: Sozialliberale siegen eindeutig, doch politische Stimmung ist vergiftet

Die Parlamentswahlen vom 9. Dezember haben die Umfragewerte bestätigt und keine großen Überraschungen mit sich gebracht. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 41,76 Prozent – wohl nicht nur wegen des schlechten Wetters, wie die meisten Politiker annahmen, sondern vielmehr wegen der Enttäuschung und Verdrossenheit der Wähler nach einem politischen Krisenjahr und einem Wahlkampf, in dem eher wechselseitige Diffamierungen als politische Inhalte den Ton angaben.
Der klare Sieger der Wahlen ist die Sozialliberale Union (USL), das Regierungsbündnis der Sozialdemokraten (PSD), Nationalliberalen (PNL) und Konservativen (PC). Laut vorläufigem amtlichem Ergebnis vom 12. Dezember erzielte die Union in der Abgeordnetenkammer 58,63 und im Senat 60,1 Prozent der Stimmen. Nach Zuteilung der Überhangmandate erreicht die USL die angestrebte Zweidrittelmehrheit. Großer Verlierer, mit nur 16,5 Prozent im Unterhaus und 16,7 Prozent im Oberhaus, ist die Allianz (Ge)Rechtes Rumänien (ARD), bestehend aus der Demokratisch-Liberalen Partei (PDL), der Partei der Bürgerlichen Kraft (FC) und der Bauernpartei (PNȚCD). Nach der Wahl wurde das Bündnis aufgelöst, doch trotz der herben Niederlage wollen sich die Parteivorsitzenden „für die langfristige Stärkung der rumänischen Rechten“ einsetzen.

Drittplatzierte, mit beachtlichem Ergebnis, ist die rechtspopulistische Volkspartei Dan Diaconescu (PP-DD), die 13,99 Prozent in der Abgeordnetenkammer und 14,65 Prozent im Senat erhielt. Der Ungarnverband (UDMR) schaffte nur knapp den Einzug ins Parlament und sackte damit auf das schwächste Ergebnis seit seiner Gründung zurück. Die Nächstplatzierten, die Großrumänien-Partei (PRM) und die Ökologische Partei (PER), scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.

Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) freut sich über ein besonders gutes Ergebnis. Der Abgeordnete Ovidiu Ganț erhielt für sein drittes Mandat 39 175 Stimmen, deutlich mehr als vor vier Jahren (23 190). Das Deutsche Forum rangiert damit auf Platz 8 aller politischen Formationen bzw. auf dem ersten Platz unter den Organisationen der nationalen Minderheiten, die für die Abgeordnetenkammer jeweils einen Kandidaten aufgestellt haben. Wichtig sei für das Forum ein starkes Parlament mit „saube­ren“ und engagierten Personen, erklärte der DFDR-Vorsitzende Klaus Johannis gegenüber der Presse.

Am Wahlabend erklärte PSD-Chef Victor Ponta, dass Rumänien eine Zeit des innenpolitischen Friedens brauche, warnte aber im selben Atemzug: Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen“. Damit zielte er eindeutig auf den Staatspräsidenten Traian Băsescu, den gemeinsamen Feind, gegen den das Bündnis USL seit Monaten kämpft. Ponta kündigte für die Regierungsbildung Verhandlungen mit dem Ungarnverband an, stieß aber sofort auf heftige Kritik unter den verbündeten Liberalen. Zwar relativierte PNL-Chef Crin Antonescu die Ankündigung Pontas, jedoch entstand der Eindruck, Ponta habe mit seiner Aussage die Bündnispartner vor vollendete Tatsachen stellen wollen. Einig sind sich PSD und PNL, dass Premier Victor Ponta wieder Regierungschef werden muss. Wen allerdings Staatspräsident Traian Băsescu zum neuen Ministerpräsidenten ernennen wird, steht noch nicht fest.

Verzichtet die USL auf ihren national-rumänischen Diskurs?

Voraussichtlich bleibt die politische Stimmung in Rumänien auch nach den Wahlen vergiftet. Das Fazit des Jahres 2012 ist negativ: erst aggressive Straßenproteste, dann dreifacher Regierungswechsel, schließlich das von der USL initiierte und knapp gescheiterte Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten und insgesamt kein Fortschritt bei Reformen oder wirtschaftlichem Aufschwung. Verstöße gegen die Verfassung, Einschüchterung von Richtern und Journalisten, Drohungen gegen Behörden wie die Nationale Agentur zur Korruptionsbekämpfung – all das wurde in den letzten Monaten von der EU und den USA kritisiert, während die USL mit einem national-rumänischen Diskurs konterte. In dieser Hinsicht scheint ein neuer Wind zu wehen, denn Victor Ponta bekräftigte in seiner ersten Ansprache nach den Wahlen die „pro-europäische und pro-atlantische“ Orientierung seiner Politik. Die Zukunft wird zeigen, ob er Wort hält.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Politik, Parlamentswahlen

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