28. November 2013

Gassuche gefährdet Kulturerbe

Seit dem Sommer finden im Auftrag von Romgaz in Teilen Südsiebenbürgens Erdgas-Erkundungen statt. Die Suchtrupps des mit den Erkundungen beauftragten Unternehmens SC Prospecțiuni SA sind vor allem in den Seitentälern der Großen Kokel zwischen Schäßburg, Birthälm, Mediasch und Kund tätig. Engagierte Bewohner und Umweltschutzaktivisten warnen vor einer möglichen Anwendung der Fracking-Technologie bei der Gasförderung, kritisieren die Methoden bei der Erkundung sowie mögliche Gefahren für Kulturgüter.
Tatsächlich sei eine Gefährdung von historischen Bauernhäusern, insbesondere aber auch Kirchenburgen, nicht auszuschließen, konstatierte Dr. Bernd Fabritius bei einem Vor-Ort-Besuch in Waldhütten. Der Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland wollte sich gemeinsam mit Martin Bottesch, Vorsitzender des Siebenbürgenforums, und Hans Gärtner, Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, ein Bild von der tatsächlichen Situation in dem betroffenen Gebiet machen.

In Waldhütten berichteten Bewohner übereinstimmend, dass im Juli mobile Rüttler in der Hauptgasse, keine 100 Meter von der Kirchenburg entfernt, künstliche Erschütterungen erzeugten, die von den Menschen als Erdbeben wahrgenommen wurden. An Gebäuden und Kellergewölben konnten frische Schäden begutachtet werden, die „höchstwahrscheinlich“ von den Rüttlern verursacht oder zumindest verstärkt wurden, erklärte Bottesch. Von den Mitarbeitern der Erkundungsfirma seien den befragten Anwohnern „Entschädigungen“ zwischen 300 und 700 Lei (67 bzw. 157 Euro) gezahlt worden. Der Bewohner eines Hauses mit starken Gewölbeschäden erhielt einen Brief von der Nationalen Agentur für Rohstoffe (Agenția Națională pentru Resurse Minerale/ANRM), in der die Arbeiten im Dorfzentrum anerkannt und bezüglich der Schadensanzeige mitgeteilt wird, dass diese dem Erkundungsunternehmen weitergeleitet wurde.
Waldhüttnerin zeigt Martin Bottesch den Ort, an ...
Waldhüttnerin zeigt Martin Bottesch den Ort, an dem die seismischen Vibrationen erzeugt wurden; links der Kirchturm, rechts oben Risse in einem Nachbarhaus. Fotoarchiv SbZ
Über das weitere Vorgehen werde man sich mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien und dessen Abgeordneten Ovidiu Ganț abstimmen, erklärte Bottesch. Ganț habe bereits mehrere Anfragen an verschiedene Ministerien gestellt. Eine Anfrage an Romgaz wurde bereits beantwortet. Darin erklärt das seit 12. November börsennotierte Unternehmen, dass nach herkömmlichen Gasvorkommen gesucht werde, und nicht nach Schiefergasvorkommen, wie dies in der Öffentlichkeit immer wieder befürchtet werde. Auch Bernd Fabritius stellte weitere Nachforschungen in Aussicht, gerade auch weil es sich hier um Kulturdenkmäler von gesamtsiebenbürgischer Bedeutung handelt.

Die ANRM ist auch jene Behörde, die Romgaz die Genehmigung für die Erkundung von Erdgasvorkommen im Gebiet RG 03 Transilvania Sud mittels seismischer 3D-Kartierung erteilte. Für die konkreten Erkundungsmaßnahmen und die Einholung aller notwendigen Genehmigungen ist die Firma Prospecțiuni SA verantwortlich. Die umweltrechtlichen Genehmigungen ­erteilte die Umweltagentur des Kreises Hermannstadt im Februar, berichtete die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien unter Berufung ein ihr vorliegendes Dokument.

Erwähnt wird, dass die Erkundungsteams vor den Arbeiten Protokolle mit den Betroffenen abschließen sollen und die Kosten für Beschädigungen erstatten. In den vergangenen Monaten konnte man jedoch feststellen, dass sich die Trupps – in Begleitung von Sicherheitsdiensten – ohne Absprachen mit Eigentümern auf Privatgrundstücken zu schaffen machten, so legen es zahlreiche Berichte von Betroffenen nahe.

Ein solcher ist Willy Schuster aus Meschen, der wie andere beklagt, dass schwere Fahrzeuge auf Acker- und Weideland verkehren, Kabel verlegt, Messlöcher gebohrt und Sprengstoffe ungenügend gesichert gelagert werden. Wiederholt – auch im November – kam es dabei zu Konfrontationen zwischen Prospecțiuni-Mitarbeitern sowie Bewohnern und Umweltaktivisten, zuletzt am 23. November, als Aktivisten in Meschen Messkabel des Unternehmens von Feldern einsammelten.

HW

Schlagwörter: Fracking, Kulturerbe, Politik, Wirtschaft

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