29. März 2014

CSU für Teil-Mitgliedschaft Rumäniens im Schengen-Raum

Rumänien soll nach Ansicht von CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt eine Perspektive für die Aufnahme in den Schengen-Raum erhalten. In einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ (vom 27. März 2014) spricht sich die CSU-Politikerin für eine Teil-Mitgliedschaft Rumäniens im grenzkontrollfreien Schengen-Raum aus. Hasselfeldt wirbt in dieser Frage für eine differenzierte Betrachtung von Rumänien und Bulgarien, da Rumänien im Vergleich zu Bulgarien hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit und Grenzsicherheit Erfolge vorweisen könne. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag hat mit einer Delegation, der die drei CSU-Bundestagsabgeordneten Dr. Bernd Fabritius, Dr. Hans-Peter Uhl und Tobias Zech sowie der außenpolitische Berater der CSU-Landesgruppe, Lothar Müller, angehörten, vom 23. bis 25. März Rumänien besucht. Auf dem Programm standen Gespräche mit führenden Vertretern der deutschen Minderheit in Hermannstadt und Treffen mit dem rumänischen Außenminister Titus Corlățean sowie mit weiteren Regierungsmitgliedern und dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses in Bukarest.
Wie die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ) und die Hermannstädter Zeitung berichteten, fand der erste Gesprächsaustausch mit dem DFDR-Landesvorsitzenden Dr. Paul-Jürgen Porr, dem Vorsitzenden des Siebenbürgenforums, Martin Bottesch, und der Unterstaatssekretärin im Departement für interethnische Beziehungen, Christine Cosmatu, im Forumshaus in Hermannstadt statt. Thematisiert wurden dabei die Belange der deutschen Minderheit, ihr beispielhaftes Zusammenleben mit anderen Kulturgemeinschaften in Siebenbürgen bzw. Rumänien, des Weiteren die Aufgaben des Deutschen Forums als politischer Interessenvertreter der deutschen Minderheit, die aktuelle Situation des deutschsprachigen Unterrichts. Tags darauf traf sich die Delegation mit dem Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, Reinhart Guib, und dem Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sitzt ...
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sitzt neben Bischof Reinhart Guib beim Gesprächsaustausch im bischöflichen Palais in Hermannstadt; die weiteren Teilnehmer von links nach rechts: Tobias Zech, Dr. Bernd Fabritius und Dr. Hans-Peter Uhl.
Auf dem Besuchsprogramm standen überdies die Brukenthalschule, das Alten- und Pflegeheim „Dr. Carl Wolff“ und die Stiftung „Bavaria-Romania für Soziale Assistenz in Rumänien“.

Am dritten Reisetag führte die Delegation in Bukarest Gespräche mit Rumäniens Außenminister Titus Corlățean, dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Valeriu Zgonea, mit dem Minister für EU-Fonds, Eugen Teodorovici, der Ministerin für Arbeit, Familie, Soziales und Senioren, Rovana Plumb, dem Minister für die rumänische Diaspora, Bogdan Stanoevici, sowie mit dem Abgeordneten des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) im rumänischen Parlament, Ovidiu Ganț. Erörtert wurden dabei aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Themen, wie die Schengen-Beitrittsfrage, der Einsatz von EU-Mitteln, die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte oder die Ursachen der Armutsmigration. Nicht zuletzt besichtigte die Delegation ein Roma-Slum in einem verwahrlosten Stadtviertel Bukarests, um sich über die Integration der Roma in Rumänien zu informieren.
Die Delegation bei ihrem Treffen mit dem ...
Die Delegation bei ihrem Treffen mit dem rumänischen Außenminister Titus Corlățean (Zweiter von rechts): die CSU-Bundestagsabgeordneten (von links) Dr. Bernd Fabritius, Dr. Hans-Peter Uhl, Gerda Hasselfeldt und Tobias Zech.
Bei ihrem ersten Rumänien-Besuch habe sich Gerda Hasselfeldt der ADZ zufolge beeindruckt gezeigt vom gut erhaltenen Altstadt-Ensemble in Hermannstadt wie auch der Situation der deutschen Minderheit. Im Interview mit der Welt plädiert die CSU-Landesgruppenchefin dafür, „über eine Teilaufnahme Rumäniens in den Schengenraum nachzudenken, die zunächst nur die Flug- und Seehäfen betrifft. Allerdings müssen natürlich auch die anderen EU-Mitgliedsstaaten einem solchen Schritt zustimmen, denn es bedarf einer einstimmigen Entscheidung.“ Die „bisherige Doppelpacklösung“ einer gemeinsamen Betrachtung von Bulgarien und Rumänien sei „nicht zwingend“, denn während es in Bulgarien „große Schwierigkeiten mit der Rechtsstaatlichkeit und der Grenzsicherheit“ gebe, „hat Rumänien große Anstrengungen unternommen und kann Erfolge vorweisen“, argumentiert Hasselfeldt.

Damit vertritt die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag aktuell einen anderen Standpunkt als ihr Parteikollege, der vormalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Noch im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung den Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien blockiert und der damalige Bundesinnenminister Friedrich sein Veto damit begründet, dass die Fortschritte der beiden Länder im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität weiterhin unzureichend seien. Im letzten Fortschrittsbericht, den die EU-Kommission im Januar 2014 präsentiert hat, wurden Bulgarien noch erhebliche Defizite hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und Verfolgung des organisierten Verbrechens attestiert. Demgegenüber anerkannte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, dass Rumänien „einige bedeutsame Schritte unternommen“ habe, wiewohl die Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz ebenso wie die Korruptionsbekämpfung der Kommission „immer noch Sorge“ bereiteten.

Fortschritte Rumäniens honorieren


Der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț hat die von Gerda Hasselfeldt vertretene Auffassung ausdrücklich begrüßt: „Die Haltung der CSU zugunsten Rumäniens erfolgt nach dem Besuch, den Frau Hasselfeldt, begleitet von Dr. Bernd Fabritius, Dr. Hans Peter Uhl und Tobias Zech in Hermannstadt und Bukarest absolviert hat. Diese Position ist mit das Ergebnis der Gespräche, die mit uns, den Vertretern der deutschen Minderheit in Rumänien, DFDR-Vorsitzender Dr. Paul-Jürgen Porr, Bürgermeister Klaus Johannis, Bischof Reinhart Guib und mir geführt wurden. Wir haben stets gegenüber den bundesdeutschen politischen Vertretern für die Position Rumäniens plädiert. (…) Ich erinnere daran, dass die schrittweise Lösung von Deutschland und Frankreich vorgeschlagen wurde, und hoffe, dass der Europäische Rat sie annehmen wird.“

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, erklärte seinerseits gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung: „Rumänien hat laut dem letzten CVM-Bericht (Jahresbericht der EU-Kommission im Rahmen ihres Kooperations- und Überprüfungsmechanismus für Rumänien und Bulgarien; die Redaktion) trotz noch vorhandener Defizite auch erhebliche Fortschritte gemacht. Insoweit bestehen klare Unterschiede zu Bulgarien, wo besonders die Bereiche Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung noch im weiten Feld sind. Es ist richtig, die Frage einer Anwendung des Schengen-Rechtes in neuen EU-Mitgliedstaaten an individuelle Fortschritte zu knüpfen und bei bestehenden Unterschieden auch in den Konsequenzen zu differenzieren. Die Aufnahme Rumäniens in einer abgestuften Systematik, nach welcher zuerst die Flughäfen und die Seegrenzen einbezogen werden, soll gerade die Fortschritte Rumäniens honorieren und für andere Länder, die noch nicht so weit sind, ein anspornendes Signal sein.“

Christian Schoger

Schlagwörter: Rumänien, Delegationsreise, CSU

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