20. November 2014

Klaus Johannis: „Schritt für Schritt am neuen Rumänien bauen”

Am 16. November 2014 ist Klaus Johannis zum neuen Staatsoberhaupt Rumäniens gewählt worden. Nach 14-jähriger Amtszeit als Bürgermeister von Hermannstadt, einer überaus fruchtbaren Ära für die Stadtentwicklung, regiert der 55-jährige Siebenbürger Sachse demnächst in Bukarest. In Rumänien herrscht Reformstau, der die rechtsstaatliche Entwicklung ebenso wie die europäische Integration des Landes hemmt, ja geradezu blockiert. Im Bewusstsein der allerorten greifbaren Aufbruchstimmung drängt der Vorsitzende der Nationalliberalen Partei auf die Umsetzung seines im Wahlkampf verkündeten Programms für „ein Rumänien der gut gemachten Arbeit”. Über die Agenda des neuen rumänischen Staatspräsidenten, auf der die deutsch-rumänischen Beziehungen einen hohen Stellenwert haben, äußert sich Klaus Johannis im Gespräch mit Christian Schoger.
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem überraschenden Wahlsieg, Herr Johannis! Bitte beschreiben Sie Ihre Gefühlslage am Tag drei nach Ihrer Wahl zum neuen Staatspräsidenten von Rumänien. Diesen Wahlausgang haben nicht viele erwartet.

Das Ergebnis war wohl für viele überraschend, nicht aber für mich und uns in der Nationalliberalen Partei. Wir haben mit meinem Wahlsieg gerechnet, selbst wenn die Polit-Kommentatoren mir wenig Chancen eingeräumt hatten. Selbstverständlich bin ich sehr froh über diesen Sieg, der einmal mehr beweist, dass die Bevölkerung in Rumänien nicht mit Lügen und falschen Versprechungen abgespeist und in die Irre geführt werden kann. Ich bin zuversichtlich, dass ich nun mein Programm für ein Rumänien der gut gemachten Arbeit, ein Rumänien, das zu Recht Mitglied der Europäischen Union und NATO ist, umsetzen werden kann.


Hat Ihnen die Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Ihre Kandidatur unterstützt hat, schon persönlich gratuliert?

Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Bundespräsident Joachim Gauck haben mich beglückwünscht. Die Bundeskanzlerin sprach ihre Überzeugung aus, dass „wir gemeinsam unsere Beziehungen weiter vertiefen können” und übermittelte, die Bundesregierung werde „Rumänien bei den Reformen, die für Ihr Land und für die Europäische Union wichtig sind, weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen und ein verlässlicher Partner bleiben.” Bundespräsident Gauck drückte seine Zuversicht aus, „dass wir in vertrauensvoller Zusammenarbeit die guten und freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern auch im europäischen und internationalen Rahmen weiterentwickeln und vertiefen werden."


In diesen Tagen schwappen Ihnen große Sympathiewellen in Rumänien wie im Ausland entgegen, von Bürgern und in den Medien. Aus Begeisterung erwächst rasch enormer Erwartungsdruck. Wie gehen Sie mit dieser Aufbruchstimmung und den Vorschusslorbeeren um?

Ich bin mir dieses Erwartungsdrucks bewusst und weiß, dass Sympathiewellen rasch ins Gegenteil umschlagen können. Wir sind aber bereits dabei, die im Wahlkampf gemachten Versprechungen umzusetzen, und wie im Parlament gestern festzustellen war, hat die gesamte politische Klasse die Botschaft der Wählerschaft verstanden: Gesetze, welche die Korruptionsbekämpfung ermöglichen, sowie Anträge auf Immunitätsaufhebung im Falle von Parlamentsmitgliedern, die der Bestechung verdächtigt sind, wurden angenommen, nachdem sie zuvor zum Teil mehrere Monate vertagt worden waren.


Unser Verband mit seinem Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius an der Spitze hat Ihre Kandidatur offensiv unterstützt, so auch das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien und schließlich die weltweite Föderation der Siebenbürger Sachsen. Haben Sie diesen Rückhalt in dem bisweilen sehr unfairen und schmutzigen Wahlkampf wahrgenommen?

Natürlich! Und ich danke Dr. Fabritius und der Förderation der Siebenbürger Sachsen für diese Unterstützung – wie ich auch den Kollegen im Deutschen Forum gedankt habe. Für mich war es sehr wichtig zu wissen, dass meine Landsleute mir Vertrauen schenken.

Beim diesjährigen Heimattag in Dinkelsbühl nahm ...
Beim diesjährigen Heimattag in Dinkelsbühl nahm Klaus Johannis (links) den Ehrenstern der Föderation der Siebenbürger Sachsen aus den Händen des Föderationsvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius, MdB, entgegen. Foto: Christian Schoger
Rumänien voranzubringen in seiner demokratischen und rechtsstaatlichen Entwicklung, ebenso die europäische Integration des Landes, das sind gewaltige Herausforderungen. Auf welche gesellschaftlichen und politischen Kräfte bauen Sie für die „gut gemachte Arbeit“?

Die Herausforderungen sind tatsächlich groß, aber ich mute mir zu, die am Fortschritt des Landes und am Wohlstand in Rumänien interessierten Repräsentanten aus den politischen Parteien und der Zivilgesellschaft, aus den Berufsverbänden und den Gewerkschaften zusammenbringen zu können, um Schritt für Schritt am neuen Rumänien zu bauen.


In Ihrer Wahlkampagne haben Sie der Korruption den Kampf angesagt, Sie wollen die Unabhängigkeit der Justiz garantieren. Werden diese Bereiche über den Erfolg Ihrer Präsidentschaft entscheiden?

Ganz sicher. Sie werden die Voraussetzungen dafür sein, dass die Steuerhinterziehungen zumindest reduziert werden, dass die Mittel dort ankommen, wofür sie eingeplant worden sind, dass eine Finanzdisziplin in Rumänien möglich sein wird. Auf dieser Grundlage kann eine Sanierung und Entwicklung in allen Bereichen der Gesellschaft stattfinden.


Welche Erwartungen und Vorstellungen haben Sie hinsichtlich Ihres künftigen Arbeitsverhältnisses mit Ministerpräsident Victor Ponta, Ihrem Mitbewerber um das Präsidentenamt, nach diesem Wahlkampf? Ponta kündigte an, bis zu den Parlamentswahlen 2016 weiterregieren zu wollen.

Ich habe es im Wahlkampf gesagt und nach dem Wahlsieg wiederholt: Als Präsident werde ich mit allen Institutionen des Staates zusammenarbeiten, so auch mit der Regierung, der mein Gegen-Kandidat Victor Ponta vorsteht. Es handelt sich um eine institutionelle Kooperation und die muss zum Wohl des Landes klappen. Wie lang Ponta Premier bleiben wird bzw. ob die derzeitige Koalition bis zu den Parlamentswahlen 2016 die Regierung stellen kann, bleibt abzuwarten.


Der Staatspräsident bestimmt die Außen- und die Verteidigungspolitik. Bereitet Ihnen Russlands Expansionspolitik Sorge? Ist Rumänien heute hinreichend dagegen gewappnet?

Rumänien ist Mitglied der NATO und der EU und hat eine strategische Partnerschaft mit den USA, was in diesem Fall von größter Bedeutung ist. Selbstverständlich gibt es dennoch Grund zu Sorgen angesichts der Expansionspolitik Russlands, zum einen weil die Republik Moldau besonders exponiert ist, zum anderen weil eine Konfliktsituation in so unmittelbarer geografischer Nähe sich auf die Entwicklung Rumäniens auswirkt.


Welche Priorität haben für Sie die deutsch-rumänischen Beziehungen?

Die deutsch-rumänischen Beziehungen können meiner Ansicht nach in allen Bereichen erweitert und vertieft werden. Für Rumänien sehr wichtig wird der Zuwachs von Investitionen in die Wirtschaft sein, gleiche Bedeutung aber messe ich auch der Zusammenarbeit in der Europäischen Union bei.


Besteht die Möglichkeit, dass Sie den Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl in Ihrer Amtszeit als rumänischer Staatspräsident besuchen?

Lassen Sie mich zunächst als Präsident vereidigt werden, danach kann ich sehen, ob meine Agenda einen derartigen Besuch erlaubt.


Danke für das Gespräch. Viel Kraft und Erfolg für Ihre große Aufgabe, Herr Johannis!


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Schlagwörter: Interview, Klaus Johannis, Staatspräsident, Rumänien, deutsch-rumänische Beziehungen, Merkel, Gauck

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  • 20.11.2014, 18:37 Uhr von Bir.Kle.: Să trăiască Președintele Klaus Johannis! Wer hätte das gedacht? Er hat es ... [weiter]

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