14. Mai 2017

Straßenproteste gegen geplantes Amnestiegesetz für inhaftierte Politiker in Rumänien

Der Rechtsausschuss des rumänischen Senats hat am 5. Mai einen ersten Entwurf für eine Gesetzesänderung zur teilweisen Strafmilderung und Begnadigung von Korruptionsvergehen vorgestellt (diese Zeitung berichtete). Unter bestimmten Umständen sollen langjährige Haftstrafen reduziert und ältere Verurteilte begnadigt werden. Am Entwurf maßgeblich beteiligt waren Șerban Nicolae, PSD-Politiker und Vorsitzender des Rechtsausschusses, und der ehemalige Staatspräsident und derzeitige Oppositionssenator Traian Băsescu (PMP).
Mitglieder der PNL, USR und UDMR stimmten gegen die Gesetzesänderung. Kritiker werfen dem Rechtsausschuss und der Regierungskoalition PSD/ALDE vor, den Entwurf auf die Fälle inhaftierter prominenter Politiker zugeschnitten zu haben und somit eine Neuauflage des im Februar nach landesweiten Protesten zurückgezogenen Eilerlasses 13/2017 zu betreiben.
Als Reaktion versammelten sich am Mittwochabend, dem 5. Mai, über tausend Demonstranten auf dem Siegesplatz (Piața Victoriei) in Bukarest. Hunderte gingen auch in anderen Städten des Landes auf die Straßen. Die Organisatoren der Demonstrationen zeigten sich unbeeindruckt von dem tags darauf angekündigten Verzicht auf die Gesetzesänderung, welchen sie für einen Täuschungsversuch halten, um die Proteste zu schwächen.
Seit Beginn der Protestbewegung im Januar haben sich zahlreiche organisierte Gruppen und zivilgesellschaftliche Vereine gebildet, die sich den Gesetzesinitiativen der Regierungskoalition der PSD/ALDE widersetzen. Die Bewegung und weite Teile der Zivilgesellschaft befürchten eine Schwächung der seit einigen Jahren äußerst strengen Antikorruptionsgesetzgebung in Rumänien. Die Regierung ihrerseits wirft der Antikorruptionsbehörde DNA vielfachen Machtmissbrauch und Politisierung ihrer Verfahren vor.
Mitglieder der rumänischen und rumäniendeutschen Gemeinde in München haben ebenso wie Gruppen in anderen Städten erneut tägliche Demonstrationen vor dem Rumänischen Generalkonsulat in der bayerischen Hauptstadt angekündigt. Interessierte können sich über die Facebook-Veranstaltungsseite „Manifest pentru susținerea celor de acasă“ informieren. Die kürzlich in München gegründete zivilgesellschaftliche Initiative Nova Romania plant überdies Petitionen an deutsche und europäische Politiker zu verschicken, um eine Kommission der Europäischen Union zur Überprüfung der Unabhängigkeit der Justiz nach Rumänien zu entsenden.

Albert Weber

Schlagwörter: Politik, Korruption, Demonstration

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