31. Mai 2019

Förster bietet eindrucksvolle Naturwanderungen in Siebenbürgen an

Schon als Kind in der Schule in der DDR faszinierte mich beim Blick in den Atlas die Seite mit Rumänien, mit den legendären Karpaten und den unendlich scheinenden Wäldern. Man konnte zu der Zeit nicht groß reisen. War jemand bis Ungarn vorgedrungen, dann war das schon exotisch. Nur die Reise- und Abenteuerfreudigsten kamen bis Rumänien und konnten spannende Geschichten und Erlebnisse berichten.
1993, als alle in meinem Umfeld endlich westliche Gefilde bereisten, war es dann soweit. Ich fuhr zusammen mit meinem Cousin, einem der erfahrenen und altgedienten Rumänienreisenden, zum Wandern ins Fogarascher Gebirge, nach Siebenbürgen und ins Donaudelta. Ich war tief beeindruckt von der vielfältigen Natur, den urigen Wäldern, den bunten Blumenwiesen und den herrlichen Gebirgen. Und von den freundlichen Menschen, der Vielfalt der Völker und Kulturen, von den idyllischen Dörfern, den Kirchenburgen, von der Lebensweise wie vor hundert Jahren. Gleichzeitig sah ich die krasse Armut, den Niedergang und die Stagnation, aber auch die vielen Möglichkeiten und Freiheiten. Das war alles so beeindruckend, dass ich beschloss, im nächsten Jahr wieder dahin zu fahren.

Mit vier Kommilitonen zusammen wanderte ich als frischgebackener Student der Forstwirtschaft also im Sommer 1994 durch die Karpaten und das siebenbürgische Hügelland. Wie konnte es anders enden? 1995 fand ich mich als Praktikant für ein Semester im Forstamt Odorheiu Secuiesc wieder. Ich mietete einen Bauernhof im ungarischen Dorf Simenfalva für 20 Mark pro Monat und lernte das rumänische Forstwesen mit all seinem Glanz und Elend kennen. Diese Zeit war voller unvergesslicher Erlebnisse und Begegnungen. Mit dem Oberförster zusammen trampen, auf dem Dienstpferd ins Revier reiten, Bäume markieren zu fünft, Wald pflanzen an steilen Hängen, Heu einholen mit dem Pferdewagen, den Erzählungen der Hirten von den Bärenangriffen lauschen – alles war eine neue Welt für mich. Ich trampte viel im Land umher, schloss Freundschaften, begegnete vielen interessanten Menschen, wie z.B. Pfarrer Eginald Schlattner und Frieder Schuller und diskutierte ganze Nächte lang mit verschiedensten Menschen über die Situation im Land.

Seitdem bin ich fast jedes Jahr in Rumänien gewesen und lernte so gut wie alle Ecken dieses Landes kennen. Es wurde mir zweite Heimat wegen der Schönheit und Vielfalt der Natur und der Menschen, wegen der interessanten Geschichte und der Geschichten, die man so nur in Rumänien erleben kann, und trotz mancher weniger guten Entwicklungen, die ich im Laufe der Jahre erlebt habe.
Der Förster Tobias Schramm (Bildmitte) bietet in ...
Der Förster Tobias Schramm (Bildmitte) bietet in Siebenbürgen eindrucksvolle Wanderungen in den Karpaten an.
Ab November 2004 lebte ich für ein Dreivierteljahr zusammen mit meiner Frau und unseren damals drei Kindern in Keisd und half mit, den Kirchenwald der ev. Kirche im Kirchenbezirk Schäßburg zu organisieren. Damals wusste noch keiner so genau, wie viel und wo genau der Kirchenwald lag, den die Kirchgemeinden zurückübertragen bekommen hatten. Auf einer Tagung in der Evangelischen Akademie in Neppendorf diskutierte man dann erstmals gemeinsam darüber, wie es weitergehen sollte mit dem Kirchenwald. Daraufhin wurde im Bezirk Schäßburg beispielhaft die Verwaltung und Bewirtschaftung des Kirchenwaldes in die eigene Hand genommen und später auch ein eigener Förster angestellt. Auch diese Zeit in Keisd war für mich sehr prägend. Viele kleine Geschichten, die wir dort erlebten, wären es wert, am Lagerfeuer erzählt zu werden. Wenn uns dort Freunde besuchten oder wenn ich zusammen mit Freunden in den späteren Jahren nach Rumänien reiste, merkte ich oft, wie ansteckend meine Begeisterung für dieses Land wirkte.

Ab 2008 arbeitete ich als selbstständiger Förster in Brandenburg. In dieser Zeit reifte der Gedanke, Reisen nach Rumänien anzubieten. So konnte ich das Nützliche, nämlich das Geldverdienen, mit dem Angenehmen, dem Reisen nach Rumänien, verbinden. 2012 war es dann soweit. Mit einer kleinen Gruppe waren wir eine Woche in Arkeden. Wir erkundeten wandernd die herrliche Natur der Umgebung, begegneten vielen interessanten Menschen und besichtigten die schöne Stadt Schäßburg. Seitdem sind viele Reisen dazu gekommen und jede barg andere schöne Erlebnisse, aber immer waren die Mitfahrer und die Menschen, denen wir begegneten, sehr sympathisch.

Ich habe die Reisen so konzipiert, dass die Teilnehmer nicht nur die fantastische Natur erleben können, sondern dass auch Kultur und Geschichte nicht zu kurz kommen. Ich wollte nicht mit schwerem Rucksack beladen die ganze Zeit in den Wäldern verschwinden, sondern mit leichtem Gepäck von einer Herberge aus die Vielfalt der Umgebung erkunden. Den einen Tag durch die Wildnis streifen und Bärenspuren entdecken und am nächsten Tag durch die Gassen Schäßburgs bummeln oder eine Kirchenburg betrachten, mit Zeit, um den Menschen und den Geschichten dort begegnen zu können. Ich habe bemerkt, dass nicht nur die bundesdeutschen Teilnehmer von diesen Reisen begeistert waren, sondern auch der eine oder andere Siebenbürger Sachse seine alte Heimat ganz neu kennenlernen konnte. Egal ob Siebenbürger Sachse oder nicht, jeder kann die Natur in ihrer Schönheit und die Zusammenhänge der Natur auf dieser Reise ganz neu entdecken. Viele Siebenbürger Sachsen waren entweder lange nicht in Siebenbürgen oder sie besuchten vertraute Gebiete und Bekannte in ihrem alten Heimatort. Kultur, Natur, Geschichte, Erinnerungen, Vorstellungen und die jetzige Wirklichkeit – diese Mischung kann jedem Interessierten einen neuen Blick auf dieses faszinierende, wilde und schöne Land Rumänien schenken. Es kann vielleicht gerade dabei ein Blick von außen helfen, die alte Heimat noch einmal ganz neu wahrzunehmen.

Anfang Oktober, wenn die Wälder golden leuchten, geht es wieder los. Wer will, komme einfach mit. Alle Informationen dazu finden sich im Internet unter www.rumwandern.de. Ich freue mich auf neue Begegnungen.

Tobias Schramm

Schlagwörter: Siebenbürgen, Wandern, Förster, Touren, Karpaten, Wald

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