9. Januar 2008

Sprach- und seelenverwandt: Luxemburg und Hermannstadt als Kulturpartner

Die Abschlussveranstaltung des Kulturhauptstadtjahres am 8. Dezember in der Rotonde II. in Luxemburg bot Gelegenheit, eine erste Bilanz zu ziehen über die Partnerschaft, die Luxemburg und seine Großregion mit Hermannstadt als Kulturhauptstädte Europas 2007 verbunden hat. Dass gerade diese beiden so verschiedenen Städte und Regionen im Westen und Osten Europas eine Kulturpartnerschaft eingegangen sind, hat etwas mit den Siebenbürger Sachsen zu tun, die 1191 die „Villa hermanni“ im Karpatenbogen gegründet hatten. Im 18. Jahrhundert wurden sprachliche Indizien gefunden, die das Gebiet zwischen Maas und Mosel im Westen des damaligen Heiligen Römischen Reiches (das im 15. Jahrhundert den Zusatz „deutscher Nation“ erhielt) als mögliche Urheimat der Siebenbürger Sachsen ausweisen. Dialektvergleiche von Gustav Kisch (1897) und Richard Huss (1926) ließen zwar die These von der Luxemburger Urheimat der Siebenbürger Sachsen entstehen, wurden aber später von Karl Kurt Klein und anderen Sprachforschern relativiert.
Als am 30. März 2004 das Luxemburghaus am Kleinen Ring Nr. 16 in Anwesenheit des Luxemburger Großherzoglichen Paares eingeweiht wurde, sprach Stadtpfarrer Kilian Dörr eine Hoffnung aus: „Von diesem Hause wird es abhängen, ob aus Sprachverwandten auch Seelenverwandte werden“. Es sollte als Sitz des Koordinierungsbüros Dreh- und Angelpunkt des gemeinsamen Kulturjahres werden. Die meisten der 46 binationalen Projekte, die das Partnerland im jeweils anderen Land bekannter machen sollten, hatten allerdings weniger mit der siebenbürgisch-sächsischen Kultur als mit der heutigen Gegenwartskultur Siebenbürgens und seiner sehr bunten Bevölkerungsmischung zu tun, wo vor allem die große Gruppe der Roma, die vielerorts die leer gewordenen Häuser der ausgewanderten Siebenbürger Sachsen übernommen haben, ins Auge fiel.

Gerade mal in einem Vortrag in Esch/Alzette ging es um die deutschsprachige Literatur Siebenbürgens, die dank Eginald Schlattner („Der geköpfte Hahn“) und Oskar Pastior (Georg-Büchner-Preis 2006) auf dem deutschen Büchermarkt eine Renaissance erlebt. Auch die Erwartungen, die manche Historiker und Heimatforscher an das gemeinsame Kulturjahr geknüpft hatten, wurden eher enttäuscht, denn in der großen TRIMIG-Ausstellung, welche die historischen und aktuellen Migrationsbewegungen innerhalb der Großregion zum Gegenstand hatten, war die Migration der Siebenbürger Sachsen gerade mal mit fünf Exponaten dokumentiert. Immerhin bot diese Ausstellung die Gelegenheit, sich anhand von Audioaufnahmen, einen Eindruck von den verschiedenen siebenbürgisch-sächsischen Dialekten zu machen.

„Auf der Suche nach den gemeinsamen Wurzeln Hermannstadt-Luxemburg“ lautete der Titel eines dreitägigen Seminars, zu dem das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien Anfang Mai nach Hermannstadt einlud. Kein offizieller Vertreter des Großherzogtums Luxemburg war erschienen. Dieses mangelnde Interesse versuchte Prof. Paul Philippi, Ehrenvorsitzender des Forums und Pionier der Kulturpartnerschaft, damit zu erklären, dass die Suche nach der eigenen historischen Identität bei den Siebenbürger Sachsen immer größer gewesen sei als bei den Luxemburgern.

Delegationen und Besuchergruppen aus Luxemburg waren allerdings häufige Gäste des Kulturjahres in der Partnerstadt. So wurde das großherzogliche Paar bei seinem Besuch im Oktober von einer Menge „Vive!“ rufender Passanten vor der „Casa Luxemburg“ empfangen. Zur 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung im September entsandte der Rat der Kirchen Luxemburgs eine Delegation von 15 Personen aus dem Großherzogtum nach Hermannstadt, dies war im Vergleich zur Bevölkerung die stärkste Gruppe aus ganz Europa.

Große Sympathie für Luxemburg

Da Luxemburg zu den Herkunftsgebieten ihrer Vorfahren gehört, bringen die Siebenbürger Sachsen Luxemburg sehr viel Sympathie entgegen. Viele heute in Deutschland lebende Siebenbürger besuchten daher Luxemburg vermehrt während des Kulturhauptstadtjahres. Zum Pflichtprogramm gehört der Erkerspruch vom Fischmarkt „Mir wëlle bleiwe, wat mir sinn“, der auch in einem siebenbürgisch-sächsischen Gedicht vorkommt.

Als Brüssel im Jahre 2004 über die Kulturhauptstädte 2007 entschieden hatte, konnte man noch nicht ahnen, dass Rumänien ab Januar 2007 auch Mitglied der Europäischen Union sein würde. Dadurch haben jedoch auch die Beziehungen Luxemburg – Siebenbürgen über das gemeinsame Kulturhauptstadtjahr hinaus eine ganz neue Dimension erhalten, immerhin leben die Siebenbürger Sachsen, auf die diese Beziehung zurückgeht, wie im 18. Jahrhundert in der Habsburgermonarchie, jetzt zum ersten Mal wieder in einem gemeinsamen Staatenbund zusammen, der Rumänien, Deutschland, Österreich, Luxemburg und 22 weitere Länder umfasst. Auch wenn die Partnerregion Siebenbürgen trotz gemeinsamen Kulturjahrs für viele Luxemburger weiterhin einen weißen Fleck auf der Landkarte darstellt, wie es Kulturminister François Biltgen ausgedrückt hat, ist Bürgermeister Klaus Johannis optimistisch, was die künftige Partnerschaft zwischen beiden Regionen anbelangt. Es komme jetzt darauf an, auf den entstandenen Kontakten aufzubauen und gemeinsam weiter in die Zukunft zu schauen. Dabei wird das Luxemburghaus in Hermannstadt, wo zeitweise auch das vom Forschungsinstitut der Rumänischen Akademie betreute „Siebenbürgisch-Sächsische Wörterbuch“ seinen Sitz hatte und wo irgendwann einmal auch ein Luxemburger Konsul residieren soll, als Naht- und Kontaktstelle beider Länder und Regionen weiterhin die wichtigste Rolle spielen, wie es Pfarrer Kilian Dörr vorausgesagt hat.

Bodo Bost

Schlagwörter: Luxemburg, Hermannstadt, Kulturhauptstadt

Bewerten:

15 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.