13. Januar 2009

Kabinett unter Premierminister Boc vereidigt

Bukarest – Rumänien hat eine neue Regierung. Staatspräsident Traian Băsescu hat das neue Kabinett unter Ministerpräsident Emil Boc am 22. Dezember in Bukarest vereidigt. Zuvor hatte das rumänische Parlament der Mitte-Links-Koalition mit großer Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen: von 454 Parlamentarier erhielt die Regierung Boc 324 Stimmen bei 115 Gegenstimmen und sechs ungültigen Stimmen. Bei der Parlamentswahl im November hatten PD-L und die aus der Kommunistischen Partei hervorgegangenen Sozialdemokraten (PSD) fast gleich hohe Stimmenanteile erreicht. Die Mitte-Links-Koalition kommt im neuen Parlament zusammen auf 70 Prozent der Sitze.
Justizminister bleibt wie bisher Cătălin Predoiu, der seine Mitgliedschaft in der nationalliberalen PNL ruhen lässt, um diesen Posten behalten zu dürfen. Die PD-L besetzt folgende Ministerämter: Gheorghe Pogea (Finanzen), Radu Berceanu (Transport), Adriean Videanu (Wirtschaft), Vasile Blaga (Entwicklung und öffentliche Arbeiten), Gabriel Sandu (Kommunikation), Elena Udrea (Tourismus), Monica Iacob-Ridzi (Jugend und Sport), Theodor Paleologu (Kultur) und Mihai Stănișoara (Verteidigung). Indessen hat die PSD-PC(Konservative Partei)-Koalition folgende Minister aufgestellt: Gabriel Oprea (Innenministerium), Ilie Sarbu (Landwirtschaft), Nicolae Nemirschi (Umwelt), Ion Bazac (Gesundheitswesen), Ecaterina Andronescu (Schulwesen), Cristian Diaconescu (Außenministerium), Constantin Niță (kleine und mittelständische Unternehmen). Victor Ponta ist seitens der PSD delegierter Minister für die Beziehungen zum Parlament. Zudem haben die Sozialdemokraten den Posten des Vizepremiers durch Dan Nica inne. PSD-Vorsitzender Mircea Geoană ist Senatspräsident und wird als stellvertretender Vorsitzender an den Sitzungen des Obersten Verteidigungsrates (CSAT) teilnehmen. Daniela Andreescu (PD-L) wurde zur Generalsekretärin der Regierung ernannt, ihr Stellvertreter ist Ion Moraru (PSD).

Im Zuge der Ausarbeitung des Staatshaushaltes hat die Regierung mehrere Sparmaßnahmen ergriffen. U. a. wurden die Gehälter der Direktoren der Staatsgesellschaften auf 4 800 Lei (rund 1 130 Euro) gedeckelt. Ein Teil der Gehälter betrug bis zu 28 000 Lei. Als weitere Sparmaßnahme sieht der Dringlichkeitserlass vor, dass Personen, die als Rentner im öffentlichen Dienst tätig sind, sich entscheiden müssen zwischen einem Arbeitsverhältnis und der Rente. Auf Ansuchen des Gesundheitsministers genehmigte Boc eine Ausnahme: Pensionierte Ärzte dürfen weiterhin in staatlichen Krankenhäusern arbeiten. Bildungsministerin Andronescu will ebenfalls eine Ausnahmeregelung für pensionierte Lehrerinnen und Lehrer erwirken. Ausgenommen von diesem Erlass sind u. a. auch Schauspieler. Die Regelung löste bereits erste Kritik aus. Der ehemalige Premierminister Călin Popescu-Tăriceanu warf der Regierung Boc vor, sie habe„zwei linke Hände“. Ministerpräsident Boc legte anlässlich seiner Amtseinführung die Prioritäten seiner Regierung dar. Vorrangig gelte es die wirtschaftliche Lage des Landes zu stabilisieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Im Zeichen der Wirtschaftskrise kündigte Emil Boc Maßnahmen an, um das Haushaltsdefizit dieses Jahr unter zwei Prozent zu halten, indes Wirtschaftsexperten ein Defizit von vier Prozent prognostizieren. Die Kaufkraft des Leu solle wachsen, Löhne und Renten steigen. Die neue Regierung wolle sich für eine die unabhängige Justiz einsetzen, ferner plant die Koalition die Entwicklung der Landwirtschaft und die Reformierung des Gesundheits- und Schulsystems.

Kritische Stimmen in der in- und ausländischen Presse monierten, dass elf Kabinettsmitglieder bereits Minister gewesen seien und dabei keine wichtigen Reformmaßnahen ergriffen hätten. Zudem hätten in der Vergangenheit viele der neuen Minister durch Korruptionsgerüchte oder diverse Skandale für negative Schlagzeilen in der Presse gesorgt. Durch ihre Ministerämter erhielten Geschäftsleute wie Adriean Videanu (Wirtschaft) oder Elena Udrea (Tourismus) Immunität und könnten so weiterhin eher das eigene Wohl als das des Landes im Auge haben. Laut Presseagentur Reuters sei eine Verschleppung der Korruptionsbekämpfung eine der größten Sorgen der EU. Dagegen hat Ministerpräsident Boc betont, dass die Korruptionsbekämpfung ein Schwerpunktthema der Regierungsarbeit sein werde.

Der Vorsitzende der Liberal-Demokratischen Partei (PD-L), Emil Boc, war bis zu seiner Wahl zum Premierminister Bürgermeister von Klausenburg. Bei den Lokalwahlen 2008 wurde er im Amt bestätigt. Die Leitung der PD-L übernahm Boc 2003 von Staatspräsident Traian Băsescu. In der rumänischen Presse wird der 42-Jährige als „Lautsprecher“ des Präsidenten bezeichnet. Geboren wurde Emil Boc am 6. September 1966 in Răchitele (Kreis Klausenburg). Der promovierte Politikwissenschaftler ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Ruxandra Stanescu

Schlagwörter: Politik, Parlamentswahlen

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Neueste Kommentare

  • 13.01.2009, 07:29 Uhr von getkiss: Der Titel sollte eher heissen: Maßnahmen der neuen rumänischen Regierung. Den die Regierung wurde ... [weiter]

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