6. Oktober 2009

Interimsregierung bis zur Wahl

Nach dem Bruch der Regierungskoalition in Rumänien hat Premierminister Emil Boc (PDL) die Bildung einer Interimsregierung angekündigt. Zuvor hatten die neun Minister der sozialdemokratischen Partei (PSD) ihre Ämter niedergelegt. Die amtierenden Minister der Demokratisch-Liberalen Partei übernehmen nun bis zu den Präsidentschaftswahlen am 22. November die Posten der zurückgetretenen PSD-Minister.
Der Schritt sei verfassungsgemäß, betonte Ministerpräsident Boc. Die Boc 2-Regierung werde 45 Tage im Amt bleiben. Die vakanten Ministerien wurden unter den PDL-Ministern aufgeteilt. Unbeeinträchtigt von den gegenwärtigen Personalrochaden bleibt das Justizministerium, das von dem unabhängigen Cătălin Predoiu geleitet wird.

Der seit Monaten schwelende Konflikt zwischen den beiden Regierungsparteien war eskaliert, nachdem Innenminister Dan Nica (PSD) mit Blick auf die anstehenden Wahlen vor möglichen Betrugsversuchen gewarnt hatte. Mit den Vorwürfen unterstellte Nica dem Koalitionspartner PDL indirekt eine Wahlbeeinflussung zugunsten des jetzigen Staatspräsidenten Traian Băsescu, des früheren Vorsitzenden der PDL. Der liberal-demokratische Ministerpräsident Emil Boc reagierte mit der Forderung nach dem Rücktritt von Nica. Am 1. Oktober folgte die Entlassung des Innenministers. Offiziell warf Boc dem Sozialdemokraten Ineffizienz bei der Kriminalistätsbekämpfung vor. Aus Solidarität reichten am selben Tag die neun von der PSD gestellten Minister ihren Rücktritt ein. Damit brach die Regierungskoalition auseinander.

Der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Mircea Geoană, warf Präsident Băsescu vor, die Krise angezettelt zu haben, indem er das Innenministerium unter die Kontrolle der PDL habe bringen wollen. Geoană selbst wird als Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen antreten. Umfragen zufolge würde er derzeit von 27 Prozent der Rumänen gewählt werden, Amtsinhaber Băsescu käme auf rund ein Drittel der Stimmen.

Auch der geschasste Nica machte Băsescu für die Krise verantwortlich. Gleichzeitig kündigte er an, dass sich seine Partei nach der Wahl wieder an der Regierung beteiligen werde. Die PDL sieht in dem Schritt der PSD ein wahltaktisches Manöver. Beobachter werten den Schritt der PSD als einen taktischen Fehler. Durch ihren Rückzug aus der Regierung könnten die Sozialdemokraten die Wahlen nicht mehr mitorganisieren.

Unmittelbar nach der Ernennung der Interimsregierung begann die PDL, wichtige Positionen im Innenministerium sowie die von der PSD gestellten Vizepräfekten der Landkreise gegen Gefolgsleute auszutauschen. Das Innenministerium und dessen Vertreter auf Kreisebene sind verantwortlich für die Organisation der Präsidentschaftswahlen.

Bis zum 15. November hat Boc nun Zeit, dem Parlament eine neue Regierung zu präsentieren. Rumänische Medien berichten, dass die PDL nach der Wahl mit dem Ungarnverband UDMR koalieren wolle. Die PSD verhandele derzeit mit der nationalliberalen Partei (PNL). Die PNL unter Führung von Crin Antonescu plant einen Misstrauensantrag gegen die Regierung, wie Antonescu am 4. Oktober erklärte.

Holger Wermke

Schlagwörter: Politik

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