15. Oktober 2009

Wirtschaftsexperte soll Regierung in Bukarest bilden

Bukarest – Der rumänische Staatspräsident Traian Băsescu hat am Donnerstagmittag Lucian Croitoru für den Posten des Ministerpräsidenten nominiert. Er könne die Beratungsfrist der anderen Parteien nicht weiter verlängern, sagte Băsescu gegenüber Mediafax. Mit der Nominierung entschied sich der Präsident gegen den von der Opposition vorgeschlagenen Kandidaten Klaus Johannis (diese Zeitung berichtete). Damit ist die Regierungskrise noch nicht beendet.
Der 52-jährige Croitoru sei für den Posten geeignet und er schätze dessen Professionalität. Băsescu hatte wiederholt erklärt, dass er einen Wirtschaftsexperten als Ministerpräsidenten bevorzuge. Croitoru ist derzeit Berater des Gouverneurs der Rumänischen Nationalbank im Bereich Geldpolitik. Zuvor war er rumänischer Vertreter beim Internationalen Währungsfonds.

In einer ersten Stellungnahme erklärte Croitoru, dass seine kurzfristige Priorität die korrekte Durchführung der Präsidentschaftswahlen sei. Daneben wolle er die mit dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Union vereinbarten wirtschaftspolitischen Maßnahmen umsetzen.

Der Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis erklärte auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, das er von Präsident Bǎsescu vor der öffentlichen Bekanntgabe der Nominierung informiert worden sei. Seinen Worten zufolge handele es sich nicht um eine Entscheidung gegen seine Person. Johannis wünschte Croitoru Erfolg an der Spitze der neuen Regierung.

Băsescu hatte schon gestern erklärt, dass eine Regierung der nationalen Einheit aus Politikern bestehen müsse. Diese könne aber durchaus von einem unabhängigen Premierminister geführt werden. Băsescu strebt nach eigenen Worten eine dauerhafte Regierung an. Er könne die Idee nicht akzeptieren, dass eine Regierung nur für zwei Monate ernannt werde, zitiert die Zeitung România Liberă den Präsidenten.

Hintergrund dieser Äußerung sind verschiedene Ansichten der Oppositionsparteien über die Dauer des Mandats der künftigen Ministerpräsidenten. Die Anfang Oktober aus der Regierung ausgeschiedenen Sozialdemokraten wollen Klaus Johannis ein befristetes Mandat bis zu den Wahlen am 22. November zugestehen. Dagegen plädieren die Nationalliberalen für eine darüber hinausgehende Amtszeit. Johannis selbst hatte erklärt, dass er bereit sei, eine Übergangsregierung zu führen. Die Ergebnisse einer solchen Regierung müssten anschließend geprüft werden. Erst dann könne über eine Fortführung der Arbeit entschieden werden.

Klaus Johannis, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, hatte am Mittwoch seine Bereitschaft erklärt, für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren, wenn er im Parlament eine Mehrheit habe. Unterstützt wird seine Kandidatur von allen Oppositionsparteien im rumänischen Parlament. Die Minderheitsregierung des Premierministers Emil Boc (PDL) war am Dienstag über ein von der Nationalliberalen Partei eingebrachtes Misstrauensvotum gestürzt. Beobachter werten die gegenwärtige Regierungskrise als Machtspiele im Vorfeld der Präsidentenwahlen. Den Parteien gehe es unter anderem um die Kontrolle des Innenministeriums, das die Wahlen organisiere. Im Blickpunkt des Machtpokers steht der amtierende Präsident Traian Bǎsescu. Er hat zwar laut Verfassung einen neuen Ministerpräsidenten vorgeschlagen, aber es ist ungewiss, ob eine parlamentarische Mehrheit für Croitoru zustande kommt.

Holger Wermke

Schlagwörter: Politik, Regierung, Johannis

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  • 15.10.2009, 17:40 Uhr von pedimed: Dann hat der bayrische Siegfried Schneider ein Pendant in Osteuropa.nfU-mfG [weiter]

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