24. März 2019

Hilda Femmig: Um Isterdåģ

Am 7. März 2019 hat Hilda Femmig jene Brücke betreten, die aus diesem Leben hinausführt. „Die Brücke“ hat sie die Sammlung ihrer Gedichte überschrieben, die sie 2016 im Selbstverlag herausgegeben hat. Die Brücke steht darin vordergründig als Symbol für den Übergang aus der angestammten vertrauten Heimat in eine ungewisse neue, die man sich erst erwerben muss.
Gelegentlich kann man aber bei ihr auch einen tieferen Sinn des Brückensymbols erahnen: Das Gedicht „Ostern“ („Die Brücke“, S. 45) kleidet einen solchen transzendentalen Ausblick in die Worte:

„Es geschah ein stilles, sanftes Wehn, ein Hauch von Hoffnung und Auferstehn.“

Bernddieter Schobel mit Hilda Femmig und Doris ...
Bernddieter Schobel mit Hilda Femmig und Doris Hutter (von links) während einer Mundartlesung auf dem Heimattag 2011 in Dinkelsbühl. Foto: Konrad Klein
Das Ostergedicht, das wir aus dem genannten Band (S. 72-75) ausgewählt haben, erinnert, nicht ohne Augenzwinkern, an die frühere brauchmäßige Ausgestaltung der Festlichkeiten am Ostersonntag in Neudorf bei Hermannstadt, Hilda Femmigs Heimatgemeinde. Nach dem Gottesdienst wurde der Pfarrer in überlieferter Ordnung heimgeleitet, und auf dem Pfarrhof folgten nun Reden, Kinderbescherung und Tanz der Jugend. Als Pfarrer von Neudorf hatte ich, Bernddieter Schobel, das Glück, diesen lebensfreudigen schönen Brauch einige Jahre selbst dort erleben zu dürfen, weshalb mich diese Verse auch besonders anrühren. Den Brauch gab es übrigens bis zur großen Auswanderungswelle nach 1990.

Bei zukünftigen Mundartlesungen werden wir Hilda Femmigs feine Sprachkunst und ihren zutreffenden, manchmal selbstironischen, aber niemals verletzenden Humor vermissen. Wir danken ihr dafür, dass sie uns so viel davon im Büchlein „Die Brücke“ hinterlassen hat, und wollen ihr bedenkenswertes Vermächtnis an die dichtenden Kollegen im Gedicht „Ken Owend“ auf dem rückwärtigen Buchdeckel des Bändchens beherzigen: „Ich bidden ich, schreiwt!“

Bernddieter Schobel und Hanni Markel


Hilda Femmig

Um Isterdåģ

Dett wor bä as en hiesch åld Broch:
Noom Gottesdänst um Isterdåģ,
wonn der Herr Voter hiemegeng,
dro mosst et ä Begliedung seng.
De gånz Gemien, dä beld en Zaģ,
dro wor e stattlich glatt genaģ.

De Blosmusik, dä geng virun
en stämmt en Isterpsalmen un;
end hängderher äm Lutherklied
riëcht würdij der Herr Voter schritt.
Ze senger Segt, do geng ellien
der Herr Kurator der Gemien.

Et foljten all dä härzij Kängd,
ze Zwet se hälde sich de Hängd,
de klenste glech noom giestijen Hirten;
mät Uewstånd Mede mät dem Bierten,
Presbyter, Purschen, Mån genaģ –
kurz: allest, wat schwarz Hise draģ.

De Fräe beldten det Spalier.
Um Oingd dro hess et: Na ku mir!
Se schlusse sich als Lezten un,
seng äng zer riëchter Zegd nooch kunn.
Dro af dem Farrhof Jang uch Ålt
hot sich äm Halwkries afgestålt.

Wä åltihrwürdij äs de Troocht,
doch jang de Wält fast iwwer Noocht:
Grän Gras, blo Hemmel, Sannescheng,
entro de Laft gorr längd uch feng –
em eedemt deff, em spätzt det Ihr
en richt de Bläck zer Liew empir.

Derwell do der Herr Voter stiht
uch sich bedånkt fir det Beglied,
denn säht, hie äs dervir bekånt:
E riëdt gorr gat uch wiertgewånd!
Loingst em stiht de Frä Farrerän
en segt besangders frängdlich drän.

Na tritt der Herr Kurator vir
en gitt sich sengersegts de Ihr,
begresst de Farr uch de Gemien,
de Kängde gitt e’n Zieche schin
en hirt: Se roffen, holprij zwor
end tratzdem rährend, na äm Chor:
Vivat, der Herr Voter uch de Frä Motter selle liëwen!

Dråmol se reffen dese Wänsch.
Zastämmend schmunzelt e jed Mänsch.
Dro hun de Kirchemetter trå
ä Fälpeseren nueģelnåå,
mät Sälwstgewirktem ausgelooģt,
de Kängden ärär Gowe broocht:

Aus Kachen en hiesch Isterlumm
uch halt en Pomerånz bekum
e jed vergnäjt uch monter Racker,
uch farwij Åcher, gånz aus Zacker.
Se dånkten, wä et sich gehirt
uch der Kurator se‘t gelihrt.

Derwell na Dånzmusik erklång,
bedoocht de Jugend sich net lång
en dreht af gränem Gras de Råhn –
uch dett e Grangd, äm sich ze från.
Jcha, munch e Kängd, dot hopst schi mät
äm Walzer- uch äm Polkaschrätt.

De Rende lockerde sich na,
em geng hiesch hemlich hiemenza,
bespråch sich af dem gånze Weģ
en wänscht sich gläcklich Feiertäj
end endlich gaden Appetit,
derwell’t båld Lämmchebrode gitt!

Häwt ir, meng Damen uch meng Herrn,
zem Mättåģämmes diës net gärn?
Er hot mer frängdlich zagehirt –
erluwt mer schlesslich noch e Wiert:
Bevir mer ausenåndergohn,
wäll ech ich „Gott erhåld ich!“ soon.

Schlagwörter: Sachsesch Wält, Gedicht, Mundart, Nachruf

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