17. Mai 2012

Dialog mit Bündnis 90/Die Grünen

Am 9. Mai fand im Bayerischen Landtag auf Einladung der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ein zweites Gespräch zu politischen Fragen mit Vertretern des Bundes der Vertriebenen (BdV) statt. Den Wunsch nach Fortsetzung des vor Jahren begonnenen Meinungsaustausches hatten beide Seiten geäußert.
Die beiden Fraktionsvorsitzenden Margarete Bause und Dr. Martin Runge, die parlamentarische Geschäftsführerin Ulrike Gote und die gesundheitspolitische Sprecherin Theresa Schopper empfingen die Delegation des BdV, darunter auch seitens des Verbandes der Siebenbürger Sachsen die Landesvorsitzende in Bayern, Herta Daniel.

Gleich zu Beginn „outeten“ sich einige der Vertreter der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen als Nachkommen von Vertriebenen aus Pommern, Oberschlesien und dem Sudetenland und betonten die vor mehreren Jahren eingetretene Entspannung des Verhältnisses zum BdV, zu der auch eine intensive Beschäftigung mit Problemen der Vertriebenen und Aussiedlern beigetragen habe. So habe ein von den Grünen organisierter Heimatkongress stattgefunden mit dem Ziel, den Begriff Heimat zu definieren. Das Ergebnis war eine Definition, die nicht so sehr an die Herkunft gebunden ist, sondern eher an die eigene Verantwortung. Margarete Bause fasste zusammen: „Heimat ist da, wo es dir nicht egal ist, was um dich herum passiert.“

Die Vertreter der Landtagsfraktion hatten die Erfahrung gemacht, dass es der dritten Generation der Vertriebenen viel leichter als der zweiten falle, sich unbefangen und ohne Reserven in die alte Heimat der Vorfahren zu begeben. Auf ihren Fahrten nach Prag, Polen, Litauen und Lettland waren die Vertreter der Grünen fasziniert von der heutigen Breite des Wirkens der Nachkommen der verschiedenen „Opfergruppen“ des Zweiten Weltkriegs. Die Erinnerungskultur werfe dort viele Fragen auf, wie z.B. die der Radikalität der Vertreibung mehrerer Volksgruppen. Insgesamt waren die Grünen beeindruckt von den Leistungen der in Osteuropa lebenden deutschen Minderheiten.

Auf der Agenda der Landtagsfraktion stehe die Bewältigung der Probleme bei der Anerkennung der beruflichen Abschlüsse der Spätaussiedler aus Osteuropa genauso wie Verbesserungen bei Kindertagesstätten durch Verkleinerung der Gruppen, um so eine bessere Integration und Sprachförderung zu gewährleisten.

Auf völliges Unverständnis stieß das Anliegen des BdV, Spät-/Aussiedler nicht unter dem Begriff Migranten/Personen mit Migrationshintergrund zu subsumieren, weil die Betroffenen diese Bezeichnung als Diskriminierung empfinden. Darüber zeigten sich die Vertreter der Landtagsfraktion erstaunt, da der Begriff Migrant bei den Grünen nicht negativ besetzt sei und keineswegs in diskriminierender Absicht gegenüber irgendeiner Gruppe verwendet werde.

Das für den BdV wichtige Anliegen der institutionellen Förderung betreffend war zu erfahren, dass von der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen nie Anträge zur Kürzung dieser Mittel gestellt worden seien. Allerdings könne man keine Versprechen für die Zukunft abgeben. Eine Gleichbehandlung aller Gruppen sei durch das Anlegen von identischen Maßstäben wichtig. Es gelte, Gespräche zu führen und sinnvolle Kriterien für die Vergabe von institutioneller Förderung zu finden. Die immer noch ausstehende Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter und die im Jahr 2003 vom Bundestag abgelehnte Bundesratsinitiative der Union eines nationalen Gedenktages für die Opfer von Flucht und Vertreibung wurden in dieser Landtagsfraktion noch nie thematisiert. Man wolle den Gedenktag aber gerne zur internen Diskussion aufnehmen.

Dieses von Aufgeschlossenheit geprägte Gespräch stellt einen gelungenen Neustart des Dialogs zwischen dem BdV und der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen dar, der auf einen regelmäßigen Gedankenaustausch auch in Zukunft hoffen lässt.

Herta Daniel

Schlagwörter: Landtag, Bayern, BdV

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Neueste Kommentare

  • 18.05.2012, 11:02 Uhr von kranich: Ja, ja, mit den Grünen ist das immer so ein Kreuz. a.) Wenn für sie "Heimat da ist, wo es dir ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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