10. Februar 2023

Gelungener Auftakt in Bayern: Spitzentreffen von Bündnis 90/Die Grünen und Bund der Vertriebenen

Mit einer Einladung zum gemeinsamen Frühstück hatte die Vorsitzende der bayerischen Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Schulze, MdL, ihren Wunsch nach Fortsetzung des Dialogs mit dem Bund der Vertriebenen in Bayern unterstrichen. „Wir freuen uns sehr über den Besuch, uns ist sehr an einem regelmäßigen Austausch gelegen. Das heutige Gespräch mit dem BdV soll den Auftakt für einen regelmäßigen Meinungsaustausch bilden.“ Mit diesen Worten begrüßte die Politikerin am 24. Januar BdV-Landesvorsitzenden Christian Knauer, der mit seiner Stellvertreterin Herta Daniel und Landesschatzmeister Paul Hansel der Einladung ins Maximilianeum in München gefolgt war.
Konstruktives Gespräch beim Frühstück in München, ...
Konstruktives Gespräch beim Frühstück in München, von links BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer, dessen Stellvertreterin Herta Daniel, Landesschatzmeister Paul Hansel, Vertriebenenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Gülseren Demirel, MdL, Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze, MdL und Kerstin Celina, MdL. Foto: S. Marb/BdV Bayern
Auch wenn das letzte Treffen mit der damaligen Fraktionsvorsitzenden Margarete Bause und dem geschäftsführenden Landesvorstand des BdV schon fast sechs Jahre zurücklag, waren die gegenseitigen Kontakte jedoch nie ganz abgebrochen. Erstmals wurde im vergangenen Jahr ein BdV-Vertreter offiziell zum Landesparteitag eingeladen und dort mit viel Applaus begrüßt. Der Willen zum engeren Gedankenaustausch wurde in den letzten Monaten auch durch die hochrangige Teilnahme der Fraktion an der Gedenkfeier für die Opfer von Flucht und Vertreibung in der Bayerischen Staatskanzlei deutlich.

BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer stellte zu Beginn des Gesprächs fest, dass es mit Ausnahme von Hessen, wohl kaum in einem anderen Bundesland ein konstruktives Bemühen beider Seiten gebe, sich über die Arbeit der Vertriebenenverbände und deren Anliegen auszutauschen. Einig war man sich beim Frühstück allerdings, dass „hier noch vieles ausbaufähig“ sei. Hierzu sei die Landtagsfraktion bereit, so Schulze. Aus dem Stadium, dass der BdV bei den Grünen sich „in der Kiste Feind befinde, über den man eigentlich nichts weiß“, wie es vor über zwei Jahrzehnten die damalige Landesvorsitzende und heutige baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper beim ersten Zusammentreffen von BdV und Grünen humorvoll bezeichnet hatte, sei man längst heraus. Der gemeinsame Kampf gegen einen stumpfen Nationalismus, gepaart mit Antisemitismus und Rassismus, sowie das Eintreten für ein freiheitliches und demokratisches Europa bilde eine stabile Grundlage für den gegenseitigen Austausch.
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Gruppenbild nach gelungenem Meinungsaustausch: Von links Kerstin Celina, MdL, stellvertretende BdV-Landesvorsitzende Herta Daniel, Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze, MdL, BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer, Vertriebenenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Gülseren Demirel, MdL, und Landesschatzmeister Paul Hansel. Foto: S. Marb/BdV Bayern
Positiv angetan waren die BdV-Vertreter von der ausgesprochen guten Vorbereitung der Grünen-Politikerinnen auf das Gespräch. Landesschatzmeister Paul Hansel zeigte sich nach dem Austausch über die gezielten Fragestellungen zu den BdV-Themen besonders erfreut. Auf großes Interesse stieß auch die Rentenproblematik der Aussiedler und Spätaussiedler. Fundiert konnte dabei die Ehrenvorsitzende des Verbands der Siebenbürger Sachsen, Herta Daniel, auf einige Benachteiligungen im Fremdrentengesetz (FRG) mit der Folge drohender Altersarmut bei den Betroffenen hinweisen. Sie erinnerte an die Kürzung der Entgeltpunkte (EP) aus FRG-Zeiten um ein Sechstel, die Deckelung der Anzahl der Entgeltpunkte (EP) aus FRG-Zeiten auf 25 bzw. 40 und die Einführung des Faktors 0,6 bei einem Rentenbeginn ab 1. Oktober 1996 durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996. Dieser Faktor war für FRG-Renten mit Blick auf die damals sehr niedrigen „Ost-Renten“ nach der Wiedervereinigung, zur Vermeidung von sozialen Ungleichheiten eingeführt worden. Während bei den Ost-Renten eine Dynamisierung eingeführt wurde, die den Rentenwert bis 2024 auf 100 Prozent des Westniveaus ansteigen lässt, fehlt diese Dynamisierung bei den Altersrenten für Spät-/Aussiedler. So drohe durch die FRG-Kürzungen von mehr als 50 Prozent, trotz jahrzehntelanger beitragspflichtiger Beschäftigung in den Herkunftsgebieten, in vielen Fällen Altersarmut (diese Zeitung berichtete.)

Als unzulänglich bezeichnete Herta Daniel die Umsetzung des von der letzten Bundesregierung 2021 beschlossenen Härtefallfonds. Je eine Milliarde Euro sollten durch Bund und Länder zur Abmilderung von Härtefällen im Rentenrecht aus der Ost-West-Rentenüberleitung, bei Spät-/Aussiedlern und jüdischen Kontingentflüchtlingen dienen. Diese Regelung sei jedoch von der neuen Bundesregierung völlig unzureichend umgesetzt worden, kritisierte Daniel. Zum einen seien die Bundesmittel um die Hälfte gekürzt, zum anderen die Länder aus der ursprünglich angedachten Pflicht zur Beteiligung entlassen worden. Andererseits gehörten zum Kreis der Anspruchsberechtigten nur Spätaussiedler (Aufnahme in Deutschland ab 1. Januar 1993) und nicht auch die ebenfalls von FRG-Kürzungen betroffenen Aussiedler (Aufnahme in Deutschland bis zum 31. Dezember 1992). Obwohl rund 750.000 Spät-/Aussiedler Rentenbezieher nach dem FRG sind, würden durch die eng gesetzten Bedingungen nur zirka 60.000 bis 70.000 Spätaussiedler von ihnen für die nunmehr geplante Einmalzahlung von 2.500 Euro antragsberechtigt sein (diese Zeitung berichtete.)

Beklagt wurde von den BdV-Vertretern auch die Kürzung der Kulturprojektmittel auf Bundesebene. Bei den wenigen Mitteln, die bislang zur Verfügung standen, sei bereits der Rotstift angesetzt worden. Dadurch seien viele projektgeförderte Institutionen in ihrer Existenz gefährdet. Kontakte und Beziehungen – Brücken in Europa – die durch die Corona-Krise schon genug gelitten hätten, drohten endgültig zusammenzubrechen. Wenn man bedenke, dass die Kultur der Heimatvertriebenen und Spät-/Aussiedler ein Viertel der bundesdeutschen Gesellschaft tangiere, könne man von Seiten ihrer Verbände kein Verständnis für diese Kürzungen aufbringen. Beunruhigt seien die Landsmannschaften auch durch die Ankündigung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die Grundsätze der Kulturförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetz überarbeiten zu wollen.

Gerade die letzten beiden Punkte will die Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze an Kulturstaatsministerin Claudia Roth herantragen. Sie plädierte dafür, anhand konkreter Informationen aus dem Ministerium weiter zu diskutieren. Zudem regte sie einen Meinungsaustausch des bayerischen BdV mit Claudia Roth, die aus Augsburg stamme, an.

Quelle: BdV-Pressemitteilung

Schlagwörter: BdV, Bayern, Bündnis 90/Die Grünen, FRG

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