15. Juni 2001

Volker Petri: "Partnerschaften machen die Welt menschlicher"

Seitens der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich sprach deren Bundesobmann, Pfarrer Volker Petri, ein bedenkenswertes Grußwort auf der Eröffnungsveranstaltung des diesjährigen Heimattags in Dinkelsbühl. Wichtige Passagen seiner Ansprache werden hier abgedruckt.
„Zusammenhalt üben – Partnerschaft stiften“ ist ein Motto, das mich nachdenklich macht. Es ist offenbar die Absicht der Veranstalter, uns Denkanstöße zu liefern.
„Zusammenhalt üben“, heißt es vorsichtig, einladend. Nicht selbstsicher, laut und vollmundig: „Wir Siebenbürger Sachsen halten selbstverständlich zusammen“, oder: „Zusammenhalt ist unser Qualitätszeichen!“ Nein, wir alle sollen Zusammenhalt üben.
Im Laufe der schweren Jahrhunderte in Siebenbürgen war der Zusammenhalt überlebenswichtig. Das oft schwere Los unserer Ahnen hat sie verbunden, und das Leid ließ sie näher zusammenrücken. Gemeinschaft und Zusammenhalt waren im wahrsten Sinne des Wortes notwendender Rückhalt. Die damaligen Situationen forderten dazu auf, und nur so konnten Egoismus, die uns angeborene Sturköpfigkeit und der siebenbürgische Dickschädel überwunden werden.
Aber heute? In der Wohlstandsgesellschaft hier in der Zerstreuung gilt es nun, den einst selbstverständlichen „Zusammenhalt zu üben“! Üben ist harte Arbeit, fordert Überwindung, verlangt Geduld und Ausdauer. Aber auch: Übung macht den Meister, beschert Erfolg und lässt danach alle Mühen schnell vergessen.
„Zusammenhalt üben“ ist Gebot der Stunde und lohnt die Mühe, weil wir als Siebenbürger Sachsen in der alten Heimat, in Deutschland, Österreich, Kanada, den USA dadurch glaubwürdig werden, weil Zusammenhalt und Zusammengehörigkeit uns weitherziger machen und uns „arme Reichen“ aus dem oft einsamen Ich in das Wir der Gemeinschaft führen. Der Zusammenhalt leugnet nicht den Ursprung, vertuscht nicht die Identität, sondern bekennt: Das sind wir, waren wir und wollen wir sein!
Und dem Zusammenhalt folgt das Zweite: „Partnerschaft stiften“. Das ist klarer Auftrag, ist aktuelle Herausforderung. Partnerschaft macht aus dem Fernen den Nächsten, aus dem Fremden den Vertrauten, aus dem Freund den Bruder.
Wir sind Menschen zweier Welten, mit siebenbürgischer Vergangenheit, Prägung und Geschichte, und als Heutige sind wir EU-Bürger, in einem offenen Europa, einer immer enger zusammenwachsenden Welt.
Diese neue Welt ist auf das Stiften von ehrlichen Partnerschaften angewiesen. (...) Wir wollen die Hand zur Partnerschaft unseren österreichischen und deutschen Landsleuten reichen, wollen sie unseren hier im Westen geborenen Generationen anbieten, eben Partnerschaft stiften und Zusammenhalt üben. Erlauben Sie mir, das in meiner mir seit 32 Jahren vertrauten Pfarrersprache zu formulieren:
Ich bin der festen Überzeugung, dass Gott uns Siebenbürger Sachsen damit beauftragt hat, Zusammenhalt zu üben und Partnerschaft zu stiften. Dieser Auftrag gilt in allen Ländern, in denen wir leben. Denn wer bereit ist, Zusammenhalt zu üben und Stifter von Partnerschaften zu sein, der ist heute mehr denn je gefragt. Solcher Zusammenhalt vereint, schenkt Lebensfreude und partnerschaftliche Beziehungen zu unseren Nachbarn, Arbeitskollegen und Freunden in Europa. Partnerschaften machen diese Welt menschlicher, lassen sie näher rücken.

Volker Petri


(Siebenbürgische Zeitung, Folge 10 vom 20. Juni 2001, Seite 4)

Schlagwörter: Heimattag, Österreich

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