7. Juni 2007

Veranstaltungsspiegel zu den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtagen 2007

Die Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage 2007 waren ein würdiger und angemessener Rahmen für das 50-jährige Jubiläum der Patenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen. Beim Festakt zum Patenschaftsjubiläum am 10. Mai im Landtag in Düsseldorf wurden gleichzeitig die Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage von NRW durch den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, eröffnet. Am 12. Mai wurden im Gerhart-Hauptmann-Haus die beiden Ausstellungen „Ausbruch aus der Tradition“ und „50 Jahre Patenschaft des Landes NRW“ festlich eröffnet, eingebettet in eine Brauchtumsveranstaltung, die die „Lidertrun“ mit sächsischen Balladen beendete (wir berichteten in der Siebenbürgischen Zeitung vom 25. Mai, Seite 4).
Die Kulturtage boten bis zum 25. Mai zudem Ausstellungen, ein Orgelkonzert, Lesungen, Vorträge und Filmvorführungen, die von Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster und Landesgeschäftsführer Richard Wagner organisiert wurden. Alle Veranstaltungen (bis auf das Orgelkonzert) fanden im Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH) in Düsseldorf statt. Die nachfolgenden, von Enni Janesch zusammengestellten Berichte stammen von den Besuchern der Veranstaltungen.
Orgelkonzert von Prof. Erich Türk

Am 13. Mai gab Prof. Dr. Erich Türk in der Neanderkirche in Düsseldorf ein Orgelkonzert. Der junge Klausenburger Organist und Cembalist, Professor für Generalbass, Kammermusik, Cembalo und Orgel begleitete mit einführenden Erläuterungen durch das vielseitige Programm. Es begann mit William Byrds „Glocken“ und Frescobaldis „Canzona Prima“ aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert, führte über die erfrischend lebendige Suite in C-Dur eines anonymen Musikers aus dem Codex Caioni (17. Jahrhundert), einer Siebenbürgischen Tabulatur des Organisten und Orgelbauers aus Csíksomlyó bis zu den künstlerischen Höhen Johann Sebastian Bachs, dessen Präludium und Fuge in C-Dur und das Choralvorspiel „Schmücke dich, o liebe Seele“ zu hören waren. Mit der 3. Sonate in A-Dur von Felix Mendelssohn-Bartholdy klang das Programm aus. Der Schwerpunkt des Programms bestand zweifellos in den Orgelvariationen „In memoriam Honteri“ von Hans Peter Türk (geboren 1940, Professor für Harmonielehre und Komposition an der Musikhochschule „Gheorghe Dima“ in Klausenburg, Vater von Dr. Erich Türk). Von der Ode „Iambicum trimetrum“ des siebenbürgischen Reformators Johannes Honterus ausgehend, spannte diese Komposition einen vielfarbigen Bogen, „Orgelpunkt“, „Ostinato“, „Heterophonie“, „Arioso“, „Improvisation“ und „Kanon“ innerlich verbindend, bis zu unseren Tagen. Nach dem Orgelkonzert – die Neanderkirche hätte noch vielen Zuhörern Platz geboten – konnte man CDs erwerben, auf denen Erich Türk an der Orgel der Mediascher Margarethen-Kirche sowie am Cembalo des Barock-Ensembles „Transylvania“ zu hören ist. Gewiss sollte man jede Gelegenheit nützen, diesem freundlichen und gescheiten Künstler an der Orgel zuzuhören!

Hans Orendi



Lesung Franz Hodjak

„Mit Franz Hodjak solidarisch und einverstanden zu sein ist leicht, er macht es einem leicht, indem er es sich schwer macht: Seine Texte haben dialektischerweise Recht, weil sie nicht Recht behalten wollen, sie stehen, ohne widerstehen zu müssen – wiewohl sie immer vom Widerstand künden, dem Widerstand gegen eine Welt, die sich selbstverständlich dünkt und auch so gebärdet.“ Mit diesen Worten stellte Georg Aescht den Schriftsteller und dessen Werk den Zuhörern im GHH vor. Franz Hodjak wurde 1944 in Hermannstadt geboren. Nach seinem Germanistik- und Romanistik-Studium in Klausenburg war er von 1970 bis 1992 als Lektor der deutschsprachigen Abteilung des Dacia-Verlags in Klausenburg tätig. Nachdem er 44 Jahre an sein Land „gekettet“ war (Motzan) reiste er 1992 in die Bundesrepublik Deutschland aus. Als freier Schriftsteller lebt Hodjak in Usingen/Taunus. Sein Werk ist vielfältig, umfasst Gedicht- und Prosabände, darunter Romane und Kinderbücher, ein Monodrama und eine Aphorismensammlung sowie Übersetzungen aus dem Rumänischen. Dafür hat er verschiedene Preise und Auszeichnungen erhalten. Der Schriftsteller las in Düsseldorf aus seinem jüngsten Buch „Was ist ein Unglück ohne Worte?“. Fasziniert verfolgten die Anwesenden die spannenden Geschichten, die der Künstler mit einer verschmitzten Leichtigkeit vortrug. Es waren Erzählungen, deren Handlungen sich der Verfasser aus dem Alltag abgeguckt hat. Anschließend stand er dem Auditorium noch Rede und Antwort. Es war ein interessanter und kurzweiliger Abend für uns alle.

Filmprojekt von Günter Czernetzky

Der heute 50-jährige Autor, Regisseur und Produzent wurde in Schäßburg geboren, reiste im März 1978 nach Deutschland aus und wohnt zurzeit in München. 1997 erhielt er den Ernst-Habermann-Preis, nachdem er unter anderem mit den Dokumentarfilmen „Stalingrad an der Donau – Rumänien 1944“ und „Gefangen verurteilt – Spätheimkehrer erinnern sich“ hervorgetreten war. Das Preisgeld kam dem von ihm gegründeten Arbeitskreis „ZeitZeugenVideo“ zugute. Im Rahmen der Kulturtage 2007 stellte der Filmemacher sein noch nicht fertiges Filmprojekt „Wir wollen bleiben, was wir sind – Mer wällen bleiwen, wat mer sen“ im großen Saal im GHH vor. Nach der Vorführung exemplarischer Szenen fand eine offene Gesprächsrunde mit Günter Cernetzky statt. Die Vorführung war gut besetzt und die Zuschauer beteiligten sich rege am Gespräch.

Hanni Ziegler



Hermannstadt – Kulturhauptstadt Europas 2007

Hermannstadt wurde am 27. Mai 2004 gemeinsam mit Luxemburg zur Europäischen Kulturhauptstadt 2007 ernannt. Das von Hermannstadt für das Programm Sibiu 2007 gewählte Thema betont das multikulturelle Profil der achthundert Jahre alten Stadt mit der Devise „City of Culture – City of Cultures“. Da war es nahe liegend, das Thema in das Programm der Kulturtage aufzunehmen. Unter dem Titel „Kulturhauptstadt Hermannstadt“ wurde zunächst die Ausstellung „Rumänien – eine europäische Kulturlandschaft; Hermannstadt – Europäische Kulturhauptstadt“ eröffnet. Harald Janesch, Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, begrüßte die zahlreich erschienenen Besucher.
Beate Ungar, Chefredakteurin der „Hermannstädter Zeitung“, war aus Siebenbürgen angereist, um einen Vortrag über Hermannstadt als Kulturhauptstadt zu halten. In einem Kurzvortrag über die Ereignisse rund um das Jahr 2007 stellte sie die zahlreichen Veranstaltungen vor, die alle unter der Überschrift „Kulturhauptstadt“ stattfinden. Dabei zeigte sie auf, welch positiven Einfluss die Benennung zur Kulturhauptstadt sowohl auf das Gesamtbild der Stadt als auch auf die ganze Umgebung genommen hat. Die Fragen der Besucher konzentrierten sich auf die Veränderungen in der Stadt am Zibin, ihre erstaunliche Entwicklung in den letzten Jahren, in denen sich die Stadt für das große Ereignis herausgeputzt hat.
Dirk Urland vom GGH führte in die Ausstellung „Rumänien – Eine europäische Kulturlandschaft; Hermannstadt – Europäische Kulturhauptstadt“ in einem von fundiertem Wissen zeugenden Vortrag ein. Es gelang ihm, einen spannenden Bogen von der Geschichte des Landes über die vielfältige Kultur der in Rumänien lebenden Nationen bis hin zu den sichtbaren Zeichen, die diese Nationen hinterlassen haben, zu spannen. Die Ausstellung zeigt Beispiele von Baukunst, Geschichte und Kultur und macht mit der wunderschönen Landschaft Rumäniens bekannt. Das hier entstandene Kulturerbe gehört historisch zu Mitteleuropa. Belegt wird dies durch ausgewählte Denkmäler wie die bemalten Kirchen der Bukowina, die Kirchenburgen in Siebenbürgen, Banater Landschaften und das Weltnaturerbe Donaudelta. Die Ausstellung ist eine Gemeinschaftsproduktion von: Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm, Museum Europäischer Kulturen (Berlin), Ethnographisches Museum (Brașov/Rumänien), Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum (Ulm), Nationalmuseum für Geschichte Rumäniens (Bukarest), Auswärtiges Amt (Berlin), Rumänische Botschaft (Berlin), Deutsch-Rumänisches Forum (Berlin). Anschließend wurde der Film „Sibiu 2007. Oraș al culturii. Oraș al culturilor – Hermannstadt 2007. Stadt der Kultur. Stadt der Kulturen“ von Dumitru Budrala gezeigt, der die Vielfalt der über das ganze Jahr verteilten Veranstaltungen beleuchtet.

„Siebenbürgen erlesen“ – Lesung Georg Aescht

In der literarischen Reihe der Veranstaltungen folgte „Siebenbürgen erlesen“, eine Lesung von Georg Aescht. Der Band „Siebenbürgen erlesen“ ist Teil der Buchreihe „Europa erlesen“ und ist im Wieser Verlag, Klagenfurt erschienen. Als Herausgeber zeichnet Georg Aescht, der zur „Nachbemerkung“ seiner Auswahl sagt: „Eine Sammlung literarischer Texte über Siebenbürgen kann nur ein Nachruf sein. Siebenbürgen gibt es nicht mehr. Es gibt nur noch die Landschaft im Karpatenbogen, die ihr einst multinationales Gepräge in steinernen und papiernen Zeugnissen tradiert, jedoch nicht mehr lebt.“ Georg Aescht, Chefredakteur der „Kulturpolitischen Korrespondenz“ sowie Publizist und Übersetzer, gelang ein kurzweiliger Streifzug durch die Vielfalt der Literatur Siebenbürgens. Dr. Walter Engel, der langjährige Direktor des GGH, erwies sich in der Einführung als profunder Kenner der Kulturszene Siebenbürgens und auch der Person Georg Aescht.
In der Ankündigung „Ein heiterer Abend mit Marianne und Prof. Heinz Acker zu Gregor von Rezzoris Werk „Magrebinische Geschichten“ wurde nicht zu viel versprochen. Das Ehepaar Acker verstand es, ein unterhaltsames Feuerwerk in Wort, Ton und Bild über die witzigen, mitunter tolldreisten Anekdoten und Legenden aus dem balkanesischen Phantasieland Maghrebinien, die den Welterfolg Rezzoris als Schriftsteller begründeten, abzuspulen. Es gelang den beiden sowohl das Werk wie auch die schillernde Person Rezzori den Zuhörern nahe zu bringen.
Die Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage 2007, eingerahmt in die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Patenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für unsere Landsmannschaft, waren eine gelungene Vorstellung der Vielfalt siebenbürgischer Kultur. Natürlich durfte Brauchtum, wie es sich in den Trachten und Tänzen in seiner schönsten Form zeigt, nicht fehlen.
Bereits bei der Feierstunde im Landtag am 10. Mai wurden die Besucher von den Vereinigten Siebenbürgischen Blaskapellen von Nordrhein-Westfalen empfangen. Und wen erfreut nicht der Anblick der in Tracht gekleideten Chorsänger und der jungen Tänzer im Landtag? Bei der gekonnten Darbietung der Jugendgruppen beim Kronenfest unter strahlendem Sonnenschein ist so manchem das Herz aufgegangen, wie Jauchzer und Applaus der zahlreichen Zuschauer belegen. Daneben dokumentierten die Ausstellung „Ausbruch aus der Tradition. Malerei der siebenbürgischen Moderne“, die Lesungen und musikalischen Aufführungen – wie die siebenbürgischen Balladen oder das Orgelkonzert – eine andere Seite der siebenbürgisch-sächsischen Kultur. Beide haben ihre Berechtigung und ihren Platz im Kanon der siebenbürgischen Kultur. Auch wenn in den zwei Wochen natürlich nur Ausschnitte gezeigt werden konnten, so waren sie von hoher Qualität und ergaben einen gelungenen Querschnitt, so dass selbst Nichtsiebenbürger einen guten Einblick in unsere Geschichte und Kultur gewinnen konnten. Auch Staatsekretär Hans-Heinrich-Brockhof, der zusammen mit Ministerialdirigent Johannes Lierenfeld am 21. Mai die Bilderausstellung besuchte, zeigte sich beeindruckt von der künstlerisch hohen Qualität der Bilder und dem niveauvollen Programm der Kulturtage.

Richard Wagner


Schlagwörter: Kulturtage 2007, Nordrhein-Westfalen, Kulturspiegel

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