26. März 2009

Grundsatzdiskussion über Verband der Siebenbürger Sachsen eröffnet

Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland sorgt sich um den Nachwuchs. Es gilt den Mitgliederschwund zu bekämpfen. Seit 2004 hat der Verband 1552 Mitglieder vor allem durch das Ableben älterer Landsleute verloren. Im letzten Jahr hat sich der Schwund etwas verlangsamt. Der Verband zählt zurzeit 23 358 Mitglieder (Familien) und 330 Mitglieder, die die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) seit 2002 für sich und gleichzeitig für den Verband gewinnen konnte. Das ist ein Hoffnungsschimmer, aber auch mit ein Grund, die „Ziele und Strategien der künftigen Verbandsarbeit“ weiter zu entwickeln und zu vertiefen. Eine grundsätzliche Diskussion zu diesem Thema hat der Bundesvorstand in seiner Sitzung am 15. März in der landsmannschaftlichen Begegnungsstätte in München eröffnet.
„Das Rad muss nicht neu erfunden werden“, stellte Dekan i. R. Hermann Schuller fest und verwies auf die „Leitgedanken für Siebenbürger Sachsen“, die die Landsmannschaft Mitte der achtziger Jahre unter der Federführung von Prof. Dr. Hans Mieskes erarbeitet hatte. In der gleichnamigen Broschüre schrieb Dr. Wolfgang Bonfert 1989, damaliger Bundesvorsitzender der Landsmannschaft, der als Ehrenvorsitzender an der jüngsten Sitzung in München teilnahm: „Unter den veränderten Lebensbedingungen ist es unumgänglich, bewährte historische Grundsätze unseres siebenbürgisch-sächsischen Lebensverständnisses neu zu formulieren.“ Seither hat sich die Welt noch einmal erheblich gewandelt. „Wir wollen die Gemeinschaft zusammenhalten, sie zu einem neuen Selbstverständnis bringen und ihre Interessen auf allen Ebenen vertreten“, fasst Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius die wichtigsten Ziele zusammen.
Konzentriertes Arbeiten während der Sitzung des ...
Konzentriertes Arbeiten während der Sitzung des Bundesvorstandes. Foto: Siegbert Bruss
Nach dem Stellvertretenden Bundesvorsitzenden Alfred Mrass geht es vor allem darum, gegen die These Finis Saxoniae (Ende des Sachsentums) zu wirken. Ziel sei es, die Gemeinschaft am Leben zu erhalten. „Wir dürfen uns nicht von der Bühne der Geschichte verabschieden.“

Offener Dialog mit Mitgliedern

Internetreferent Robert Sonnleitner hatte einen für Vereine konzipierten Fragebogen an siebenbürgische Verhältnisse angepasst und den Bundesvorstandsmitgliedern im Herbst letzten Jahres zugesandt. Diese „Kritischen Leitfragen für eine Stärken-Schwächen-Analyse“ stehen nun zur Diskussion – bis in die Untergliederungen des landsmannschaftlichen Verbandes hinein. Worin liegt der Sinn unserer Arbeit? Von welchen Prinzipien lassen wir uns leiten? Welche Ziele verfolgen wir? Welchen Nutzen bieten wir? Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Rainer Lehni, Doris Hutter, Ingwelde Juchum, Herta Daniel und Michael Konnerth, soll in den nächsten Monaten Ideen sammeln und gemeinsam mit dem geschäftsführenden Bundesvorstand zusammenfassen. Der Dialog mit Mitgliedern wird dabei nicht nur über die Siebenbürgische Zeitung, sondern auch in direkten Gesprächen gesucht. Wer sich über die Ziele und Inhalte seines Tuns im Klaren ist, wirkt überzeugender und kann auch mehr Mitglieder für sich gewinnen.

Die Mitgliederwerbung wird seit Jahren in Kreisgruppen beispielsweise in Baden-Württemberg thematisiert. Diskussionen über die Zukunft unseres Verbandes laufen derzeit auch in Nordrhein-Westfalen und Bayern.

Fabritius: "Von alleine kommt nichts"

Fabritius sprach ein allgemeines Missverständnis an: Viele Landsleute nehmen an, dass der Verband aus Steuergeldern finanziert werde und automatisch etwas leisten könne. Das sei ein Irrtum, denn wir könnten nur dann existieren, wenn wir und die Mitglieder das selbst wollen und etwas dafür tun. „Von alleine“ komme nichts. Die von Fabritius geleitete Sitzung des Bundesvorstandes war neu und anders strukturiert: Alle Berichte wurden den Teilnehmern schon im Vorfeld in einer umfassenden Tagungsmappe zugesandt, man konnte direkt in die Aussprachen einsteigen und zielgerichtet diskutieren.

Die Sitzung hatte Dekan i. R. Hermann Schuller mit einer Andacht zum dritten Sonntag in der Passionszeit eröffnet. Seine Botschaft passend zur Diskussion: Im Blick nach vorne dürfen wir auf Gott vertrauen.

"Neues Leben wächst nach"

Unter den Gästen wurde Bruno Fröhlich, Dechant des Schäßburger Kirchenbezirks, erstmals als Vertreter der Heimatkirche im Bundesvorstand begrüßt. Er berichtete über die Bemühungen der Landeskirche, die siebenbürgisch-sächsischen Denkmäler auch mit EU-Fördergelder zu pflegen, aber auch über die Schwierigkeiten, die die große Diskrepanz zwischen Stadt und Land mit sich bringen.

Die Überalterung macht auch dem Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Österreich zu schaffen, wie Mag. Pfarrer Volker Petri feststellte. Es wachse aber neues Leben nach, in der jüngeren Generation seien viele Einheimische in den Vereinen aktiv.

Dr. Bernd Fabritius berichtete über den Empfang des BdV-Präsidiums durch Bundespräsident Horst Köhler, der großes Interesse an der weltweiten Vernetzung der Siebenbürger Sachsen gezeigt habe und den siebenbürgischen Verband bei künftigen Staatsbesuchen nach Rumänien mit einbeziehen wolle. Fabritius hatte tags zuvor an dem Treffen des Gesamtvorstandes der Landsmannschaft der Banater Schwaben in Frankenthal teilgenommen und brachte seitens der Banater Schwaben Grüße mit. Er hatte dort angeregt, alle aus Rumänien ausgewanderten Deutschen in das Nachdenken über die Gemeinschaft und künftige Inhalte unter den veränderten Rahmenbedingungen einzubeziehen.

Aktuelle Rentenfragen

Viel Unmut unter den Landsleuten stiftet nach wie vor der so genannte Fiktivabzug, den die Rentenbehörden vornehmen. Der Verband der Siebenbürger Sachsen informiert seine Mitglieder, weist aber darauf hin, dass es keine verallgemeinerbare Patentlösung gebe, weil die Fälle sehr unterschiedlich gelagert seien. Deshalb sei fachlicher Rat zu empfehlen. Zusätzlich strebt der Verband eine Verbesserung der Rechtspraxis durch politische Gespräche an.

Wie in dieser Zeitung berichtet, stellt die „Interessengemeinschaft gegen Fremdrentenkürzungen“ (IgF) ihre Tätigkeit ein. Das hat sowohl der Bundesvorstand in seiner Sitzung im Dezember 2008 als auch der Anwaltspool im Februar 2009 empfohlen. Nach Abschluss der Verfahren verpflichtet sich der landsmannschaftliche Verband, wie in der Beitrittserklärung der IgF-Mitglieder vermerkt, den überschüssigen Betrag notleidenden Landsleuten in Deutschland zukommen zu lassen.

Klärung in Berlin angestrebt

Die bereits im November 2008 zur Vorsitzenden des Landesverbandes Berlin/Neue Bundesländer gewählte Beatrix Schenker berichtete über die Verbandsarbeit in Berlin. Zu Verunsicherung habe die Abbuchung von Beiträgen durch den vom früheren Landesvorsitzenden Johann Schöpf im Jahre 2004 gegründeten neuen Verein geführt, obwohl fast alle Mitglieder diesem neuen Verein überhaupt nicht beigetreten waren. Der Verband hat nun eine auf Vereinsrecht spezialisierte Kanzlei in Berlin beauftragt, die zu einer Klärung erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten.

Des Weiteren plante der Bundesvorstand die kulturellen Maßnahmen und verabschiedete die Haushaltsübersicht 2008 und den Haushaltsplan 2009.

Jubiläumsfeier in Dinkelsbühl

Sein 60-jähriges Bestehen wird der Verband der Siebenbürger Sachsen durch eine umfangreiche Festschrift und Festveranstaltungen beim Heimattag in Dinkelsbühl begehen. Das Pfingsttreffen steht unter dem Motto „Gemeinsinn leben, im Dialog handeln“.

Tagung der Kreisgruppenvorsitzenden

Die nächste Bundesvorstandssitzung findet am 3. Oktober 2009 in Fürth statt und geht nahtlos – am selben Ort – in die Tagung der Kreisgruppenvorsitzenden über. Anders als bisher hat diese Tagung als „runder Tisch“ einen intensiven Austausch der Vertreter der Kreisgruppen untereinander und mit dem Bundesvorstand zum Ziel. Der Bundesvorsitzende regt daher eine zahlreiche Teilnahme an. Mit auf der Tagesordnung: die Jugendarbeit sowie die Diskussion über die Ziele der künftigen Verbandsarbeit.

Siegbert Bruss

Fotogalerie: Bundesvorstandssitzung am 15. März 2009 in München

Schlagwörter: Verband, Bundesvorstand, Verbandstag 2011

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