24. Januar 2011

Leserecho: Große Verdienste von Direktor Michael Englisch

Zum Artikel „In Bistritz wurde die erste Ackerbauschule in Siebenbürgen gegründet“ von Dr. Hans-Georg Franchy in Folge 18 vom 15. November 2010, Seite 9.
Dr. Franchy schreibt in dem Artikel unter dem Zwischentitel „Kulturträger in der Region“ u.a.: „…und nicht zuletzt das über 41 Jahre lange Wirken des Lehrers Albert Preiß (1876-1953) bescherten der Schule Erfolge...“. Hier werden völlig übergangen die Verdienste von Direktor Michael Englisch (vgl. das im Artikel erwähnte Buch von Hans Acker). Acker schreibt auf S. 34: ,,Mit ihm kam demnach ein gut ausgebildeter Fachmann und erfahrener Lehrer an die Anstalt nach Bistritz“. Auf S. 36 heißt es: „An der Anstalt unterrichtete er alle landwirtschaftlichen Hauptfächer, ausgenommen Obstbau, und war bemüht, seine Schüler in väterlich-freundlicher Weise, wenn auch nicht ohne Strenge, zu lehren und durch das eigene Vorbild zu erziehen. Alle übrigen Lehrgegenstände wurden vom Lehrer Albert Preiß mit pädagogischer Erfahrung und Hingabe unterrichtet.“ Auf S. 38 schreibt Acker „Obgleich der Wirtschaftsbetrieb Reinerträge abwarf, und auch die Schülerzahl ansteigend, wenn auch nicht ausreichend war, so war die Stellung des sehr umsichtigen, fleißigen und integren Direktors Englisch schwächer geworden, auch wenn er von seinen Schülern und Absolventen als Lehrer hochgeschätzt und als Mensch sehr verehrt wurde. Zu viele der gehegten Hoffnungen und Erwartungen hatten sich in nahezu 2 Jahrzehnten nicht erfüllen und verwirklichen lassen, weshalb ein Teil der Landbevölkerung mit seiner Tätigkeit nicht zufrieden war, vorwiegend der auch im Nösnerland fußgefaßten innervölkischen Erneuerungsbewegung (sie sympathisierte mit den Nationalsozialisten in Deutschland) angehörend. Sie beanstandeten aber auch seine politisch-konservative Einstellung und erzwangen 1935 seinen Rücktritt als Vorstand des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins. Dies war gewiß eine unverdiente und schwer zu verkraftende Niederlage für Direktor Englisch, die er auf eine Irreführung seiner politischen Gegner zurückführte, weshalb er seiner Überzeugung treu blieb, auch wenn die Zeitströmung und die Entwicklung gegen ihn arbeiteten. 5 Jahre später wurde er, gerade 60 Jahre alt geworden, gedrängt, Ende August 1940 vorzeitig in den Ruhestand zu treten und die Leitung der Ackerbauschule abzugeben. deren Absolvent (Martin Hauptmann aus Lechnitz) gerade Gau- und Landessieger (…) im bäuerlichen Berufswettkampf geworden war.“ Ähnlich wurde 1940 Bischof Glondys von Sympathisanten des nationalsozialistischen Deutschland aus seinem Amt gedrängt.

Ich bestätige voll diese Beurteilung von Direktor Englisch durch Herrn Acker. Von 1935-37 besuchte ich die Landwirtschaftliche Winterschule (= Ackerbauschule) in Bistritz, und ich habe Herrn Direktor Englisch in bester Erinnerung. Als Lehrer stellte er hohe Ansprüche an seine Schüler, hatte aber die Gabe, auch schwierige Themen anschaulich zu vermitteln und jeden, der ihm zuhörte, zu begeistern. Ich verdanke ihm, dass ich 1940 im Berufswettkampf der Jungbauern in der Gruppe mit Fachschule Gausieger von Siebenbürgen und in der gleichen Gruppe Landessieger von Rumänien wurde. Auch als Mensch und väterlichen Freund habe ich ihn in bester Erinnerung. Nach dem Berufswettkampf Mitte Juni ist er mit der Kutsche vor meinem Elternhaus vorgefahren, brachte mir ein Geschenk und dankte mir mit bewegter Stimme für meine Leistung. Außerdem sagte er mir, ich könne jetzt nach Deutschland auf eine weiterführende Schule gehen. Auf einen Einwand von meinem Großvater antwortete er: „Lasst den Jungen gehen! Dem steht die Welt offen.“ Anfang September besetzten die Ungarn Nordsiebenbürgen, und wir waren vom Süden getrennt. Zum Gedenken an einen großartigen Menschen und Pädagogen habe ich diese Ergänzung geschrieben, „ehe die Spuren verwehen“.

Martin Hauptmann, Insingen

Schlagwörter: Leserecho, Ackerbauschule, Bistritz

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