16. November 2014

Evakuierung 1944-1945: Ankunft in Österreich

In der Reihe „Evakuierung 1944-1945“, die Horst Göbbel für die Siebenbürgische Zeitung betreut, werden Auszüge aus Zeitzeugenberichten veröffentlicht. Zum Teil greifen die Evakuierten auf ihre Erinnerung zurück, manche Betroffene konnten sich aber auch auf sehr verlässliche Unterlagen stützen. So führte Rektor Georg Felker aus Lechnitz während der Evakuierung mit dem Treck minutiös Tagebuch.
Georg Felker schreibt: 4. November 1944: In beschwerlicher Fahrt durch die Donauebene und über bergiges Land sind wir in das Kreisstädtchen Hollabrunn gelangt. Der Kreis soll uns aufnehmen und zu gegebener Zeit zurück in die Heimat entlassen. Vorläufig soll jeder in seinem Beruf unterkommen, die Lehrer auch. Noch einmal versammeln sich die Leute auf dem Marktplatz der Stadt: 80% der Gemeinde Lechnitz sind da – zu einer kleinen Abschiedsfeier. Ein Sprecher gibt den Gefühlen der Dankbarkeit Ausdruck, Gott, dem Herrn gegenüber, der uns durch sieben Wochen so gnädig geführt hat.(...) Das SS-Kommando hat sich unbemerkt entfernt.

6. November 1944: (…) Einige Männer werden herbeigerufen und führen unsere Pferdchen in den Stall, in dem auch ihre Tiere untergebracht sind. Dann richten wir uns rasch zur Not ein. Und dann steigt aus tief bewegtem Herzen Dank und Bitte zum Allmächtigen empor: Herrgott, himmlischer Vater! Du hast uns durch viele Tage der Sorge und Ungewissheit hierher geführt und durch Deine Gnade Arbeit und Brot finden lassen. Wir danken Dir, Herr, für Deine große Güte! Unser Denken aber wendet sich nun denen zu, die sich in ungewisser Ferne und den Gefahren des Krieges befinden: Schenke uns, Herr, die Gnade, dass wir unsere drei Jungen, wenn die Zeit um ist, auch wieder in unsere Arme schließen dürfen! Amen. Es ist schon spät; ich bin müde; die Augen fallen mir zu.

Schlagwörter: Evakuierung, Zeitzeugen, Nordsiebenbürgen

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