18. August 2015

Leserecho: Zum Glück „menschelte“ es auch ein wenig beim Trachtenumzug!

Als aktiver Siebenbürger Sachse war es für mich eine Freude zu sehen, wie viele Sächsinnen und Sachsen bereit waren, Pfingsten diesen Jahres die Trachten unserer Landsleute zu tragen und damit den Zuschauern zu präsentieren. Vor allem die Vielfalt war beeindruckend und ergab somit ein ganz prächtiges Bild.
Umso befremdlicher war es für mich in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 10 vom 25. Juni 2015, Seite 5, unter dem Titel „Es menschelt beim Trachtenumzug 2015“ zu lesen, dass es Landsleute gibt, welche diese Freude nicht teilen konnten. Sicherlich gab es den einen oder anderen Trachtenträger, welcher durch eine kleine Änderung sein Erscheinungsbild hätte optimieren können – natürlich hätte man statt einer grauen Hose auch eine schwarze tragen können, und manchem hätte man ein glücklicheres Händchen bei der Wahl seiner Schuhe wünschen können.

Wir sollten aber dankbar sein, dass sich so viele Leute finden und bereit erklären, die siebenbürgisch-sächsischen Trachten zu tragen und auf der Plattform Dinkelsbühl den Zuschauern zu präsentieren. Wenn manche Wächter und Wächterinnen, deren Fachkenntnisse über die Trachten und Traditionen unstrittig beachtenswert sind, zu streng mit uns Laien umgehen und mit ihren doch sehr heftigen Kritiken die Trachtenträger verunsichern und abschrecken, werden wir irgendwann nur noch ein paar wenige haben, die bereit sind, an so einem Festtag teilzunehmen und im Umzug mitzulaufen.

Wenn sich Identität also lohnen soll und wir diese auch leben wollen, dann spielt es auch sicherlich keine allzu große Rolle, wenn eine Frau eine Mädchentracht trägt oder umgekehrt. Den meisten Zuschauern, ob Sachse oder nicht, wird es egal sein, die werden sich einfach nur freuen zu sehen, was zu den Sachsen dazugehört bzw. dazugehört hatte.

In unserem Umfeld habe ich keinen einzigen negativen Kommentar gehört; alle waren ob der Vielfalt der zahlreichen Trachten begeistert. Da auch nicht jeder dieses profunde Detailwissen über die Trachten hat, ist das auch gar nicht schlimm, wenn eine Tracht nicht mehr zu 100 Prozent der früheren Trageweise entspricht, schließlich werden diese ja auch nicht mehr in Siebenbürgen getragen und wir alle unterliegen dem Wandel der Zeit.

Mit welchem Recht sollten wir diejenigen Sächsinnen und Sachsen, welche bereit sind, sich einzubringen, damit vergraulen, indem wir ihnen Minderwertigkeitskomplexe und das Bedürfnis aufzufallen unterstellen. Alleine das Aussprechen der Möglichkeit einer Bestrafung einer ganzen HOG durch eine Sperrung oder das Wegschicken aus dem Trachtenzug und dann wiederum großzügiger Weise dies als zu verzeihende menschliche Schwäche zu bezeichnen, ist kontraproduktiv, sicherlich auch ein wenig anmaßend und damit auf jeden Fall nicht zielführend.

Machen wir es uns also nicht zu schwer, und versuchen wir, das Dasein und den Zusammenhalt unserer ehemals eher kleinen Volksgruppe so lange wie möglich aufrecht zu erhalten.

Hans-Christian Ludwig, Ebhausen


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Schlagwörter: Leserecho, Trachtenumzug, Heimattag 2015

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  • 18.08.2015, 17:43 Uhr von Doris Hutter: Sehr geehrter Herr Ludwig, alle freuen wir uns mit, wenn Landsleute sich am Trachtenumzug ... [weiter]

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