14. Dezember 2017

Zehntes Internetseminar in Bad Kissingen: "Entwicklung der digitalen Welt im letzten Jahrzehnt"

Der Heiligenhof in Bad Kissingen hat sich in den letzten Jahren zum Treffpunkt der siebenbürgisch-sächsischen Internetgemeinde entwickelt. Vom 1. bis 3. Dezember 2017 traf sich diese bereits zum zehnten Mal zu einem Seminar. Unter dem Arbeitstitel „WoherWoWohin – Die Entwicklung der digitalen Welt im letzten Jahrzehnt“ gab es dieses Mal sowohl einen Rückblick auf Vergangenes wie auch einen Ausblick auf eine mögliche Zukunft.
Veranstaltet wird die Seminarreihe von der „Akademie Mitteleuropa“ und dem Online-Referat des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration fördert die Veranstaltung über das Haus der Deutschen Ostens München. Die Reihe wurde 2008 auf Anregung von Gustav Binder, Studienleiter des Heiligenhofs, initiiert. Es sollte über neue Entwicklungen im IT-Bereich informiert werden, Online-Dienste und Programme vorgestellt sowie Chancen und Risiken dieser neuen Technologien aufgezeigt werden.

Da die Veranstalter sowie schätzungsweise 90% der Teilnehmer einen rumäniendeutschen Hintergrund hatten, bekam die Veranstaltungsreihe ziemlich schnell eine siebenbürgische Färbung. So ging es thematisch unter anderem um die „Nachbarschaft im Netz“ oder um die „Saksesch WWWält“. Weitere Themen waren das „Mobile Internet“ oder das „Ehrenamt 2.0“ und zum Höhepunkt der Enthüllungen von Edward Snowden ging es darum, wie man sich sicher im Netz bewegt, „ohne zu sturkeln“. Neben den Webmastern von Siebenbuerger.de Robert Sonnleitner, Günther Melzer, Gunther Krauss und Hans-Detlev Buchner, sowie Jochen Philippi waren jedes Jahr auch Gastreferenten am Seminar beteiligt. Es waren dies u.a. der Wissenschaftler Dr. Martin Armgart, der Filmemacher Günter Czernetzky, der Musiker Uwe Pelger oder Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster.

So manche Prognose, die dabei aufgestellt wurde, musste relativiert werden. Private Präsentationen sind von den Homepages in die sozialen Netze gewandert, auf Brillen für Augmented Reality warten wir heute noch, ebenso hoffen wir, dass die User die Gruppenfunktion von Siebenbuerger.de besser als bisher annehmen. So manche Prognose traf aber auch ein, sogar viel stärker als erwartet. Fast jeder ist in den sozialen Netzwerken drin, das mobile Internet schickt sich an, das stationäre Internet zu übertrumpfen und wer was gelten will, muss multimediale Inhalte bieten.
Die Teilnehmer des zehnten Internetseminars in ...
Die Teilnehmer des zehnten Internetseminars in Bad Kissingen. Foto: Gustav Binder
In das Thema des zehnten Internetseminars führte Robert Sonnleitner am Freitagabend ein. Anschließend folgte ein Rückblick von Gunther Krauss auf die vergangenen neun Seminare. Ebenfalls Gunther Krauss bot am Samstagmorgen eine Übersicht über die Entwicklung des Internets in den letzten zehn Jahren. Vor allem die Miniaturisierung der Hardware führte zur Entwicklung von Smartphones und somit zur mobilen Nutzung des Internets. Mit der permanenten Verfügbarkeit des Internets wuchs auch die Nutzung sozialer Netze. Die heute am häufigsten genutzten Dienste wie Facebook, Twitter, YouTube oder WhatsApp sind keine 15 Jahre alt und haben dank enormer Wachstumsraten bis zu zwei Milliarden Benutzer. Mit den Smartphones wird auch die Steuerung von vernetzten Alltagsgeräten ein Thema, das sogenannte Internet der Dinge. Die permanente Vernetzung produziert große Datenmengen (Big Data), sehr zur Freude von Staaten und Unternehmen. Big Data ermöglicht aber durch maschinelles Lernen auch die künstliche Intelligenz, die uns diverse Helferlein wie Spracherkennung und autonomes Fahren beschert.

Es hängt also alles mit allem zusammen und führt zu einer neuen Art von Wirtschaft, der „New Economy“, die mit Hilfe des Internets Plattformen bereitstellt, über die Dienstleistungen vermittelt werden und Handel getrieben wird. Und plötzlich weicht das Fernsehen dem Streaming und der Fachhandel Amazon. Doch neben dem Komfortgewinn und der Effizienzsteigerung stehen auch der Wegfall von Arbeitsplätzen und Monopole. Dieser Themenkomplex führte in der anschließenden Diskussion zu einem Exkurs in zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen bis hin zum bedingungslosen Grundeinkommen.

Die Entwicklung des Internets lässt sich auch gut an den siebenbürgisch-sächsischen Communities nachvollziehen, die Thema des Vortrags von Hans-Detlev Buchner waren. Die ersten Treffpunkte liefen noch auf Universitätsservern. Danach kamen eigenständige Plattformen auf wie das Sibiweb, die Rokestuf und Siebenbuerger.de, die als Community-Funktion einen Chat und ein Forum boten. Es folgten soziale Netzwerke wie StudiVZ, „Wer kennt wen“ und Sibicom, in denen sich die Siebenbürger je nach Interessenlage gruppenweise versammeln konnten. Heute trifft man die Siebenbürger wie auch den Rest der Welt vor allem auf Facebook und WhatsApp.

Einen weiteren interessanten Aspekt stellte Günther Melzer in seinem Vortrag „Als die Bilder laufen lernten“ vor. Anfangs brachten vor allem animierte GIF-Bilder Bewegung ins WWW und Videos wurden als komplette Datei im MPG, WMV oder RM-Format hoch- und wieder runtergeladen. 2002 wurde Streaming in Flash integriert und führte zur Entstehung von Videoportalen wie Vimeo, Sevenload und Youtube. Heute kann man Videodateien direkt in HTML5 abspielen. Selbst Direktübertragungen sind möglich. Günther Melzer hat in diesem Jahr sowohl vom Heimattag in Dinkelsbühl wie auch vom Sachsentreffen in Hermannstadt solche Live-Videos über die entsprechende Funktion von Facebook gesendet.

Nach dem Mittagessen kamen die Teilnehmer in den Genuss einer Führung durch Bad Kissingen, ortskundig und zugleich mit siebenbürgischer Brille angeboten von Studienleiter Gustav Binder. Auf die Chancen und Herausforderungen des Journalismus im digitalen Zeitalter wies der Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung Siegbert Bruss hin. Die Printmedien befinden sich in einer Krise. Das betrifft sowohl ihre wirtschaftliche Lage, wie auch ihren Deutungsanspruch. Um aus dieser Krise herauszukommen, müssen sie sich auf ihre ursprünglichen journalistische Aufgaben besinnen und dabei sowohl um Aufmerksamkeit kämpfen wie auch gegen Desinformation durch PR-Experten, die die Welt im Interesse ihrer Auftraggeber schönreden. Für die Siebenbürgische Zeitung bot die Digitalisierung auch ein enormes Einsparpotenzial, das zu einer Halbierung der Druckkosten führte. Die siebenbürgisch-sächsische Gesellschaft ist auch ein gutes Beispiel für eine weltweit erfolgreich vernetzte Gemeinschaft. Durch die grenzüberschreitende Kommunikation sind auch frühere Streitfragen zwischen Ausgewanderten und Gebliebenen in den Hintergrund gerückt.

Interessant wurde auch der nächste Vortrag von Jochen Philippi, der 3D-Druckverfahren für Privatanwender vorstellte. Das Spektrum reicht von der kostengünstigen Papierlaminierung bis hin zum hochwertigen Lasersintern. Während des Vortrags konnte das Publikum über die mit diesen Techniken gedruckten, zum Teil hochkomplexen 3D-Modelle staunen, die herumgereicht wurden.

Nach dem Rückblick auf eingetretene und nicht eingetretene Prophezeiungen der Vergangenheit, präsentierte Jakob Cosoroabă in seinem Vortrag „Schöne neue Welt“ Technologien, die zurzeit entwickelt werden und unsere Zukunft bestimmen können. Zur Sprache kamen dabei smarte Haushaltsgeräte oder die derzeitigen Experimente von Amazon, die dafür sorgen sollen, dass Geld-Ausgeben Spaß macht. Für unsere Verbandsarbeit interessant erscheint auch die Aufbereitung von Zeitzeugenberichten als holographischer Projektion, wie sie bereits in einem Projekt mit Holocaustüberlebenden realisiert wurde. Cosoroabă gestaltete seinen Vortrag interaktiv, d.h. die Zuhörer konnten während des Vortrags Fragen via Smartphone beantworten.

Dem Rahmenprogramm, das seit mehreren Jahren ein Mitternachtsbüfett mit erlesenen Produkten siebenbürgischer Metzger umfasst, wurde diesmal mit einer Tanzeinlage die Krone aufgesetzt.

Am Sonntag präsentierte Manuel Stübecke die Interviewfilm-Serie „Sie sollen sich nicht lassen – Erinnerungen und Entwicklungen in Siebenbürgen“. In der Serie kommen bekannte Siebenbürger wie Frieder Schuller, Paul Philippi, das Ehepaar Inge und Heinz Galter und der Altbischof Christoph Klein, aber auch weniger bekannte Landsleute zu Wort. Der Film ist das erste Projekt von Geschichtsdramaturgie.de, unter dessen Dach weitere geschichtsdramaturgische Produkte versammelt werden sollen.

Abschließend sei unseren Gastgebern im Heiligenhof und insbesondere „unserem“ Gusti Binder ein Dank dafür ausgesprochen, dass sie alljährlich diese Veranstaltung von beachtlichem Niveau möglich machen.

hdb

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Schlagwörter: Internetseminar, Bad Kissingen, Digitalisierung, Internet, Siebenbuerger.de, AK Internet

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