20. Mai 2006

Globetrotter unterwegs in Südamerika

Dipl.-Ing. Hans Füger wurde vor 69 Jahren in Frauendorf (Siebenbürgen) geboren und lebte dort bis zur Ausreise im Jahr 1987. Als Rentner kann er sich nun seinen alten Traum der „Weltreise“ verwirklichen, und zwar mehreren, jeweils vier- bis fünfwöchigen Etappen. So war der Siebenbürger bereits in Nordamerika, im südlichen Afrika, Zentralasien und zuletzt im November 2005 in Südamerika. Diese Reise ging über ca. 2 800 km von Santiago de Chile bis nach Feuerland und dauerte 24 Tage. Fügers Bericht wird im Folgenden gekürzt wiedergegeben.
Calafate sollte uns drei Nächte beherbergen und sehr zum Gelingen der Reise beitragen. Diese Tage waren für den Los Glaciares Nationalpark geplant, dem über 50 km langen Gletscherfeld, dem weltweit größten Gletschergebiet außerhalb der Antarktis. Es war der Höhepunkt unserer Reise. Es beginnt mit einer ganztägigen Schifffahrt auf einem Katamaran in die bezaubernde Eislandschaft des Lago Argentino. An bizarren hohen Eisbergen vorbei geht die Fahrt zum Spegazzini-Gletscher und zur 4 km langen Gletscherwand des Upsala-Gletschers. Die Fahrt am nachfolgenden Tag in den Nationalpark führte uns in eine einmalige Gletscherwelt. Gespeist vom mächtigen patagonischen Eisfeld ist der Gletscher Perito Moreno weltweit einer der letzten Eisströme, die noch auf dem Vormarsch sind. Auf dem Weg zum Perito Moreno Gletscher ist die Landschaft etwas grüner, um sich dann in der Nähe des Gletschers in herrlichen Südbuchenwälder mit vielen Feuerbuschsträucher zu zeigen.

Feuerland, an der Südspitze Südamerikas gelegen, gehört zu zwei Drittel zu Chile, der Rest zu Argentinien. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit unterhielten die Ureinwohner (Yahgans, Onas) in ihren Hausungen ständig Feuer. Deshalb taufte es der Entdecker Magellan in seinem Logbuch „Feuerland“. Der Wind bläst hier noch heftiger als in Patagonien. Zu bestaunen war auch die technische Bauweise der Pipelines in dieser Region, die wegen der Erdbebengefahr auf Bodenniveau relativ locker montiert sind. Feuerland ist nicht nur endloser Horizont, die Insel durchzieht ein Raster von großen Schafweiden. Ein paar Millionen Tiere ernähren sich von dem kargen Grasboden mit seinen dickblättrigen Formen.

Weiter ging die Fahrt schließlich zur südlichsten Stadt der Welt, Ushuaia (65 000 Einwohner), am Ufer der tiefgrünen Gewässer des Beagle Kanals. Von hier aus wird das ganze argentinische Feuerland verwaltet. Ushuaia wird auch als Hauptstadt der Pinguine bezeichnet, weil diese Vögel in den großen Wasserstraßen Feuerlands zu sehen sind. Nach 22 Reisetagen trafen wir in der Stadt „fine del mundo“ („am Ende der Welt“) ein. Kaum aus dem Bus gestiegen, leuchteten uns Neontafeln mit den Aufschriften „Marisco“ (Meeresfrüchte), „Centolla“ (Königskrabben) und „Haspedaje“ (einfache Herbergen) den Weg aus der urwüchsigen Graslandschaft in dei konsumgeschwängerte Wirklichkeit. Die quirlige Stadt lässt keine Touristenwünsche offen. Vergnügungssüchtige können im Kasino die Euro- oder Dollarnoten für ihren Antarktistrip vermehren oder verlieren. Naturverbundene klettern auf den nahen Gletscher Martial oder durchstreifen die Urwälder des östlichen Nationalparks „Tierra del Fuego“. Nur die Hungrigen haben es schwer, sich angesichts der unzähligen, immer gleich aussehenden Grillrestaurants zu entscheiden. Auf der Hauptstraße in Ushuaia, der Avenida Cristobal Colon (Kolumbus war übrigens nie hier), geht es zu wie in Europas Südländern. Die Espressoläden sind ein Hinweis auf die vielen italienischstämmigen Argentinier, die hier leben. Dennoch, am Ende der Welt, dem Traum jedes Fernreisenden, kann man nicht lange bleiben. Der Konsum nervt (mich besonders), der Trubel um die Trophäentouristen passt nicht zur Idee vom entlegensten Winkel der Welt.

Als Abschluss der Reise gab es noch eine Bootsfahrt auf dem Beagle Kanal, wo das ehemalige Gefängnis von Ushuaias Vergangenheit als Strafkolonie zeugt. Mit dem Rückflug von Ushuaia via Buenos Aires und Madrid nach Frankfurt am Main endete diese unvergessliche Südamerikareise, die einen meiner Kindheitsträume in Erfüllung gehen ließ.

Dipl.-Ing. Hans Füger

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 8 vom 15. Mai 2006, Seite 14)

Schlagwörter: Reise

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