10. Januar 2008

Rentenzahlungen auch in andere EU-Länder

Deutsche Vertriebene dürfen nicht deswegen weniger Rente bekommen, weil sie nicht in Deutsch­land wohnen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 18. Dezember 2007 in Luxemburg entschieden. Der EuGH erklärte eine Sonderbestimmung in einer EU-Verordnung für unvereinbar mit dem Grundsatz der Freizügigkeit. Diese Bestimmung erlaubte es deutschen Rentenbehörden, außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erworbene Versiche­rungs­zeiten (z.B. nach dem Fremdrentengesetz) nur dann bei der Rentenbemessung zu berücksichtigen, wenn der Empfänger in Deutschland wohnt.
Der Europäische Gerichtshof hat in drei Fäl­len bahnbrechende Entscheidungen getroffen und damit die Rechte der Vertriebenen im Renten­recht gestärkt. Zwar betreffen alle drei Verfah­ren Sonderfälle, die nicht klassische Aussied­ler­fälle aus Rumänien darstellen. Zweimal ging es um Beitragszeiten im ehemaligen Reichsge­biet, einmal zwar um Beitrags­zei­ten in Rumä­nien, allerdings unter Anwen­dung des Deutsch-Ös­terreichischen Abkommens von 1966 bei Wohn­sitz in Österreich (Rechts­sa­che EuGH C 450/05).

Rechte der Vertriebenen im Renten­recht gestärkt

Der Europäische Gerichtshof hat jedoch allgemeine Feststellungen getroffen, die die Rechte der Vertriebenen stärken und auch für andere Fallvarianten Geltung haben. Der konkrete Fall in Kürze: Ein aus Rumänien stammender Kläger ist 1970 nach Österreich ausgesiedelt und besitzt die österreichische Staats­angehörigkeit. Er ist in Deutschland als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenen­gesetzes anerkannt. Seine von September 1953 bis Oktober 1970 in Rumänien zurückgelegten Beschäftigungs- und Beitragszeiten werden im November 1995 von der Bundesversicherungs­anstalt für Angestellte (BfA) nach dem Fremd­rentengesetz (FRG) als Pflichtbeitragszeiten zur deutschen Altersversicherung anerkannt. 1999 beantragte der Betroffene eine Altersrente we­gen Vollendung des 63. Lebensjahres. Der An­trag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass aus den Fremdrentenzeiten keine Rente ins Ausland gezahlt werden könne. Aus den Ge­mein­­schaftsverordnungen, die das deutsch-österreichische Abkommen von 1966 abgelöst hätten, ergebe sich nichts anderes. Die Ren­ten­behörde berief sich auf Anhang VI, Teil C, Nr. 1, der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71: Da der Be­troffene in einem anderen Mitglieds­staat als die Bundesrepublik Deutschland wohnte, wurden seine von 1953 bis 1970 in Rumä­nien zurückgelegten Beitragszeiten nicht berücksichtigt.

Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union behindert

Der EuGH stellte nun fest, dass eine solche Folge, die durch die Bestim­mun­gen des An­hangs VI, Teil C, Nr. 1, der Ver­ord­nung Nr. 1408/ 71 zwar zugelassen werde, die Ausübung des Rech­tes auf Freizügigkeit innerhalb der Union behindere und daher eine Beschrän­kung dieser Freiheit darstelle.

Die Bundesregierung hatte die bekannten Ar­gumente geltend gemacht, die Vorschriften des Fremdrentengesetzes seien historisch be­dingt und nur vor dem Hintergrund der Be­wältigung von Kriegsfolgelasten zu verstehen. Im Übrigen beruhten die Leistungen auf dem Integrations­prinzip und der nationalen Anerkennung für das erlittene Vertreibungsschicksal sowie der Milderung von hierdurch entstandenen Härten. Ihnen stünden jedoch keine an einen Träger im heutigen Gebiet der Bundesrepublik Deutsch­land gezahlten Beiträge gegenüber.

Der Argumentation der Bundesregierung nicht gefolgt

Dieser Argumentation ist der EuGH explizit nicht gefolgt und hat sie als unzutreffend verworfen. Er stellt fest, dass es sich um „normale“ Leistung der sozialen Sicherheit handelt, die nicht vom Ermessen der Rentenbehörde abhänge und nur dann von der Voraussetzung eines Wohnsitzes im Staat des zuständigen Trägers abhängig gemacht werden dürfen, wenn diese Leistungen „eng an das soziale Umfeld gebunden“ wären. Dieses sei nicht der Fall.

Wie die Rentenbehörden diese jüngsten Ent­scheidungen umsetzen, wird abzuwarten sein. Untersucht wird nun auch, ob die Klar­stel­lungen des EuGH bei Prüfung eines gemeinschaftsrechtlichen Eigentumsschutzes eine er­neute Bewertung der Zulässigkeit der 40%-Kür­zung erfordern. Laufende Verfahren wegen der 40%-Kürzung sollten daher bis zum Abschluss der Prüfungen offen gehalten und zum Ruhen gebracht werden.

Dr. Bernd Fabritius

Schlagwörter: Rente, Rechtsfragen, EU

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Neueste Kommentare

  • 06.07.2008, 20:26 Uhr von Fabritius: Hi getkiss, in Einzelfällen hat die Rentenbehörde mitgeteilt, dieser Entscheidung zu folgen und ... [weiter]
  • 06.07.2008, 17:53 Uhr von getkiss: Da wäre Fragen... 1.Die Meldung ist ja schon ein halbes Jahr lang. Gibt es seit damals in diesem ... [weiter]

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