23. August 2004

Positives Urteil für Abkömmlinge

In einem am 20. April 2004 verkündeten Urteil, Aktenzeichen: BVerwG 1 C 3.03, veröffentlicht in der "Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht“ (NVwZ) 2004, Heft 7, Seite 838, hat das Bundesverwaltungsgericht ein positives Urteil zugunsten von Kindern und Enkeln von Abkömmlingen gefällt.
Zwar hatte der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig darüber zu befinden, ob die 1993 für Spätaussiedler getroffene Stichtagsregelung – Verlassen der Aussiedlungsgebiete nach dem 31.12.1992 – auch für Abkömmlinge der Spätaussiedler gilt. In dem dortigen Fall waren die Kläger, eine Mutter und ihre beiden Söhne, 1991 als Bürgerkriegsflüchtlinge aus Kroatien nach Deutschland gekommen und betrieben hier erfolglos ein Asylverfahren. Im April 1993 reiste dann die Großmutter aus Kroatien in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt vom Bundesverwaltungsamt einen Härtefall-Aufnahmebescheid, in den auch die Kläger einbezogen wurden. Erst 1996 wurde der Großmutter eine Bescheinigung für Spätaussiedler ausgestellt. Den eigenen Antrag der Kläger, ihnen Spätaussiedlerbescheinigungen auszustellen, lehnte die Vertriebenenbehörde 1997 definitiv ab. Nunmehr hatten die Kläger beantragt, dass die Behörde feststellt, dass sie Deutsche im Sinne des Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes (sogenannte Statusdeutsche) sind. Das Bayerische Verwaltungsgericht München hatte die Klage abgewiesen, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München zugunsten der Kläger entschieden und die Revision zugelassen. Hiergegen hatte der Freistaat Bayern Rechtsmittel eingelegt und den Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht verloren.

Das Bundesverwaltungsgericht hat eindeutig festgestellt, dass die Fristen des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes lediglich für Spätaussiedler, nicht jedoch für deren Abkömmlinge gelten. "Hierauf deutet auch die Gesetzessystematik hin... Im übrigen entspricht die Freistellung der Abkömmlinge von einer Stichtagsregelung dem Anliegen des Gesetzgebers, im Kriegsfolgenbereinigungsgesetz die Anerkennungsvoraussetzungen für die Spätaussiedler selbst, also die Stammberechtigten, gegenüber der früheren Rechtslage zu verschärfen, sie für deren Abkömmlinge aber teilweise zu erleichtern... Diese Auslegung liegt auch im Interesse der Familieneinheit und fördert einen familieneinheitlichen Deutschenstatus. Das Bundesverwaltungsgericht hat Sinn und Zweck des Artikel 116 Abs. 1 GG wiederholt dahin beschrieben, dass aufgrund der Folgen des Zweiten Weltkrieges ungewisse staatsangehörigkeitsrechtliche Schicksale vertriebener Volksdeutscher einschließlich ihrer Familienangehörigen aufzufangen seien, indem ihnen familieneinheitlich ein angemessener, ihre Eingliederung ermöglichender Status verschafft wird, der sie den deutschen Staatsangehörigen weitgehend gleichstellt und sie zu einem Teil des deutschen Staatsvolkes macht. Hieran ist festzuhalten..."(a.a.O., Seiten 6 und 7).
Darüber hinaus weist das Gericht auch noch in einem Klammersatz darauf hin, dass Ausschlussgründe in § 5 BVFG, die die Statuserteilung bei Spätaussiedlern ausschließen, ebenfalls als Erleichterung einzustufen sind, somit der Ausschlussgrund bei einem Abkömmling nicht gilt (a.a.O., Seite 7, Mitte).

Zusammenfassung und Empfehlungen


Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts müsste von der Grundaussage für alle abgelehnten Abkömmlingsbewerber, die im Bundesgebiet leben und z. B. sich im Ausländerstatus befinden, Geltung haben mit der Folge, dass diesem Personenkreis Rechtsmittel oder aber Anträge an die zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörden empfohlen werden, die abgeschlossenen Verfahren neu aufzurollen. Soweit noch nicht erfolgt, sollte bei der zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörde beantragt werden, festzustellen, dass sie Deutsche im Sinne des Artikel 116 Abs. 1 GG sind.

Dr. Johann Schmidt, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht



Weitere Artikel zum Thema Aussiedlerrecht:

Entscheidungen zugunsten von Aussiedlern, Siebenbürgische Zeitung Online, 16. Oktober 2001

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Positives Urteil für Spätaussiedler, Siebenbürgische Zeitung Online, 18. Dezember 2003

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