23. Juni 2011

Ein tapferes Herz hat aufgehört zu schlagen

Nachruf auf Horst Werner Breihofer, ehemaliges Vorstandsmitglied der HOG Schäßburg
Am 2. Mai schloss Horst Werner Breihofer, ehemaliger Redakteur der Schäßburger Nachrichten und Mitglied im Vorstand der Heimatortsgemeinschaft Schäßburg, für immer seine Augen und wurde damit von einer über fünfjährigen Leidenszeit erlöst. Wie beliebt und hoch geschätzt er bei seinen Mitmenschen war, zeigte sich bei der Trauerfeier am 5. Mai im Krematorium von Nürnberg. Neben seiner Frau, seiner Schwester und deren Familie sowie Verwandten nahmen Freunde, ehemalige Schulkameraden, Studienfreunde und Arbeitskollegen Abschied von dem Toten.

Man fühlte sich nach Schäßburg zurückversetzt, als die vertrauten feierlichen Klänge der Bergglocke ertönten, das Lieblingsgedicht des Verstorbenen, „Die Bergglocke“ von Michael Albert, zu hören war und zwei Schäßburger, ehemalige Schul- und Studienfreunde, ehrende Abschiedsworte sprachen. Auch in der Trauerrede der Pfarrerin wurde der Heimgegangene als ein pflichtbewusster, gewissenhafter und stets hilfsbereiter, überaus bescheidener Mensch gewürdigt, der sowohl in der alten als auch in der neuen Heimat beruflich sein Bestes gegeben hat und allen Rückschlägen und Schwierigkeiten zum Trotz nie klagte, sondern sein Los mit Würde trug.

Horst Werner Breihofer ...
Horst Werner Breihofer
Geboren wurde Horst Werner Breihofer am 15. Juli 1940 in Schäßburg als Sohn des Spenglermeisters Josef Breihofer und dessen Frau Friederike, geborene Lurtz. Nach zwei Jahren kam seine Schwester Irmgard zur Welt. Als im Krieg Geborene bekamen die Kinder schon früh die großen politischen und sozialen Umwälzungen und deren Folgen zu spüren. Deportiert wurden die Eltern zwar nicht, weil sie älter waren, aber der Vater hatte Russland schon im Ersten Weltkrieg als Kriegsgefangener kennengelernt. Auch die Enteignung des hart erarbeiteten Elternhauses, den bitteren Kampf des Vaters, seine Eigenständigkeit als Handwerker im Sozialismus zu bewahren, erlebten sie hautnah mit. Die Familie musste in der Werkstatt fest mitarbeiten, damit sie über die Runden kam. Die Selbstständigkeit des Vaters hatte Folgen für den Sohn, als dieser nach der Matura studieren wollte. Die soziale Herkunft entschied darüber, ob ­jemand eine höhere Schule oder Hochschule besuchen durfte oder nicht. Arbeiter- und Bauernkinder wurden bevorzugt. Doch die Eltern setzten alles daran, dass der Sohn sein Studium der Germanistik und Romanistik 1958 in Temeswar beginnen konnte, auch wenn sie nicht nur für Unterkunft und Verpflegung aufkommen, sondern sogar Studiengebühren zahlen mussten. Horst, der schon als Kind sehr gewissenhaft war, tat alles, was in seiner Macht stand, um sich des Opfers seiner Eltern würdig zu erweisen. Bei seinen Kommilitonen war er beliebt und wurde wegen seiner freundlichen und bescheidenen Art sehr geschätzt. Er beendete das Studium 1963. Die meisten Studienkollegen wurden Lehrer an Schulen in den verschiedensten Teilen des Landes. Einige begannen eine Karriere als Journalisten. Diese Tätigkeit übte auch Horst bei der Zeitung Neuer Weg in Bukarest aus, wo er fünf Jahre blieb. 1965 heiratete er Grete Winter und zog 1968 nach Hermannstadt um. Er wechselte zur Hermannstädter Zeitung, wo er bis 1987 tätig war. Es muss damals etwas Schwerwiegendes geschehen sein, dass dieser verantwortungsbewusste und vorsichtige Mensch sich zur Flucht aus dem Land entschloss. Leider misslang der Versuch und hatte demütigende Folgen für seine Existenz. Aber klaglos fügte er sich in sein Schicksal, bis dem Ehepaar 1990 die legale Ausreise nach Deutschland gelang.

Natürlich war der Neubeginn in Nürnberg hart und seelisch zermürbend, auch wenn alte Freunde ihnen Starthilfe leisteten. Auch jetzt klagte Horst nicht, sondern ergriff die Gelegenheit, bei Sebald Druck & Verlag als Korrektor zu arbeiten. Bald nahm er Kontakt zu ehemaligen Schulkameraden und Studienfreunden auf, alte Freundschaften wurden wieder gepflegt. An den Treffen mit den Kommilitonen nahm Horst regelmäßig teil und war mit ganzer Seele dabei, wenn es einen regen Gedankenaustausch und interessante Gespräche gab. Dabei kam nie ein Wort der Klage über seine Lippen, dass er als zu spät Ausgereister mehr Probleme hatte als jene, die schon Jahrzehnte früher da waren und beruflich sowie privat gut Fuß gefasst hatten. Schön waren die Kurzurlaube mit jenen Kommilitonen, denen er über 50 Jahre freundschaftlich verbunden geblieben war.

Natürlich vergaß er seine Schäßburger Landsleute nicht und engagierte sich für sie, indem er sein ganzes journalistisches Können einsetzte, um Walter Lingner bei der Arbeit in der Heimatortsgemeinschaft tatkräftig zu unterstützen. Später sollte er die Redaktion der Schäßburger Nachrichten eigenverantwortlich weiterführen. Er war Mitglied im Vorstand der HOG und Schriftführer. In minutiöser Kleinarbeit erfasste er alle Landsleute unseres über 800 Mitglieder starken Vereins. Er machte Pläne, wie er sich weiter in der verantwortungsvollen Arbeit dieses Vereins einbringen könnte. Doch da griff das Schicksal am 4. Dezember 2005 grausam in sein Leben ein. Ein Schlaganfall lähmte nicht nur seine Glieder, sondern beraubte den Geistesmenschen und Mann des Wortes seiner Fähigkeit sich zu artikulieren. Es folgten fünf harte Jahre, die er als schwerer Pflegefall erleiden musste. Aufopferungsvoll und geduldig pflegten ihn seine Ehefrau Gretel sowie seine Schwester Irmgard und Schwager Albert. Aber die mühevolle Pflege und Fürsorge brachten keinen Erfolg; sie mussten seinem körperlichen und geistigen Verfall hilflos zusehen. Freunde und Bekannte nahmen an diesem Schicksal erschüttert Anteil. Was der Kranke selbst körperlich und seelisch durchlitten hat, kann wohl niemand ermessen.

Am 2. Mai endete die lange Leidenszeit und er durfte in die Ewigkeit eingehen. Wir verneigen uns vor diesem Menschen, der sein schweres Schicksal ertragen hat ohne aufzubegehren. Wir trauern mit allen, die ihm nahestanden und ihn verloren haben, wir danken ihm für seinen Einsatz zum Wohle unserer Gemeinschaft, wünschen ihm die ewige Ruhe und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Wiltrud Seiler

Schlagwörter: Nachruf, Schäßburg, HOG

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