31. März 2018

Bedeutender Förderer der siebenbürgisch-sächsischen Kultur: Hans-Christian Habermann zum 80.

Es weht ein großer Hauch siebenbürgisch-sächsischer Geschichte in Lugano in der südlichen Schweiz, wo Dipl.-Ing. Dr. h.c. Hans-Christian Habermann und seine Frau Dr. Beatrix Habermann heute leben. Zu den wichtigsten Schätzen, die der 80-Jährige verwahrt, gehört die Wetterfahne des Hotels Boulevard in Hermannstadt. Sie trägt die Inschrift „1879 J.H.“. Das Hotel, früher Palais Habermann, wurde von seinem Urgroßvater Johannes Habermann erbaut, der mehrere Brauereien und umfassendes Eigentum in Hermannstadt besaß.
Die Geschicke der Familie wandelten sich mit dem Ende des Ersten Weltkrieges, erinnert sich Hans-Christian Habermann, der am 7. Januar 1938 in Hermannstadt geboren wurde. Seine Eltern, Ernst und Nora Habermann, zogen Mitte der 30er Jahre nach Bukarest, wo der Vater Industrie- und Handelsbetriebe gründete und aufzog. Der Zweite Weltkrieg brachte auch der Familie Probleme mit der leider einsetzenden Verfolgung der Siebenbürger Sachsen. Die Eltern mussten nach der Wende ein Jahr lang in den Untergrund, während Hans-Christian, damals sechs Jahre alt, als Kind einer Französin, in der französischen Botschaft, getrennt von seinen Eltern, lebte.

1947 verließ die Familie Rumänien dank einer Ausreisegenehmigung, die ihr der damalige Innenminister Burca ausgestellt hatte. Ernst Habermann hatte Burca in den Jahren zuvor versteckt und vor Verfolgungen geschützt. So konnte die Familie rechtzeitig und mit viel Glück den Repressalien des kommunistischen Regimes entgehen, denn auch sie war zur Deportation in die russischen Kohleminen bestimmt.

Die Familie konnte mit dem letzten in Rumänien verbliebenen Schiff, der Transylvania, in Marseille landen, und hier begann für Hans-Christian Habermann eine lange Odyssee. Während Ernst Habermann in seiner alten Filiale in Triest einen Neuaufbau wagte, absolvierte Hans-Christian seine 13 Schuljahre in acht verschiedenen Städten und in drei verschiedenen Unterrichtssprachen (Französisch, Italienisch, Deutsch) mit einem deutschen Abiturabschluss in Bayern. Er studierte Maschinenbau und schloss die Fakultät für Brauwesen in München als Diplomingenieur ab. Damit blieb er der Familientradition, dem Brauwesen, treu, zunächst durch Brauereibauten und später durch Beteiligungen, wobei der Wandel der Zeiten ihn beruflich immer mehr zu der Nahrungsmittelindustrie leitete. Firmengründungen entstanden auch in Ostafrika, den USA, Kanada und in verschiedenen Ländern Europas.
König Carl XVI. Gustaf von Schweden ernannte Hans ...
König Carl XVI. Gustaf von Schweden ernannte Hans-Christian Habermann im Jahr 2014 zum Mitglied des „Chairman‘s Circle“ der „World Scout Foundation“; die Urkunde überreichte ein Mitarbeiter des Königshauses (von links).
So wie sein Vater ist auch Hans-Christian Habermann immer ein Kind Siebenbürgens geblieben, in seinem Wesen und seinen Unternehmungen. Beide suchten immer wieder den Kontakt zu den Landsleuten in Deutschland und Österreich und bekannten sich zu ihnen. Ernst Habermann starb 1987 und erlebte die Öffnung der Grenzen nicht mehr. Schon 1979 hatte er die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung gegründet, die viele Jahre über die Landsmannschaft den Menschen in der alten Heimat bescheidene Hilfen bringen konnte. Als die Grenzen Ende 1989 geöffnet wurden, wandte sich Hans-Christian Habermann sofort mit Vorschlägen an die Landsmannschaft. Anfang 1990 wurde ein Lastzug mit Hilfsgütern beladen und die Pakete wurden in Siebenbürgen in Orten verteilt, die die Landeskirche empfohlen hatte. Überhaupt war die evangelische Landeskirche in den Jahren danach der Partner für die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung, die ihren Einsatz in Siebenbürgen nach der Wende wesentlich verstärkte.

Einer der Orte, die Hans-Christian Habermann mit dem Lastzug besuchte, war Tartlau. Der dortige Pfarrer und Dechant des Kronstädter Kirchenbezirks, Johann Orendi, schilderte in beeindruckender Weise die damaligen Nöte der Kirche und besonders der Kirchenburg Tartlau. Diese wurde dadurch die erste Kirche, die die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung unterstützte. Im Beisein des Aussiedlerbeauftragten der Bundesregierung, Dr. Horst Waffenschmid, unterzeichneten Pfarrer Johann Orendi, Bischof D. Dr. Christoph Klein und Hans-Christian Habermann 1992 einen Patenschaftsvertrag, den die Stiftung für die Kirchenburg Tartlau übernahm. 1998 folgte die Renovierung der benachbarten Kirchenburg in Honigberg. In der Folge unterstützte die Stiftung die Landeskirche mit Mitteln für zahlreiche Kirchenburgen. 70 Notmaßnahmen wurden durchgeführt, wobei ganze Anlagen wie jene in Jakobsdorf, Alzen, Honigberg, Tartlau, Birthälm und Bulkesch renoviert wurden. Auch in Hermannstadt führte die Stiftung Sanierungsarbeiten durch, welche wissenschaftlich von österreichischen Fachleuten vorbereitet wurden, so dass das Brukenthalmuseum und das Bischofspalais heute dieselbe Außenfassade vorweisen können, die ihnen ihre Erbauer vor Jahrhunderten gegeben hatten.

Unter dem Vorsitzenden des Stiftungsrates Hans-Christian Habermann förderte die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung viele weitere kulturelle Belange der Siebenbürger Sachsen. 2007, als Hermannstadt zusammen mit Luxemburg Europäische Kulturhauptstadt war, wurde eine Reihe von Konzerten mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker organisiert. Ebenfalls in Hermannstadt fand 2007 das erste internationale Treffen der Pfadfinder statt.

Die Stiftung vergibt seit 1989 den „Ernst Habermann Preis“ an Siebenbürger Sachsen, die einen wertvollen Beitrag zu unserer Geschichte, Literatur und Musik geleistet haben. Studenten erhalten Hilfen für Ausgaben, die sie für ihre Forschungsarbeiten zu bestreiten haben. Gedenkstätten der Siebenbürger Sachsen erfahren Betreuung, wie zum Beispiel das Grab von Carl Filtsch in Venedig. Hans-Christian Habermann hat eine Sammlung von siebenbürgischen Gegenständen aller Art angelegt, welche als Vermächtnis in siebenbürgischen Händen verbleiben sollen. Er sammelt auf Auktionen siebenbürgische Gegenstände, welche ebenfalls für ein siebenbürgisches Museum bestimmt sind.

Für die Weiterführung siebenbürgischer Gepflogenheiten und Handfertigkeiten hat Hans-Christian Habermann die rumänischen Pfadfinder gewinnen können. Dafür wurde in Leschkirch das alte Pfarrhaus gemietet und mit Unterstützung der Stiftung renoviert und bewohnbar gemacht. Es ist zu einer Art Zentrale der Pfadfinder in Rumänien geworden, weitere Häuser sollen dazu kommen, um möglichst viele Pfadfinder in Siebenbürgen beherbergen zu können. So haben die Pfadfinder begonnen, die Töpferei nach siebenbürgischem Muster und mit unseren alten Dekorationen wieder aufleben zu lassen. Die Tätigkeit ist so erfolgreich, dass die Pfadfinder nunmehr Krüge und Teller mit alten Mustern anbieten können. Geplant ist ein eigenes Geschäft in Hermannstadt, um die Waren zu verkaufen. Die Pfadfinder sollen nach Vorstellung Habermanns auch zu weiteren Tätigkeiten hinzugezogen werden, wofür heute die Sachsen fehlen, zum Beispiel zur Bewachung von Kirchenburgen, wozu Kurse in Fremdsprachen und Geschichte angedacht sind.

An der Brukenthalschule in Hermannstadt werden auf seine Initiative Kurse über die siebenbürgisch-sächsische Geschichte abgehalten, welche sich großen Zuspruchs erfreuen. Überhaupt ist es ein Hauptanliegen Habermanns und damit der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, junge Menschen in Siebenbürgen und vielleicht auch über dessen Grenzen hinaus auszubilden. „Mit unseren bescheidenen Mitteln wollen wir eine bestmögliche Erziehung der jungen Menschen in unserer Umgebung bewirken“, sagt der 80-Jährige. „Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, aus der Vergangenheit der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft zu lernen und, womöglich auch durch Kennenlernen fremder Kulturen, ihr Wissen und Empfinden zu erweitern.“ Die Stiftung beabsichtigt, Studienbörsen für Studienaufenthalte in Ländern wie Italien (Venedig), China (Peking) u.a. zu vergeben. Solche Reisen sollen unter der Aufsicht namhafter Künstler erfolgen.

Hans-Christian Habermann sah und sieht in der siebenbürgisch-sächsischen Minderheit immer ein Spiegelbild Westeuropas, das sich in kleinem Maße, aber mit großem technischen Wissen und historischer Perfektion in Osteuropa entwickelt hat. Siebenbürgen ist ein Beispiel für ein friedliches Zusammenleben von Völkern seit dem 12. Jahrhundert bis heute, während es im Westen Europas immer wieder, bis in die jüngste Vergangenheit, blutige Religions- und Nationalitätenzwistigkeiten gab.

Heute leben nur noch rund 13.000 Siebenbürger Sachsen in ihrem angestammten Land. „Es ist die älteste Demokratie Kontinentaleuropas gewesen und geblieben. Für die heutige rumänische Mehrheit und die Staatsbürger soll es ein Beispiel für Ordnung, politisches Verständnis und gerechtes Zusammenleben sein“, meint Hans-Christian Habermann. Ihre Sprache ist verwandt mit jener in Luxemburg, entsprechend der Abstammung der Siedler, die vor bald 900 Jahren vom Westen in das Land jenseits der Wälder ausgewandert waren.

Hans-Christian Habermann wurde für sein außerordentliches und vielseitiges Engagement vielfach ausgezeichnet. Staatspräsident Klaus Johannis, damals Oberbürgermeister von Hermannstadt, überreichte ihm die Urkunde als Ehrenbürger von Hermannstadt. Die Universität Klausenburg verlieh ihm den Titel Dr. honoris causa. Zudem ist Hans-Christian Habermann Träger des Ordens für kulturelle Verdienste, im Offiziersrang, der Republik Rumänien. Seine Majestät, König Carl XVI. Gustaf von Schweden, ernannte ihn zum Mitglied des „Chairman‘s Circle“ der „World Scout Foundation“. Weiters ist er Mitglied des „Board of Directors“ der Guggenheim Foundation und Mitbegründer des „Fondo Ambiente Italiano“, der größten italienischen Privatstiftung zur Bewahrung des Kulturerbes, sowie Inhaber des „Europa Nostra“ Kulturpreises für seine philanthropischen Tätigkeiten.

Hans-Christian Habermann ist überzeugt: „Das Herz und das Wesen der Menschen, die sich um unsere Kulturen kümmern, bilden die Grundlage für die Entwicklung unserer Jugend, für eine friedliche und befriedigende Zukunft.“

Zu seinem 80. Geburtstag wünschen wir ihm Gesundheit, Glück und weiterhin viel Schaffenskraft für seine vielseitigen Vorhaben.

Bettina Ponschab

Schlagwörter: Kultur, Habermann, Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung, Hermannstadt

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