14. Dezember 2010

So wie früher …: Schlacht- und Backfest der SJD

Was wie ein Märchen klingt, war ein nicht ganz alltägliches Ereignis des früheren sächsischen Dorflebens, wie es heute in Siebenbürgen zwar auch noch zu erleben ist, in Deutschland aber der Vergangenheit angehört. Ein siebenbürgisches Schlacht- und Backfest organisierte die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) als Wochenendseminar vom 26. bis 28. November 2010 in der Nähe von Landshut.
Wer erinnert sich noch an seine Kindertage in Siebenbürgen, als im Winter vor Weihnachten, jeder sein Schwein schlachtete? Es war ein Fest, zu dem sich die Verwandten trafen, man sich Neuigkeiten erzählte, sich beratschlagte und es viel zu essen und zu trinken gab. Aber wer weiß noch genau, wie Wurst gemacht oder Brot im Steinbackofen gebacken wird?

Rund 20 Interessierte zwischen 20 und 83 Jahren, waren aus Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen nach Ast in Niederbayern angereist, um auf dem Anwesen der Familie Fronius die „gute, alte Zeit“ kurz aufleben zu lassen. Die einen kannten das Schlachten und Backen aus ihrer Kindheit, die anderen waren zum ersten Mal neugierig dabei, und jeder konnte sich – wenn er wollte – bei den verschiedenen Arbeiten einbringen. Fast wie bestellt, hatte sich auch der Winter eingestellt, da man Schlachttage in Siebenbürgen immer auch mit kaltem, schneereichem Wetter assoziierte.

Der Freitagnachmittag war dem Backen von Hausbrot gewidmet. Unter Anleitung des Hausherren Hans Fronius senior wurden die nötigen Arbeitsgänge durchgeführt: Teig wurde in der „Meald“ angesetzt, geknetet, man ließ ihn aufgehen, zündete den Backofen an, machte die Brote schön rund und schoss sie in den Ofen ein. Nach einer Stunde Warten wurde erstmals nachgeschaut und nach einer weiteren Stunde konnte man endlich die herrlichen Brotlaibe herausholen. Nun hieß es, Kruste abklopfen und die typisch siebenbürgischen Hausbrote auskühlen lassen. Die Krusten wurden für Krustenkaffee aufgehoben. Die Wartezeiten vertrieb man sich mit Vorbereitungsarbeiten für die Schlachttage wie Knoblauch und Zwiebeln schälen und Kartoffeln für das Abendessen kochen und schälen.
Strahlende Gesichter nach dem Schlachten und ...
Strahlende Gesichter nach dem Schlachten und Backen mit der SJD. Foto: Heike Mai-Lehni
Am Samstagmorgen ging es nach einem traditionellen Frühstück mit „gebaetem Bruit“ mit Schmalz und Knoblauch und Pfefferminztee und Krustenkaffee zum eigentlichen Teil des Wochenendes über: ein Schwein schlachten (fast) ganz nach alter Sitte. Hans Fronius junior, seines Zeichens Metzger in Altfraunhofen, hatte sich bereit erklärt, den Teilnehmern an diesem Wochenende alle Arbeitsgänge zu zeigen, die bei einem solchen Vorhaben durchzuführen sind. Der Metzger und einige der Jungs holten das Schwein von einem benachbarten Schweinebauernhof ab. Nichts für zarte Gemüter ist natürlich die Schlachtung selbst, auch wenn diese natürlich nicht mehr wie in Siebenbürgen durchgeführt werden kann und darf. Nach dem „Enthaaren“ und „Flemmen“ des Schweines und der anschließenden Untersuchung des Fleisches durch den Tierarzt wurde mit dem Tranchieren begonnen. Viele Hände ließen die Arbeit schnell von statten gehen. Natürlich durfte auch manch eine Palirunde nicht fehlen, bei den eisigen Temperaturen tat eine innere Wärmung ganz gut.

Während draußen im Schnee die Schweinshälften bearbeitet wurden, sorgte im Haus ein kleineres Team für Rahmhanklich. Diese wurden im Backofen gebacken, und kaum aus dem Steinbackofen heraus, ließ man sich die frische Köstlichkeit schmecken.

Mittlerweile war das Schwein zerteilt, so dass der Samstagnachmittag dem Wurstmachen gewidmet war. Es wurde gemeinsam zerkleinert, gerührt, gekocht, Wurst abgefüllt. Jede Menge Bratwurst, Kochwurst und Presswurst kamen nach und nach zum Vorschein. Am Abend war das Fleisch restlos verarbeitet, die Würste hingen in Reih und Glied draußen an der kalten Winterluft. Ein Teil der Bratwurst wurde in die Räucherkammer von Metzger Fronius gebracht, in der diese bis zum nächsten Morgen ihren typischen Rauchgeschmack bekommen sollten.

In geselliger Runde ließ man den Tag mit frisch gebratenem Fleisch und Bratwurst, Hausbrot, Palukes und Sauerkraut und manch gutem Tropfen ausklingen. Am nächsten Morgen wurden die Köstlichkeiten unter den Teilnehmern aufgeteilt. Manch einer war erstaunt, wie viele Würste er mit nach Hause nehmen konnte.

Der Dank der Teilnehmer ging an Hans Fronius senior und junior, die sich beide mit uns viel Mühe gegeben haben. Ein herzlicher Dank ging auch an Heike Mai-Lehni, die das Seminar seitens der SJD organisiert hat. Die bunte Altersmischung erwies sich bei einem solchen Vorhaben als sehr gewinnbringend, jede Generation konnte von der anderen etwas mitnehmen. Das Fazit der Teilnehmer an diesem doch etwas außergewöhnlichen Seminar war sehr positiv und den Reaktionen nach zu urteilen sehr gelungen. Kurz gesagt ein Schlacht- und Backfest „so wie früher“.

Rainer Lehni

Schlagwörter: SJD, Schlachtfest, Tradition, Kulinarik

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