10. Juni 2011

Festempfang in Nürnberg

Nürnberg - Ein Ort mit bald 500-jähriger Geschichte war Schauplatz des Festempfanges, den der Kreisverband Nürnberg am 3. Juni 2011 anlässlich seines 60-jährigen Bestehens veranstaltete: der Krafft'sche Hof in der Nürnberger Theresienstraße. „60 Jahre Kreisverband Nürnberg – eine kurze Zeit im Vergleich zur über 850-jährigen Geschichte der Siebenbürger Sachsen, aber gleichzeitig eine sehr lange Zeit, in einer modernen Gesellschaft, die viele Veränderungen im Leben und Wirken der Siebenbürger Sachsen mit sich gebracht hat“, befand die Kreisverbandsvorsitzende Inge Alzner in ihrer Begrüßungsansprache. Das zweitägige Jubiläumsfest (Bericht über die Veranstaltungen auf dem Sebalder Platz am 4. Juni folgt) stand unter dem Motto „Vereint feiern – Feiern vereint“.
Unter den über hundert geladenen Veranstaltungsteilnehmern hieß Inge Alzner eine stattliche Reihe von Ehrengästen aus Politik, Kirche und Verband der Siebenbürger Sachsen namentlich willkommen, allen voran als Vertreter des Schirmherrn Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly den 2. Bürgermeister der Stadt Nürnberg, Horst Förther (SPD), die Bundestagsabgeordneten Martin Burkert (SPD), Günter Gloser (SPD) und Michael Frieser (CSU), in Vertretung des Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch Bezirksrat Norbert Dünkel, aus dem Nürnberger Stadtrat Jutta Bär und Helmine Buchsbaum (beide CSU) sowie Gabriela Heinrich (SPD), die Vorsitzende des Nürnberger Rates für Integration und Zuwanderung, Diana Liberova, seitens des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland die Landesvorsitzende in Bayern, Herta Daniel, die stellvertretende Bundesvorsitzende Doris Hutter und die stellvertretende Bundesjugendleiterin der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD), Stephanie Kepp, vom Kreisverband Nürnberg des Bundes der Vertriebenen (BdV) Hans Werner Henning, den Vorsitzenden des Vereins Haus der Heimat, Horst Göbbel, aus den Kirchengemeinden Pfarrerin Stefanie Schmitt (Gemeinde der Reformations-Gedächtnis-Kirche Nürnberg-Maxfeld), Pfarrer Gerhard Schorr (Gemeinde Nürnberg-St. Sebald), Pfarrer Werner Konnerth (Gemeinde Schwabach-Unterreichenbach) und Pfarrer Johann Rehner.
Inge Alzner begrüßt die Festgäste im Krafft'schen ...
Inge Alzner begrüßt die Festgäste im Krafft'schen Hof. Fotos: Christian Schoger

Der Kreisverband Nürnberg mit seinen Nachbarschaften Erlangen, Eibach, Fürth, Herzogenaurach, Nösner, Roßtal und Schwabach wolle mit dieser Jubiläumsfeier den Städten Nürnberg, Erlangen, Fürth, Herzogenaurach und Schwabach, „den vielen Gruppen, die sich in unserer Gemeinschaft und in unserem Verband einbringen“ sowie „allen Helfern, die durch ihr Wirken die Veranstaltung überhaupt ermöglicht haben“, für ihre Unterstützung danken, unterstrich die charmante Moderatorin der Feierstunde, Inge Alzner.

„Hervorragendes Beispiel gelungener Integration“

Die musikalische Umrahmung der eineinhalbstündigen Feier gestaltete Sofia Fuss am Saxophon. Und wie virtuos.
Virtuose Solistin: Sofia Fuss am Saxophon ...
Virtuose Solistin: Sofia Fuss am Saxophon
Die 21-jährige Siebenbürger Sächsin studiert an der Hochschule für Musik Würzburg Klassisches Saxofon. Ihre präzise rhythmisierte Interpretation von „Prismes“, einem zeitgenössischen Stück des Schweizer Komponisten Jacques Wildberger (1922-2006), entfaltete geradezu eine suggestive Klangwirkung unter dem neogotischen Gewölbe.

Nur so viel zum besonderen Ort: Das Krafft’sche Haus mit dem gleichnamigen Hof (der ehemalige „Welserhof“, aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts) wurde im Zweiten Weltkrieg nahezu völlig zerstört, Anfang der 60er Jahre wieder aufgebaut und ist heute Eigentum der Stadt.

Den Reigen der Grußworte eröffnete Horst Förther. Die rund 20 000 im Großraum Nürnberg lebenden Siebenbürger Sachsen „fallen nicht auf“, meinte der 2. Bürgermeister der Stadt Nürnberg, da sie „vom ersten Tag an schnell integriert gewesen“ seien.
Horst Förther, 2. Bürgermeister der Stadt ...
Horst Förther, 2. Bürgermeister der Stadt Nürnberg
Der Verband der Siebenbürger Sachsen sei ein guter Ansprechpartner für die Landsleute. Als langjähriger mittelständischer Unternehmer lobte er die von den ehemaligen siebenbürgisch-sächsischen Mitarbeitern seiner Firma bewiesene Loyalität, Bodenständigkeit, Zuverlässigkeit und Treue, „Tugenden, die eine Gesellschaft aufbauen“. Mit Siebenbürgen verbinde seine Stadt insbesondere der 2006 abgeschlossene Freundschaftsvertrag zwischen den Metropolregionen Kronstadt und Nürnberg.

Michael Frieser, Integrationsbeaufragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gratulierte dem Kreisverband zu seinem 60-jährigen Jubiläum. Die Siebenbürger Sachsen gestalteten das Gemeinwesen aktiv mit und seien gerade im Kulturleben der Stadt sehr präsent. Frieser sprach von einem „funktionierenden Modell“, indem die Siebenbürger Sachsen ihren „Heimatverlust in kreative, positive Kraft umgewandelt“ hätten.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Burkert würdigte das „hervorragende Beispiel gelungener Integration“, das die Siebenbürger Sachsen in Deutschland darstellten. Diese hätten „in der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen eine Organisation gefunden, die (...) den Übergang in die neue Lebenswelt erleichtert hat, einem viele praktische Tipps im Umgang mit der Bürokratie und im Umgang mit uns bisweilen ja etwas starrköpfigen Franken gegeben hat.“

Stellvertretend für den Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius überbrachte die Landesvorsitzende in Bayern, Herta Daniel, die Glückwünsche des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland zum Jubiläum seines bundesweit größten Kreisverbandes. Dank und Anerkennung zollte Daniel allen ehemaligen und aktuellen Verantwortungsträgern des Kreisverbandes, desgleichen „den politischen Entscheidungsträgern der Stadt Nürnberg für die exzellenten Rahmenbedingungen der letzten Jahrzehnte“, welche die Aktivitäten des Kreisverbandes, mehr noch „die Integration der Siebenbürger Sachsen im Großraum Nürnberg überhaupt erst möglich gemacht haben!“ Herta Daniel händigte der Kreisverbandsvorsitzenden Inge Alzner eine Anerkennungsurkunde des Landesverbandes Bayern aus, in der die „in sechs Jahrzehnten mit Bürgersinn und Engagement, Kreativität und Hilfsbereitschaft (geleistete) vorbildliche Vereinsarbeit“ gewürdigt wird.

Horst Göbbel erhält Pro-Meritis-Medaille

Eine weitere Ehrung folgte. Die Landesvorsitzende Daniel überreichte Horst Göbbel die vom Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland verliehene Pro-Meritis-Medaille. „Als langjähriger Vorsitzender des landsmannschaftlichen Kreisverbands Nürnberg und Mitglied des Vorstandes auf Landes- und Bundesebene sowie als Gründungsvorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften hat sich Horst Göbbel für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen eingesetzt und ihren Zusammenhalt über Grenzen hinweg befördert.“ (Urkundentext) Göbbel habe „siebenbürgisch-sächsische Kultur und Tradition als Sinn und Inhalt unserer Gemeinschaft“ „nicht nur selber gelebt und gepflegt, sondern das Wissen darüber durch eigene Veröffentlichungen vermehrt, einer breiten Öffentlichkeit vermittelt und damit zu ihrer Bewahrung und Entwicklung beigetragen.“
Herta Daniel überreicht Horst Göbbel die vom ...
Herta Daniel überreicht Horst Göbbel die vom Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland verliehene Pro-Meritis-Medaille.
Die Reihe der Grußworte beschloss die stellvertretende SJD-Bundesjugendleiterin Stephanie Kepp, die stellvertretend für den Bundesjugendleiter Elmar Wolff Glückwünsche zum Jubiläum übermittelte. Kepp hob das die Gemeinschaft stärkende Engagement der siebenbürgischen Jugend hervor. Ihr Interesse, an den Wurzeln festzuhalten, Traditionen der Eltern zu pflegen, wachse immer mehr, was die steigenden Mitgliedszahlen belegten: 537 Mitglieder (Stand 1. Juni 2011), 37 davon aus dem Kreisverband Nürnberg. Inge Alzner überreichte jedem der Ehrengäste, die ein Grußwort sprachen, jeweils ein Exemplar der informativen und auch reich bebilderten 92-seitigen Festschrift „Vereint feiern – Feiern vereint. 60 Jahre Kreisverband der Siebenbürger Sachsen Nürnberg“.

„Leistungsstarke, kulturbereichernde Neubürger“

Eine kurze, pointierte Festansprache hielt der langjährige Vorsitzende des Kreisverbandes Nürnberg, Horst Göbbel. Einleitend erinnerte er an in der Siebenbürgischen Zeitung dokumentierte Zusammenkünfte siebenbürgischer Landsleute aus Nürnberg und Fürth im Jahre 1951. Der Festredner nahm einen „Sprung ins Jahr 2011“ vor und stellte in Anspielung auf das Motto dieses Jubiläumsfestes („Vereint feiern – Feiern vereint“) die rhetorische Frage, ob man „im Angesicht von Fukushima überhaupt feiern“ dürfe. Die Sorgen und Nöte, die auch zu unserem Leben gehörten, zu teilen, an deren Überwindung mitzuwirken, das sei auch „unserer mehr als 850-jährigen Geschichte nicht fremd“. Wer wie unser Kreisverband Gemeinschaft pflegt, wirkt befruchtend, und wer befruchtend wirkt, darf auch mit Gleichgesinnten und Gästen feiern“, schlussfolgerte Göbbel.

Mit Verweis auf das vorliegende Jubiläumsheft unterließ es der Festredner, auf die Historie und Gliederungen des Kreisverbandes Nürnberg einzugehen. Stattdessen stellte Göbbel thesenartig drei Aussagen gleichsam zur Diskussion: Es hätten sich „im Laufe der Jahre zu wenige von uns politisch aktiv engagiert“; wir seien „keine Migranten“, vielmehr „Deutsche mit Zuwanderungserfahrung“; „gelungene Kommunikation“ sei „einer der größten Leckerbissen in unserem Leben“. Der Kreisverband Nürnberg sei 60 Jahre hindurch mit seinen regelmäßigen und außerordentlichen Angeboten einschließlich Beratung in sozialen Fragen, kulturellen Veranstaltungen und Festlichkeiten zugleich „ein seelischer Anker, ein aktiver Begleiter, ein Integration befördernder Verbund, ein Quell sinngebender Impulse“. Im 60-jährigen Jubiläumsrückblick könnten sich seine Landsleute zweifelsohne als „leistungsstarke, kulturbereichernde Neubürger“ begreifen. Beispielhaft zeige dies die im Raum befindliche, noch zu eröffnende Ausstellung von Bronzeplastiken Kurtfritz Handels sowie von siebenbürgischen Kirchenpelzen.

Brauchtum und Erdnähe


Einen anregenden „Dialog“ von Kunst und traditionellem Handwerk suggerierten die Exponate der im Raum präsentierten Ausstellung: 16 Plastiken und 16 Zeichnungen des siebenbürgischen Bildhauers Kurtfritz Handel, Träger des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises 2009, sowie vier prachtvolle Kirchenpelze.
Doris Hutter ...
Doris Hutter
Letzteren widmete Doris Hutter, stellvertretende Bundesvorsitzende und Kulturreferentin des Landesverbandes Bayern, grundlegende Gedanken zur Tracht.
Der Bildhauer Kurtfritz Handel führt in die ...
Der Bildhauer Kurtfritz Handel führt in die Ausstellung ein.


Nachdem Kurtfritz Handel von Inge Alzner kurz vorgestellt worden war, übernahm es der Künstler, persönlich in die im Krafft’schen Hof präsentierte Auswahl seiner Arbeiten einzuführen. Die gezeigten Kirchenpelze und seine hier ausgestellten Plastiken und Zeichnungen entsprängen „dem gleichen Geist“, bemerkte Handel, nämlich „der Verwurzelung im Brauchtum und Erdnähe“. Bestimmend für sein Werk sei der „Dialog zwischen meiner Prägung in Siebenbürgen und meiner neuen Heimat in Deutschland, einer neuen dynamischen Welt in stetem Wandel“.






Nach den aufschlussreichen Ausführungen des Künstlers war die Ausstellung eröffnet.
Gegenüberstellung: der Organist Eckart Schlandt ...
Gegenüberstellung: der Organist Eckart Schlandt neben seiner Porträtbüste von Kurtfritz Handel.
Die ausgestellten siebenbürgischen Kirchenpelze ...
Die ausgestellten siebenbürgischen Kirchenpelze waren ein Blickfang.

Ebenfalls eröffnet wurde durch die Kreisverbandsvorsitzende Inge Alzner das im schmucken Innenhof aufgebaute kalte Büfett mit siebenbürgischen Spezialitäten. Der weitere Abend stand im Zeichen von Begegnung und Austausch.

Christian Schoger

Schlagwörter: Nürnberg, Jubiläum, Ausstellung

Bewerten:

28 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.