3. Dezember 2013

Kreisgruppe Ludwigsburg: In Erinnerung an Melitta Capesius

Am 12. November 2013 verstarb auf Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar unsere langjährige Kreisgruppen- und Ehrenvorsitzende, Frau Diplomingenieurin Melitta Capesius. Wir nehmen Abschied von ihr, indem wir uns vor dem zu Ende gegangenen Leben, welches diese für uns so wichtige Persönlichkeit ausmachte, verneigen. Sie war mit uns auf mannigfaltige Weise verbunden, war Teil unseres Lebens, hat uns auf dem gemeinsamen Weg begleitet und geprägt. Ihr Wesen war durch ihre Herkunft und ihren Werdegang beeinflusst und zeichnete sich durch Fleiß, Ordnung, Selbstdisziplin und Organisationstalent aus, Eigenschaften, welche unmittelbar ihre Persönlichkeit ausmachten. Dahinter verbarg sich jedoch auch ein fühlender, warmherziger, sich rührend um seine Nächsten kümmernder sensibler Mensch, der aber aufgrund seiner Lebenserfahrung sehr vorsichtig mit der Äußerung dieser eher verletzlichen Seite umging.
Melitta Capesius wurde am 20. Juni 1935 als erstgeborene Tochter von Dr. Friederike und Dr. Viktor Capesius in Hermannstadt geboren. Die junge Familie zog bald nach Bukarest um, wo sie ihre ersten Kindheitsjahre verbrachte und bereits früh zu ihrer Großmutter nach Wien fahren durfte. In den darauffolgenden Jahren gesellten sich ihr noch zwei Schwestern, Ingrid und Christa, hinzu.

Die schönsten Jahre der jungen Familie wurden früh getrübt, als sie im November 1940, nach dem zweiten Wiener Schiedsspruch, erst ihr Zuhause in Klausenburg und, nachdem ihr Vater 1943 zum Kriegsdienst eingezogen wurde, auch Bukarest verlassen mussten. Die Mutter zog mit den drei kleinen Mädchen nach Schäßburg, wo sie vorerst mit ihren drei Cousinen am Knopf wohnten. Hier besuchte Melitta Capesius die Grundschule und danach, da es zu der Zeit kein deutschsprachiges Gymnasium in Schäßburg gab, das rumänische Mädchenlyzeum. Ihre Leistungen in Mathematik und Physik waren überdurchschnittlich und veranlassten sie in Temeschburg Maschinenbau zu studieren. Leider wurde sie aus politischen Gründen dieser Hochschule verwiesen und konnte in Rumänien ihr Studium nicht beenden. Dafür musste sie sich in wechselnden Stellen in Rosenau und Onești bis zu ihrer Ausreise 1964 durchschlagen. Ihr Maschinenbaustudium nahm sie an der technischen Hochschule in Stuttgart wieder auf und beendete es im Jahre 1969. Als Konstruktionsingenieurin arbeitete sie danach bei der Firma Mann+Hummel in Ludwigsburg, aus der sie Ende 1992 in den Ruhestand verabschiedet wurde. Hier verbrachte sie an der Seite von Kurt Luxinger sehr schöne Jahre und die Stadt wurde zu ihrer zweiten Heimat. Sie unternahm gerne Reisen und entwickelte die Fotographie zu ihrem Hobby, zwei Leidenschaften, die sie bis zum Schluss pflegte.

Melitta Capesius (1935-2013) ...
Melitta Capesius (1935-2013)
Ihre Prägung durch ihr Elternhaus und die Gesellschaft, in der sie aufgewachsen war, ließen sie ein Gespür für die Belange ihrer Landsleute entwickeln, welches sie in ihrem ehrenamtlichen Einsatz über viele Jahre zur Geltung gebracht hat. Ab 1979 als Kulturreferentin, ab 1986 bis 2006 als Kreisgruppenvorsitzende und danach bis zu ihrem Tod als Ehrenvorsitzende hat Melitta Capesius die Geschicke des landsmannschaftlichen Kreisverbandes entscheidend geprägt. Somit ist ihr Wirken von den Anfängen dieser Gliederung mit Schicksal und Werdegang vieler Landsleute in Ludwigsburg und Umgebung in den Jahren der größten Zuwanderungsströme verwoben. Der Erfolg der Kreisgruppe Ludwigsburg ist entscheidend durch Menschen wie Melitta Capesius auf der Aufnahme von uns Neuankömmlingen und unserer Betreuung in den ersten Jahren aufgebaut. Eine Anlaufstelle und eine Adresse für die Sorgen und Nöte zu haben, war für die meisten von uns wichtig, so dass daraus eine zusammenstehende, im Leben verbundene Gemeinschaft wurde.

Das Jahresprogramm an Veranstaltungen, welches bis heute das Leben der Kreisgruppe der Siebenbürger Sachsen in Ludwigsburg bestimmt, wurde durch sie geprägt. Daraus ragen die wunderschönen, vom Anspruch Studienfahrten in nichts nachstehenden Reisen heraus, die sie gerne für uns organisiert hat, immer bedacht, es für alle interessant, jedoch erschwinglich zu gestalten. Die Bälle, kulturellen Veranstaltungen und Mitgliederversammlungen, bei denen immer ein Vortrag angeboten wurde, runden auch heute die Anzahl von Veranstaltungen ab. Die Belange der Jugend hatte sie stets im Auge, immer bereit, für die einsatzfreudigen jungen Menschen ihr Möglichstes zu tun, um sie in die Vereinsarbeit einzubinden. Fördernd, jedoch auch fordernd trug sie zu deren Entwicklung bei. Aus der Mitte unserer Kreisgruppe setzten und setzen sich heute junge Menschen in den Gremien der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland auf Landes- und Bundesebene ein. 1984-1986 war Melitta Capesius im Landesvorstand Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen aktiv.

Mit großem Selbstverständnis widmete sie sich den Vorgängen innerhalb der Kreisgruppe ebenso wie über deren Grenzen hinaus. Der Besuch der Jubilare sowie die Begleitung der Verstorbenen aus unserer Mitte auf ihrem letzten Weg waren ebenso selbstverständlich wie die gemeinsamen kulturellen Veranstaltungen mit den Nachbarkreisgruppen sowie die aktive Unterstützung unserer sozialen und kulturellen Einrichtungen auf Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar. Aufgrund ihrer Tätigkeit als Kreisgruppenvorsitzende war sie auch über lange Jahre im Kreisvorstand des Bundes der Vertriebenen (BdV) aktiv. Solange sie die Kraft hatte, widmete sie sich trotz ihrer schweren Krankheit den Aufgaben, die sie sich selbst gestellt hatte. In Anerkennung ihrer Leistungen wurde sie mit dem goldenen Ehrenwappen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland geehrt.

Aus diesem Einsatz ergaben sich ihre vielseitigen persönlichen Kontakte und ihr hoher Bekanntheitsgrad. Für viele war sie das Synonym für die Kreisgruppe Ludwigsburg, erkennbar auch daran, dass ich bei meinen Terminen auf Ämtern, mit Organisationen und Landsleuten immer wieder auf Melitta Capesius angesprochen wurde, da sie bei allen sehr präsent war und respektiert wurde. Am Ende in Gundelsheim umsorgt, kam sie immer wieder gerne nach Hause zurück, bis es ihre schwindenden Kräfte nicht mehr zuließen. Von Schloss Horneck aus sorgte sie sich weiter um die Themen, denen sie sich bis zum Frühjahr dieses Jahres gewidmet hatte. Am 12. November ist sie sanft aus diesem Leben hinübergeglitten.

Ihr Tod hinterlässt den Platz, den sie im Leben an unserer Seite innehatte, jedoch nicht leer, da wir ihn mit der dankbaren Erinnerung an sie ausgefüllt wissen. Fehlen wird sie uns trotzdem. Ihr hoher Einsatz für unsere Gemeinschaft, für die Menschen in unserer Kreis- und Landesgruppe, die von ihrer ehrenamtlichen Arbeit unterstützt wurden, lässt uns dankbar dafür sein, dass wir sie kennenlernen durften.

Helge Krempels

Schlagwörter: Nachruf, Kreisgruppenvorsitzende, Ludwigsburg

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Neueste Kommentare

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