16. April 2010

20-jähriges Jubiläum der Theatergruppe Augsburg

Die Theatergruppe Augsburg unter der engagierten Leitung von Maria Schenker hat seit ihrer Gründung 1990 schon über 90 erfolgreiche Auftritte bestritten. Rund 100 Personen verschiedenen Alters wirkten in der Gruppe mit, die sich im Laufe der Jahre immer wieder veränderte, aber ohne Unterbrechung bestehen blieb. Die Theatergruppe ist ein Eckpfeiler der Kreisgruppe Augsburg und prägt das Gemeinschaftsleben der Siebenbürger Sachsen in Augsburg.
Hannelore Scheiber ist sogar der Meinung: „Mit den aus Siebenbürgen stammenden Stücken haben wir auch viel Vergangenheitsbewältigung betrieben, und damit wurde so mancher Psychologe überflüssig.“

Zur 20-jährigen Jubiläumsfeier am 21. März waren rund sechshundert Gäste im Reese-Theater in Augsburg erschienen. Gottfried Schwarz, Vorsitzender der Kreisgruppe Augsburg, konnte in seiner Ansprache gleich mehrere Ehrengäste begrüßen, darunter Herta Daniel, Vorsitzende des Landesverbands Bayern, Pfarrer Werner Ungar, Hannelore Scheiber, ehemalige Landesvorsitzende, und Jürgen Scheiber, Ehrenvorsitzender der Kreisgruppe Augsburg.
Die Theatergruppe Augsburg unter der Leitung von ...
Die Theatergruppe Augsburg unter der Leitung von Maria Schenker (erste von rechts) führte zum 20-jährigen Jubiläum das Stück „Hä loht der Handg begruewen“ auf. Foto: Horst Schunn
Die Landesvorsitzende Herta Daniel ging in ihrer Rede auf die lange Tradition des Theaterspielens in Siebenbürgen ein. An diese knüpften auch die Siebenbürger Sachsen in Augsburg an. 1989 gelang es Maria Schenker und Hannelore Scheiber, damals beschäftigt im Integrationsreferat für Aussiedler aus Siebenbürgen, zahlreiche Landsleute für eine Theatergruppe zu begeis­tern. Viele von ihnen waren schon in der Heimat Laienschauspieler gewesen. Frau Schenker hat schon in der alten Heimat erfolgreich Theatergruppen geleitet und wurde mit verschie­denen Preisen, sogar auf Landesebene, ausgezeichnet. So konnte die neue Theatergruppe schon wenige Monate später, im März 1990, ihr erstes Stück, „Der Pretzen Getz“, aufführen.

Einen würdigen Auftakt zur 20-jährigen Jubiläumsfeier bot die Blaskapelle Augsburg, diesmal unter der Leitung von Helmut Martini. Durch das vielseitige Programm führte gekonnt Annemarie Klein. Vor und nach der Aufführung des Theaterstücks wurden viel Lob und Dank ausgesprochen, und Maria Schenker war nicht die Einzige, die einige Tränen zurückhalten musste. In ihrer Dankesrede sagte sie bescheiden: „Ich bin gar nicht so gut, ich kann nur viel reden.“ Die Kindertanzgruppe überreichte ihr ein Album mit selbst gemalten Bildern, seitens der Handarbeitsgruppe spendeten Adelheid Kellinger und Krimhild Bonfert selbst gestickte Trachtenbeutel. Der Augsburger Chor unter der Leitung von Elisabeth Schwarz bot mehrere Lieder zu Ehren der Theatergruppe dar: „Als Freunde kamen wir“, „Kein Fleckchen hier auf dieser Erde“ u. a. Damit trug der Chor zum abwechslungsreichen Programm des Tages bei. Winfried Römer zitierte Schuster Dutz. Die Blaskapelle Augsburg brachte für die Jubilare ein Ständchen mit dem „Seminaristen-Marsch“ dar.

Sichtlich gerührt nahm Maria Schenker die Geschenke entgegen, unter anderem mehrere Blumensträuße und eine Fotocollage, gestaltet von den Mitgliedern der Theatergruppe. Später sagte sie, dass der Abend „ein Dankeschön für all die Müh’ und Plag“ der vergangenen Jahre gewesen sei. Außerdem sei sie sehr froh, dass sie so wunderbare Leute gefunden habe, die genau wie sie seien. „Verrückt, verrückt nach Erhaltung des Brauchtums und verrückt nach der Weiterführung der Traditionen.“ Sie will die Theatergruppe betreuen, solange sie kann, und wünscht sich, dass diese weiterbestehen möge.

Dem Stück folgten weitere Reden sowie Urkunden, die vom Bundesvorsitzenden Bernd Fabritius ausgestellt worden waren und Dank und Anerkennung ausdrückten. Urkunden gingen an: Maria Schenker (Gründerin und Leiterin), Susanne Becker (Gründungsmitglied), Helmut Schwarz (Gründungsmitglied) und Ute Schuller (langjähriges Mitglied). Danach wurden Ehrenurkunden an aktive und ehemalige Mitglieder der Theatergruppe vergeben. Im Anschluss fand ein kleiner Umtrunk bei Hanklich und Baumstriezel für alle Darsteller und Gäste statt.

Sabine Streck

Siebenbürgisch-sächsische Theatertradition in Augsburg

„20 Jahre Theatergruppe Augsburg“ könnte auch lauten: „20 Jahre Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen in Augsburg“. War es doch 1990, als Landsleute aus allen Ecken Siebenbürgens in Augsburg eine zweite Heimat gesucht und auch gefunden haben. Das Bedürfnis nach Gemeinschaftserlebnissen unter Wahrung der siebenbürgischen Tradition war besonders ausgeprägt. In diesem Geiste wurde die Theatergruppe Augsburg gegründet. Für alle, die 2007 in die damalige Europäische Kulturhauptstadt reisen durften, gehören die Auftritte in Hermannstadt und danach in Petersberg mit „Und wonn hie dennich kit“(„Und wenn er dennoch kommt“) von Maria Haydl sicherlich zu den Höhepunkten ihrer „Schauspielkarierre“. Zurzeit besteht die Theatergruppe aus 37 Mitgliedern, die aus 23 siebenbürgischen Ortschaften stammen, zwischen elf und 68 Jahre alt sind und ganz unterschiedlichen Berufsgruppen angehören – vom Schüler bis zum Rentner. Alle haben als gemeinsames Ziel die Erhaltung und Pflege des siebenbürgischen Brauchtums, der Tracht, der siebenbürgischen Mundart und des sächsischen Liedgutes. Bei den vielen Auftritten der Kreisgruppe Augsburg sowie den Gastauftritten bei anderen Kreisgruppen (u. a. in Berlin) wurden viele Theaterstücke gezeigt, die zum größten Teil das Dorfleben im Siebenbürgen des 19. und 20. Jahrhunderts widerspiegeln. Allein „De Breokt vun Urbrijen“ wurde 23 Mal gespielt und somit einem breiten Publikum dargeboten.
Die Landesvorsitzende Herta Daniel (rechts) ...
Die Landesvorsitzende Herta Daniel (rechts) gratuliert Maria Schenker, der Leiterin der Theatergruppe Augsburg, zum 20-jährigen Jubiläum. Foto: Horst Schunn
Der Erfolg motivierte immer wieder zum Weitermachen und so bot die Gruppe beim 20-jährigen Jubiläum vor gut 600 begeisterten Zuschauern die Premiere ihres 14. Theaterstückes „Hä loht der Hangd begruewen“ („Da liegt der Hund begraben“) von Wolfgang Ernst. Wie in vielen Bauerntheatern mit siebenbürgischem Hintergrund ging es auch hier ums Heiraten, besser gesagt, um den Wunsch des Vaters (dargestellt von Georg Weiss), seine Tochter an einen Ingenieur aus der Stadt zu bringen. Der Ingenieur, von Andreas Roth sehr überzeugend dargestellt, muss sein Diplom wohl mit Hilfe seines betuchten Onkels käuflich erworben haben, denn er fällt nicht durch Wissen auf, sondern durch tölpelhaftes Verhalten aus dem Rahmen. Die selbstbewusste Tochter, mit Überzeugungskraft dargestellt von Ute Schuller, setzt ihren Willen durch, indem sie am Ende des Stücks ihr Herzblatt kriegt, den Jäger Waldemar (dargestellt von Helmut Schwarz). Bis es aber soweit kommt, müssen einige Ungereimtheiten geklärt und die aufgeheizten Dorfgemüter besänftigt werden. Beim Milizmann in Original-Uniform, dargestellt von Martin Schenker, gehen zuhauf Beschwerden ein, doch statt den Geschehnissen auf den Grund zu gehen, sucht dieser immer wieder den Rat des Gemeindeoberhauptes. Waldi heißt der Jäger – so heißt aber auch sein Hund, der viel Schaden im Dorf anrichtet. Jinni (Susanna Becker), die Cousine und gleichzeitig Haushälterin des Bürgermeisters, und Kummermann (Michael Pelger) sinnen auf Rache, wie auch Gertrude, die Frau des Schuldirektors (Regina Martini). Der Schuljunge Seppi spielt eine Schlüsselrolle und löst das Rätsel, das die Wende zum Guten einleitet. Dominik Schwarz überzeugt in der Rolle des Kindes durch seine natürliche Ausstrahlung und mit einem wunderschön klingenden Sächsisch.

Die Theatergruppe mit ihrer überaus engagierten Leiterin Maria Schenker erfuhr an diesem Nachmittag des 21. März 2010 besondere Ehre. Nach der Aufführung wurde die Jubilarin Maria Schenker von Herta Daniel, der Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern, mit rührenden Worten geehrt und mit einer Urkunde ausgezeichnet. Anschließend verlas und überreichte Frau Daniel die vom Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius ausgestellte Auszeichnung. Das Goldene Ehrenwappen des Verbandes war ihr bereits 2007 verliehen worden. In ihrer Laudatio hob Frau Daniel das vorbildliche Wirken von Frau Schenker im Bereich des Theaterspielens wie auch in der Trachten- und Menschenkunde und der Pflege der Mundart hervor. Die Kulturreferentin des Landesverbandes Bayern, Doris Hutter, schickte einen Brief, der von Ute Schuller vorgelesen wurde. Darin hebt sie hervor: „So viele Jahre im Einsatz zu sein, erfordert viel Kraft und Idealismus.“

Die Kreisgruppe Augsburg nahm das 20-jährige Jubiläum zum Anlass, alle aktiven und ehemaligen Mitglieder der Theatergruppe (dazu gehören neben den Darstellern selbstverständlich auch die „Heinzelmännchen“, die für einen stets reibungslosen Ablauf zuständig sind) für ihre Verdienste an dem Erhalt und der Pflege des siebenbürgischen Brauchtums zu ehren. Gottfried Schwarz, Vorsitzender der Kreisgruppe Augsburg, überreichte zahlreiche Urkunden. Als dann alle Ausgezeichneten die große Bühne des Reese-Theaters Augsburg regelrecht gefüllt hatten, war der Anblick dieser zum großen Teil in Trachten gekleideten Siebenbürger ein weiterer Höhepunkt des Nachmittags. In ihren Schlussworten sprach die Moderatorin Annemarie Klein vielen Zuschauern aus dem Herzen: „Liebe Frau Schenker, wir danken Ihnen, dass Sie mit so viel Liebe zum Detail und so viel Hingabe uns allen schöne Augenblicke und unvergessliche Stunden geschenkt haben. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Freude, Kraft und Gesundheit, damit dies alles noch viele Jahre erhalten bleiben kann.“ Der Herr erhöre diese Worte.

Sigrid Schnell

Online-Bildergalerie:

20-jährige Jubiläumsfeier der Theatergruppe Augsburg, Fotos: Horst Schunn, Sabine Streck

Schlagwörter: Augsburg, Theater

Bewerten:

88 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.