16. November 2011

Das Gesicht der Bibliothek: Edith Maurer gestorben

Sie war ein Begriff für jeden, der in den achtziger und neunziger Jahren die Siebenbürgische Bibliothek aufsuchte oder nutzte: Edith Maurer, Bibliothekarin auf Schloss Horneck, starb im Alter von 72 Jahren am 16. Oktober 2011 in Heilbronn. So wie Balduin Herter, den wir eine Woche vor Frau Maurer zu Grabe trugen, das Gesicht der Gundelsheimer Kultureinrichtungen als Gesamtheit war, so war sie selber das Gesicht der Bibliothek.
1939 in Hetzeldorf geboren, war sie nach dem Besuch der Volksschule in ihrem Heimatort und dem Lyzeum in Schäßburg in den Jahren 1962-1968 bereits als Bibliothekarin in der Hetzeldorfer Dorfbibliothek tätig. Nach der Auswanderung nach Deutschland 1979 fing sie im März 1980 an, in der Siebenbürgischen Bibliothek zu arbeiten, zunächst über diverse Hilfsanstellungen, ab 1986 schließlich auf einer neu geschaffenen Planstelle. Es war dies die Zeit, in der die Bibliothek immer größer und immer professioneller wurde. Vorher hatte Balduin Herter allein und mit wechselnden Hilfskräften die Grundlagen gelegt, der Bestand lag 1980 bei 16600 Einheiten.
Edith Maurer, wie sie alle kannten: Gut gelaunt ...
Edith Maurer, wie sie alle kannten: Gut gelaunt bei der Arbeit in der Siebenbürgischen Bibliothek, im Hintergrund Balduin Herter (1987). Foto: Siebenbürgen-Institut
Mit Edith Maurer kehrte Beständigkeit in die Bibliotheksarbeit ein: Sie organisierte die Titelaufnahme, die Katalogbetreuung, lange Zeit auch den Schriftentausch, die an Umfang stetig zunehmende Ausleihe, auch die Fernleihe per Post, und die immer umfänglicher werdende Benutzerbetreuung. Darüber hinaus warb sie stets für den Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, der die wissenschaftliche Betreuung der Bibliothek sicherte: Sie hat in den rund zwei Jahrzehnten ihrer Tätigkeit ohne Frage die meisten Mitglieder für den Verein gewonnen.

Alle kannten sie als die stets gut gelaunte und immer hilfsbereite, nie um die richtige Antwort verlegene Bibliothekarin, die meist als erste in die Bibliothek kam und als letzte ging. Die Betreuer der meist auswärts durchgeführten wissenschaftlichen Projekte schätzten sie genauso wie die Bibliotheksleitung wegen ihrer Zuverlässigkeit und ihrer umfassenden Kenntnis praktisch aller Bücher mit ihren Unterauflagen, der Unzahl an Periodika und der vielfältigen Kleinschriften.

Bei der Trauerfeier für Edith Maurer sagte der Vorsitzende des Landeskundevereins, Dr. Ulrich A. Wien: „Ihr freundliches, den Menschen zugewandtes Wesen, ihre unbestrittene Souveränität als wandelnder Bibliothekskatalog, ihre Tatkraft, ihr rascher Zugriff und die Bereitwilligkeit, die Wünsche der Nutzer aus nah und fern zu erfüllen, haben sie zum sehr geschätzten, professionellen und harmonisch-atmosphärischen Mittelpunkt und zur Ansprechpartnerin für Wissenschaftler und Landsleute werden lassen. Sie wusste über Querverbindungen, Land und Leute und auch über sehr viele siebenbürgische Landsleute Bescheid und konnte so auch viele Kontakte vermitteln.“ Kurz, Edith Maurer stand für das, was zur Stärke des Teams des Siebenbürgen-Instituts wurde: Engagement weit über das Übliche hinaus und Begeisterung für die eigene Aufgabe.

Als sie mit 60 Jahren in den Ruhestand ging, war der Bibliotheksbestand auf 56.400 Einheiten angewachsen. Sie widmete sich nun vor allem der Familie mit den inzwischen mehreren Enkeln und einer in Westungarn erworbenen Hofwirtschaft. Doch wenn sie zuweilen in der Bibliothek war und dort Erledigungen vornahm oder mithalf, war es so, als sei sie nur eben kurz und nicht Monate oder Jahre weggewesen, sie gehörte einfach dazu. Kaum vorstellbar, dass sie nicht mehr vorbeikommen wird. In Gedanken wird sie sicher noch lange zwischen den Regalen hervorschauen, vergessen wird man Edith Maurer hier nie.

H. R.

Schlagwörter: Nachruf, Siebenbürgische Bibliothek, Gundelsheim

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Neueste Kommentare

  • 16.11.2011, 07:22 Uhr von bankban: Möge sie in Frieden ruhen. Ich werde sie in lieber Erinnerung behalten. [weiter]

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