29. September 2012

Rumänisches Filmfest in München

Die rumänische Filmkultur hat eine lange und starke Tradition und in den letzten Jahren wird sie mit weltweiter Anerkennung überschüttet. Die Organisatoren der Rumänischen Kulturtage (s. dazu "Rumänische Kulturtage 2012 in München")haben es sich zur Aufgabe gemacht, jedes Jahr die neuesten filmischen Kreationen und ein paar der vergessenen Juwelen aus der kommunistischen Ära dem Publikum in München vorzustellen.
Mit großer Unterstützung des Filmmuseums der Stadt München und des Zentrums des Nationalen Filmes aus Bukarest sind die Rumänischen Filmtage nach nunmehr sieben Jahren zu einem Filmfest geworden. Zum ersten Mal werden in diesem Herbst zwei Ehrenpreise verliehen. Das Besondere an der gegenwärtigen Filmlandschaft in Rumänien ist, dass immer mehr Filme den multikulturellen Aspekt einbeziehen, sowohl in den Geschichten als auch in der Art der Co-Produktionsarbeiten. Hier das detaillierte Programm, das im Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München (www.filmmuseum-muenchen.de) ab dem 11. Oktober in Original mit englischem Untertitel gezeigt wird:

Freitag, 11. Oktober, 19.00 Uhr: Der Eröffnungsfilm CRULIC, DRUMUL SPRE DINCOLO (DER WEG INS JENSEITS – 2011, 73 min.) erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, Claudiu Crulic aus Dorohoi, der schuldlos inhaftiert wird und 33-jährig in Krakau nach einem Hungerstreik stirbt. Der Animationsfilm von Anca Damian wirbelt alle Techniken durcheinander: Aquarell, Realfilm, Fotografie, Zeichnungen, Knetmasse und Computergrafik, und lässt Vlad Ivanov, als Crulic, in weichem Moldauisch das kurze Leben von Crulic zärtlich, humoristisch und emotional einfangen. Für diesen Film sowie den Kurzfilm CHIPURI (GESICHTER), der davor läuft, erhält die Filmemacherin Anca Damian einen Ehrenpreis. Anschließend findet im Foyer des Stadtmuseums ein festlicher Empfang statt, zu dem das Publikum eingeladen ist.

Samstag, 12. Oktober, 21.00 Uhr, und Sonntag, 13. Oktober, 21.00 Uhr: Hommage an ein fast vergessenes Filmgenie der 60er und 70er Jahre: Mircea Saucan: MEANDRE (1967, 89 min) ist ein stilistisch besonders wertvoller Film, in schwarz-weißer, geometrischer Schönheit, nach einem Drehbuch von Horia Lovinescu. Die symbolistische Ästhetik dieses Filmes kam in der stalinistischen Ära nicht gut an. Saucans Film 100 LEI (1974, 98 min.) wurde dem Regisseur dann zum Verhängnis. Es ist sein letzter Film, den er in die Zeit des Kulturkampfes 1971 setzt und in dem er die Geschichte zweier konträrer Brüder erzählt, einem unangepassten Hippie (gespielt von Dan Nutu) und einem frustriert-angepassten Schauspieler (in der Interpretation von Ion Dichiseanu). Der Film wird gewaltsam zensiert, das Negativ zerstört und der Regisseur psychiatrisch zwangsbehandelt. Drei heimlich gezogene Positive überdauern die Diktatur, und nur eines ist erhalten geblieben. In beiden Filmen spielt Dan Nutu die Hauptrolle, der in diesem Jahr von der Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition und dem Filmmuseum München einen Preis für sein Lebenswerk erhält.

Mittwoch, 17. Oktober, 21.00 Uhr: BUNA! CE FACI? (HALLO! WIE GEHT’S? – 2011, 105 min.) ist eine romantische Komödie von Alexandru Maftei: Ein in zwanzig Jahren einander gleichgültig gewordenes Ehepaar findet sich unwissend wieder im Internet, beim Chatten. Die Geschichte wird durch die Augen des stark pubertierenden Sohnes auf eine sehr witzige Art erzählt. Samstag, 20. Oktober, 21.00 Uhr: PESCUIT SPORTIV (SPORTANGELN – 2007, 84 min.). Radu Jude verfolgt aus einer subjektiven Kameraperspektive, wie ein junges Liebespaar auf dem Weg zum Picknick eine Prostituierte anfährt und sie dann nicht mehr los wird. Eine schwarze Komödie in hervorragender Besetzung.

Sonntag, 21. Oktober, 21.00 Uhr: DIN DRAGOSTE CU CELE MAI BUNE INTENTII (AUS LIEBE MIT DEN BESTEN ABSICHTEN – 2011, 105 min.). Das tragikomische Familiendrama von Adrian Sitaru erzählt die panische Reaktion von Alex, einem Endzwanziger, dessen Mutter nach einem Schwächeanfall ins Krankenhaus kommt. Während es der Mutter immer besser geht, zerfließt der Sohn in Selbstmitleid, Selbstvorwürfen und Selbstkritik.

Mittwoch, 24. Oktober, 21.00 Uhr: VISUL LUI ADALBERT (ADALBERTS TRAUM – 2011, 98 min.), in der Regie von Gabriel Achim, mit Gabriel Spahiu, eines der markantesten Gesichter des neuen rumänischen Kinos in seiner ersten Hauptrolle. Eine wunderbare, schwarze Komödie, die eine Nacht und einen Tag im Mai 1986 aus dem Leben eines überforderten Ingenieurs erzählt, der es in seiner Firma jedem Recht machen will und selber einem Traum nachjagt.

Freitag, 26. Oktober, 21.00 Uhr: DUPA DEALURI (JENSEITS DER HÜGEL – 2012, 150 min.), der neueste Film des erfolgreichen Filmemachers Cristian Mungiu, dessen beide Hauptdarstellerinnen in Cannes prämiert wurden. Das Melodram um eine Frau, die zurück nach Rumänien kommt, um ihre Jugendfreundin und spätere Geliebte nach Deutschland mitzunehmen, aber am Kampf gegen die orthodoxen Dogmen scheitert, besticht durch die emotionalen und tiefgründigen Bilder. Samstag, 27. Oktober, 21.00 Uhr: Kurzfilm: ALEXANDRA 2008, 27 min., und der darauf folgende Spielfilm TOATA LUMEA DIN FAMILIA NOASTRA (ALLE IN UNSERER FAMILIE – 2012, 107 min.), von Radu Jude sind zwei Familiendramen, die sich ergänzen und trotzdem für sich selbst stehen. Während im Kurzfilm um die Deutungshoheit des Wortes „Papa“ gestritten wird, steigert sich der Langfilm in der Sorgerechtsfrage um die einzige Tochter.

Sonntag, 28. Oktober, 21.00 Uhr: FILM PENTRU PRIETENI (EIN FILM FÜR FREUNDE – 2011, 60 min.). Radu Jude zeigt in diesem extremen Film den Naturalismus des Ausnahmezustands und lässt den Hauptdarsteller Gabriel Spahiu erklären, warum er sich umbringen will. Der Suizid misslingt, trotzdem läuft die Kamera weiter.

Brigitte Drodtloff

Schlagwörter: Rumänien, Kulturtage, München, Film

Bewerten:

9 Bewertungen: o

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.