22. Juni 2013

Theater in Siebenbürgen: Ausflug in die norddeutsche Sagenwelt

Am 15. Juli letzten Jahres hatte ich das Vergnügen, die Schauspielerin Christiane Hess in Mediasch spielen zu sehen. Nach einem wunderschönen sonnigen Tag fand sich gegen 21.00 Uhr ein bunt gemischtes Publikum auf dem Kirchhof der Margarethenkirche in lauschiger Abendstimmung ein. Auf Biertischbänken saßen wir und warteten gespannt, was sich in den nächsten zwei Stunden auf der schlichten Holzbühne, auf der lediglich ein einfacher Holztisch stand, ereignen würde.
Mit einer Maske und einem Spazierstock erschien aus der Dunkelheit eine zugegebener Maßen etwas gruselige Gestalt, die uns, einmal im Bühnenlicht stehend, mit ihrem pantomimischen Spiel fesselte und unter wortloser Einbeziehung einer jungen Dame aus dem Publikum schlussendlich alle zum Lachen brachte. Dies war der Beginn des Soloprogramms „Hexen, Heiden, Heilige“, das bereits am Vorabend in Hermannstadt gezeigt wurde und uns nun an diesem Abend durch die norddeutsche Sagenwelt führte.

Am Ende des ersten Teils kam hinter der gruseligen Maske die sympathische Christiane Hess zum Vorschein, wuschelte einmal durch ihre blonde Kurzhaarfrisur und begrüßte uns alle herzlich. Dann setzte sie mit uns ihren Spaziergang durch das Reich norddeutscher Mythen mit der „Ricklinger Teufelskuhle“ fort. Mühelos nahm die in Hannover lebende Schauspielerin das Publikum mit ihrer tiefen rauchigen Stimme auf Deutsch in ihre Sagenwelt mit, während aus dem Hintergrund auf die Kirchhofmauer eine Übersetzung der Texte in Rumänisch projiziert wurde. Verantwortlich für die Übersetzung der Texte war die Mediascherin Erszébet-Kinga Gazdag, die selbst Schauspielerin ist und zudem die Initiatorin und auch Organisatorin dieser besonderen Veranstaltung war. Nach einer kurzen Pause wurde die Vorstellung mit dem dritten und letzten Teil fortgesetzt. Diesen bildete die Geschichte „Die Ratte von Hameln“, die aus Sicht einer ausnehmend zauberhaften Ratte erzählt wird. Mit einem Tagebuch und einer Feder saß Christiane Hess auf dem Tisch und ließ uns Teil der Tagebuchschreibung anno 1284 werden. Die offenbar in allen Lebenslagen zuversichtliche und gut gelaunte Ratte brachte uns mit ihrer Version des Rattenfängers von Hameln zum Staunen, Schmunzeln und Lachen. Während wir uns ganz den Ausführungen des beschwingt plaudernden Nagetiers hingaben, braute sich über dieser romantischen Szenerie im mittelalterlichen Kirchhof ein handfestes Gewitter zusammen. Das ist in Mediasch nach einem sonnigen und warmen Sommertag keineswegs ungewöhnlich. Von jetzt auf gleich fing es wie aus Kübeln zu schütten an. Kurzerhand wurde die Sakristei aufgeschlossen, und die trotz dieser Wetterkapriole fröhliche Gesellschaft fand dicht gedrängt Platz in diesem ehrwürdigen Raum. Hier nun setzte Christiane Hess mit vom Regen durchnässten Haaren ihre einnehmende Darbietung fort und erntete am Ende ihrer Vorstellung von Jung und Alt begeisterten Applaus.
Die Schauspielerin Christiane Hess aus Hannover ...
Die Schauspielerin Christiane Hess aus Hannover beeindruckte das Publikum in Mediasch im Vorjahr mit ihrem Soloprogramm „Hexen, Heiden, Heilige“.
Christiane Hess und Erszébet-Kinga Gazdag, die sich 2009 bei einem Theater-Workshop in Hetzeldorf kennenlernten, organisieren auch heuer einige Theatervorstellungen in Siebenbürgen. Den Auftakt wird eine Vorstellung am 29. Juni in Reichesdorf machen, gefolgt von weiteren Auftritten: am 30. Juni Seligstadt (Kulturhaus), 3. Juli Schäßburg (im Hof der Joseph-Haltrich-Schule), 5. Juli Hermannstadt (Theater Gong Hermannstadt im Rahmen des Festivals „Stagiunea de vară 2013“). Weitere Infos und genaue Uhrzeiten finden Sie unter www.theater-am-barg.de. Schließlich wird Christiane Hess, die auch „die Frau der 1000 Gesichter“ genannt wird – am 8. Juli um 21.00 Uhr ihre Vorstellung im Kirchenkastell in Mediasch geben. Mit „Götter, Glocken, Gläubige“ werden wir erneut einen Ausflug in die norddeutsche Sagenwelt und, laut Programmbeschreibung, Bekanntschaft mit „ratlosen germanischen Göttern, liebestollen Glocken, lebensfrohen Baumeistern, trauernden Zwergen, einem genervten Riesen und zahlreichen weiteren skurrilen Gestalten“ machen.

Moni Schneider-Mild

Schlagwörter: Theater, Mediasch, Mythen, Siebenbürgen, Termine

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