29. Januar 2014

Gedenkinstallation von Peter Jacobi in Pforzheim erinnert an zerstörte Synagoge

Eine Installation von Prof. Peter Jacobi, die an die in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 zerstörte Synagoge der Stadt Pforzheim erinnern soll, ist am 20. Januar 2014 im VolksbankHaus Pforzheim feierlich enthüllt worden. Der Oberbürgermeister der 120000-Einwohner- Stadt Pforzheim, Gert Hager, sprach ebenso ein Grußwort wie die Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Pforzheim, Jürgen Zachmann, und der jüdischen Gemeinde Pforzheim, Rami Suliman. Die Pforzheimer Zeitung würdigt die Arbeit des 78-jährigen siebenbürgischen Künstlers als „kraftvoll“, „geerdet und der Vorgabe, eine Gedenkinstallation zu schaffen, voll entsprechend“. Das gelinge dem in der Gemeinde Wurmberg im Enzkreis (10 km östlich von Pforzheim) lebenden Bildhauer „durch eine ebenso eindringliche wie klare Bildsprache“.
Die am 27. Dezember 1892 eingeweihte Synagoge (im maurischen Stil nach Plänen von Ludwig Levy erbaut) an der Zerrennerstraße 26/28 in Pforzheim wurde im November 1938 in der Pogromnacht geschändet und durch einen Sprengsatz schwer beschädigt, im Jahr darauf dann abgetragen. Die Kosten für den Abriss musste die jüdische Gemeinde tragen. Wo die vielleicht schönste Synagoge Badens stand, dort erbaute man vor zwanzig Jahren das VolksbankHaus. Ein Kreditinstitut wurde also Ortsnachfolger des Gotteshauses, das, zwar physisch verschwunden, in der kollektiven Erinnerung gleichwohl Spuren hinterließ, die Jahrzehnte später noch bewusstseinsbildend wirken sollten.
Akt der Versöhnung: Peter Jacobis dreiteilige ...
Akt der Versöhnung: Peter Jacobis dreiteilige Gedenkinstallation im Foyer des VolksbankHauses erinnert an die zerstörte alte Synagoge und setzt zugleich ein Zeichen als Bekenntnis zur heutigen jüdischen Gemeinde in Pforzheim.
In der Einladung der Volksbank Pforzheim zur feierlichen Enthüllung der Gedenkinstallation des siebenbürgisch-sächsischen Künstlers Peter Jacobi am 20. Januar 2014 heißt es: „Die Volksbank Pforzheim und die jüdische Gemeinde möchten gemeinsam ein Zeichen sowohl in Erinnerung an die Synagoge als auch an das heutige jüdische Leben in Pforzheim setzen: Mit einer Skulptur, die den Davidstern zum Thema hat und erst im Zusammenspiel mit einer elektronisch gesteuerten Lichtfolge ihre Gesamtheit zeigt. Ferner mit einer Platte, auf der die Abbildung der früheren Synagoge zu sehen ist, sowie mit einem Relief, das einen Text von Frau Dr. Isabel Greschat trägt.“

Mit bewegenden Worten würdigte Gert Hager die an die Gräueltaten der Pogromnacht gemahnende Installation. Der Oberbürgermeister der Stadt Pforzheim bekannte sich zur „sehr aktiven jüdischen Gemeinde“ und sprach die Hoffnung aus auf eine Zukunft, „in der es nicht darauf ankommt, welchen Glauben, welche Hautfarbe man hat oder wo man herkommt“.

Rami Suliman bewertete das symbolreiche Werk in Verbindung mit der acht Jahre zuvor neu eröffneten Synagoge als einen Akt der Versöhnung; bezogen auf die Verfolgung seines Volkes sagte der Vertreter der jüdischen Gemeinde Pforzheim: „vergessen werden wir das nicht“.
Alte Synagoge der Stadt Pforzheim auf ...
Alte Synagoge der Stadt Pforzheim auf gusseisernem Relief
Das im südlichen Aufgang des VolksbankHauses platzierte, von der Volksbank Pforzheim und der jüdischen Gemeinde initiierte und finanzierte Werk – „Ist es ein Mahnmal, ein Denkmal?“, fragte Jürgen Zachmann bei der Enthüllungsfeier – ging aus einem knapp vierjährigen Schaffensprozess hervor. Wie der Künstler Peter ­Jacobi, Siebenbürgisch-Sächsischer Kulturpreisträger 2003, in der Pforzheimer Zeitung erklärte, soll seine Installation im unteren Foyer des VolksbankHauses an die zerstörte Synagoge erinnern, darüber hinaus aber auch gegenwartsbejahend auf die heute wieder vitale jüdische Gemeinde in Pforzheim hinweisen.

Im Zentrum der Gedenkinstallation steht ein Bild der Synagoge (aus dem Archiv der Stadt Pforzheim), das Jacobi in einem speziellen Siebdruck-Verfahren auf ein gusseisernes Relief (Platte misst 100x85cm) aufbringen ließ, dessen Ränder rostrot patiniert wurden.

Ein weiteres Gusseisen-Relief (140x48cm) mit Rost-Patina trägt, in verschieden hohen Strukturen gestaffelt, Texte der Kulturamtsleiterin der Stadt Pforzheim, Dr. Isabel Greschat, die auch Zitate von Johannes Reuchlin, Nelly Sachs und Rose Ausländer ausgewählt hat.
Gusseisen-Relief mit ausgewählten Texten ...
Gusseisen-Relief mit ausgewählten Texten



Das dritte Element der Installation symbolisiert den Davidstern (nach König David benanntes religiöses Zeichen in Form eines Hexagramms). Die aus massiven Stahlstangen gebildete Konstruktion (70x185x145 cm), die schattenwerfend aus der Wand förmlich herausragt, hatte Jacobi nach einem von ihm vorgefertigten Holzmodell aus einer Stahlplatte herausschneiden und zusammenschweißen lassen.
Der von Peter Jacobi aus massiven Stahlstangen ...
Der von Peter Jacobi aus massiven Stahlstangen konstruierte Davidstern - wirf er Schatten der Vergangenheit, erhellt ihn eine gute Perspektive für die jüdische Gemeinde in Pforzheim?






Isabel Greschat äußerte anlässlich der Einweihung des Werkes ihre Überzeugung, „dass Peter Jacobi mit seiner Installation bei aller Klarheit der Form, die ihn auszeichnet, eine sehr dichte und sprechende und – ja, auch emotionale – Setzung gelungen ist. Ich wünsche dieser Arbeit, dass viele Menschen, die hier ein- und ausgehen, sie im ‚rechten Licht‘ ansehen, sich also die Offenheit und Zeit nehmen, die künstlerische Gestaltung auf sich wirken zu lassen. Denn: diese Geschichte geht uns alle an. Wie Rose Ausländer sagt: ‚Vergesset nicht, Freunde, wir reisen gemeinsam‘.“

Christian Schoger

Schlagwörter: Jacobi, Bildhauer, Künstler, Denkmal, Mahnmal, Pforzheim

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