4. November 2015

Dagmar Dusil gestaltet lyrisch in ihrem Gedichtband „Transitschatten“

Bekannt geworden ist die gebürtige Hermannstädterin als Autorin von kleinen, aber feinen Prosatexten, die z. B. in den Bänden „Wie die Jahre verletzen“ (2012) und „Blick zurück durchs Küchenfenster“ (2014) versammelt sind; fein auch wegen ihrer schönen äußeren Gestaltung. Das trifft auch auf das schmale Bändchen „Transitschatten“ zu, Gedichte mit Zeichnungen von Sieglinde Bottesch, erschienen 2015 im Honterus-Verlag in Hermannstadt mit finanzieller Unterstützung des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien.
„Siebenbürgische / Schattenspiele der Burgen / Bleich ertrinkt der Mond“ – Dieses Haiku (Seite 68) evoziert in seiner Knappheit siebenbürgische Atmosphäre in vertrauten Bildern. Das darauf folgende klingt wie eine Gegenmelodie: „Transitschattenflug / Störche verlassen das Nest / Worte im Neuland“. Das titelgebende Haiku (S. 69) umspannt zusammen mit dem davor die lyrische Welt der Dagmar Dusil: Transit, Übergang, schattenhaft zu erahnen die Welt zwischen alter und neuer Heimat, zwischen Nähe und Ferne auch in der Liebe, auch zwischen Leben und Tod.

Die Gliederung in drei Kapitel setzt unterschiedliche Schwerpunkte. So glaubt man sich im Kapitel I „Ich bin ein halber Mond“ in der vertrauten Bilderwelt der Liebeslyrik von Rainer Maria Rilke oder Else Lasker-Schüler und wird doch bald wach gerüttelt durch Zeilen wie: „Du entsorgst das Gesagte auf der Müllhalde der Stadt“ (S. 20); die Alltagswelt bricht da ein mit ihren ganzen Belastungen, ja ihrem Schmutz. Das reicht bis hin zu ironischen Überspitzungen: „Die Bäume sind grün, der Wind weht flott / der Euro schwankt / Länder stehen vor dem Bankrott“. Das ist eine andere Tonart; sie bestimmt vor allem die Gedichte in Kapitel II „Der Umklammerung der Worte entfliehen“, wie hier in „Meineid“ (S. 42). Der Umklammerung der Worte versucht die Autorin mal durch mathematische, mal durch musikalische Präzision zu entfliehen. Dahinter deutlich die eigene Betroffenheit, denn es geht dann in Kapitel III „Am Rande der Zeit“ um den Transitraum zwischen Leben und Tod. Und gab es bereits im ersten Kapitel ein Gedicht mit dem Titel „Abschied“, das die vertraute siebenbürgische Satzstellung „Nicht geh!“ wagt (S. 14), so nimmt die den Siebenbürgern doch auch so vertraute herbstliche Bilderwelt das Thema des Abschieds als Transit in das Schattenreich auf.
Sieglinde Bottesch – Sich öffnende Blüte 2014, ...
Sieglinde Bottesch – Sich öffnende Blüte 2014, Tusche/ Pinsel auf Büttenpapier, 14,5 x 9,5 cm
Die zarten Zeichnungen von Sieglinde Bottesch nehmen den Leser mit in diesen schwebenden Zwischenbereich der Phantasie, in die Welt der Schatten. Transit – immer schmerzlich aktuell.

Brigitte Stamm


Dagmar Dusil: „Transitschatten“, Gedichte mit Zeichnungen von Sieglinde Bottesch, Honterus-Verlag, Hermannstadt, 2015, 78 Seiten, 6,00 Euro, ISBN: 978-606-8573-27-4

Lesungen in Wien und Landshut

Im Rahmen der BuchWien ist das Rumänische Kulturinstitut in Wien am 13. November, 14.00 Uhr, Stand Nr. F11, auf der Lebensart-Bühne bei dem Event „Donauraum kulinarisch“ präsent. Die gebürtige Hermannstädterin Dagmar Dusil wird aus „Blick zurück durchs Küchenfenster“ lesen. Die ­Besucher können Speisen, vorbereitet vom Verein der Siebenbürger Sachsen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, probieren. Weinproben gibt es von Horst Hummel, der sein Buch „Wein und Sinn“ vorstellt. Moderiert wird die Veranstaltung von Judith Hoffmann.

Im Rahmen des Freundeskreises Landshut – Sibiu/Hermannstadt findet am Samstag, 21. November, um 19.00 Uhr eine Lesung mit Dagmar Dusil aus ihren Büchern „Hermannstädter Miniaturen“ und „Blick zurück durchs Küchenfenster“ im Salzstadel, Steckengasse 308, in Landshut statt. Die Lesung wird musikalisch von Susanne Kayser an der Harfe begleitet. Prof. Dr. Rothenberger zeigt Bilder aus Hermannstadt, es werden Kostproben nach Rezepten aus dem Buch gereicht.
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Taschenbuch
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Schlagwörter: Dagmar Dusil, Gedichtband, Lesungen, Termine

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