19. Juli 2020

Gedichtband "Palukes für die Seele"

Yasmin Mai-Schoger, bereits bekannt als Autorin des Theaterstücks „Veilchen und Hochzeitstanz“ sowie von lustigen Geschichten, Märchen für Kinder und Gelegenheitsgedichten, legte jetzt mit „Palukes für die Seele“ ihren ersten Lyrikband vor.
Gleich im Titel kommt dem „Palukes“, dem siebenbürgisch-sächsischen Ausdruck für Maisbrei, eine wichtige Rolle zu. Die Autorin spielt auf Frieder Schullers Lyrikband „Einladung zu einer Schüssel Palukes“ an, in dem er die siebenbürgische Legende erwähnt, die die Herkunft des Wortes erklären will: Die Apostel Paulus und Lukas irrten hungrig durch das Land, und niemand wollte ihnen etwas zu essen geben. Da kamen sie an das Häuschen von einer armen Frau, die ihnen von dem Einzigen gab, was sie zu essen hatte: Maisbrei. Zum Dank sprachen die Apostel beim Abschied den Segen, dieses Gericht möge auf dem Tisch der Frau nie zu Ende gehen und zur Erinnerung an diese Begegnung nannten die Siebenbürger das Gericht „Palukes“.

Auch sonst üben sowohl das Gericht als auch das Wort „Palukes“ einen besonderen Reiz aus, wenn es um Siebenbürgisches geht. Beide sind Sinnbild für das Ursprüngliche, Wahre, Ungekünstelte, Althergebrachte. So ist es nicht verwunderlich, dass sowohl Schuller als auch Mai-Schoger ihrem Lyrikband jeweils ein Palukes-Rezept beifügen! Gerne zitieren Sachsen in aller Welt: „Wo Kind und Hund Palukes würgen, ist meine Heimat Siebenbürgen“.

Das macht sich die Autorin zunutze und lenkt den Blick gleich zu Beginn auf das zentrale Thema: Siebenbürgen als „alte Heimat“, die sie aus Erinnerungsstücken neu zusammensetzt. Dabei ist ihr bewusst: „Meist denkt man sie bunter, als sie doch war“.

Am authentischsten sind die Texte, in denen Heimweh und die Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“ mit dem Kochen und Genießen traditioneller Gerichte in Verbindung gebracht werden – immer mit einem liebevoll-witzigen Augenzwinkern. Sie gesteht: „Ich schmecke die Heimat mit jedem Bissen“ und erklärt in „So war’s“: „Ich sehne mich nach Schweineschmalz,/ mit Zwiebeln und mit Grieben,/ ach wär ich doch in meinem Land/ mein Leben lang geblieben“.

Yasmin Mai-Schoger, 2019. ...
Yasmin Mai-Schoger, 2019.
Das dramatische Talent der Autorin schillert durch beim Gedicht „Eine Hand voll Mehl“. Darin beschreibt sie die einzelnen Schritte beim Backen von „Hunklich“, bis er schließlich fertig ist: „So köstlich! So knusprig und so weich,/ himmlisch, süß, alles zugleich!“ Gelungen ist auch das Gedicht „Hetschenpetschmarmelade“, in dem man die Freude an dem Spiel mit dem Wort nachempfinden kann.

Eng mit dem Genuss der Speisen verbunden ist die Gemeinschaft, in der man sich aufgehoben und sicher fühlt. „Gemeinschaft hat uns sehr geprägt,/ von morgens früh, bis abends spät“, erinnert sie sich im Gedicht „Siebenbürgen“. Die Gemeinschaft bildet auch den Rahmen, in dem Traditionen gepflegt werden. Den Ablauf einer bäuerlichen Hochzeit beschreibt beispielsweise das Gedicht „Es war an einem Sonntag“: „Im Hofe dann der Hochzeitszug,/ mit Wortmann, Bräutigam und Braut,/ ein jeder seine Tracht dort trug,/ denn heute wird getraut!“

Bei der Erinnerung an Weihnachten, das „Fest der Feste im Heimatland“, spielen vor allem die Vorbereitungen eine wichtige Rolle: „Geschlachtet wird das Schwein vom Mann,/ die Wurst, die machten Frauen dann./ Krautgeruch zieht durch das Haus,/ Sarmale wurden dann daraus.“

Die Verbindung zum Siebenbürgisch-Sächsischen zeigt Mai-Schoger auch einfach, indem sie sächsische Wörter in hochdeutsche Texte einflicht: „Astern blau, sie steh‘n im Garten,/ wenn der Abend kit erun,/ Stille steh jetzt hier der Spaten,/ niemals mehr ech wedder kun.“

Ein großer Teil der Texte sind Gelegenheitsgedichte, wohl für Freunde und Bekannte verfasst. „Unter einem Apfelbaum“ beschreibt die „Mischehe“ zwischen einer Siebenbürger Sächsin und einem Banater Schwaben: „Das Mädchen jung, aus den Karpaten/ schien ihn dort schon zu erwarten./ Der junge Knabe, ein Donauschwabe,/ purpurrot am helllichten Tage.“

Aber auch Allgemein-Menschliches findet Eingang in den Gedichtband. Über „Freundschaft“ heißt es: „Wie ein Keimling im Sonnenschein,/ fängt sie langsam an zu gedeih‘n./ Sie reift mit den Jahren,/ schau nur zurück,/ wie vertraut wir stets waren,/ ein seltenes Glück!“

Erwähnenswert ist auch die graphische Gestaltung, die sich einfühlsam im Hintergrund hält und trotzdem die Inhalte effektvoll unterstreicht. Das rund 80 Seiten starke Buch, Preis: 9,99 Euro, ISBN 978-3-749-453863, wurde bei Books on Demand herausgegeben und ist überall im Buchhandel erhältlich.

Margrit Csiky

Schlagwörter: Rezension, Gedichtband, Verse, Reutlingen

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