9. April 2021

Ein Gang durch die siebenbürgische Geschichte: Wilhelm Andreas Baumgärtner in der Reihe „Lebendige Worte“ (X)

Wie kam Wilhelm Andreas Baumgärtner, geboren 1952 in Hermannstadt, dazu, Bücher zu schreiben? Der Wunsch war bereits während seiner Schulzeit am Brukenthalgymnasium vorhanden, doch ohne seine Verwirklichung zu finden. Daran änderte auch sein Theologiestudium in Hermannstadt nicht viel, das Geschichte- und Germanistikstudium in Konstanz und Erlangen auch nicht. Erst nach vielen Jahren Arbeit als Lokal- und Kulturredakteur bei ­Lokalzeitungen, danach in der Presseabteilung der IHK Region Stuttgart, als Schreiben zur Profession geworden war, wurde es konkreter. Denn was lag einem geschichtsinteressierten Siebenbürger Sachsen am nächsten ... eben, die eigene Geschichte für sich selbst und für andere aufzuarbeiten.
Wilhelm Andreas Baumgärtner. Foto: Heidemarie ...
Wilhelm Andreas Baumgärtner. Foto: Heidemarie Bonfert
Die Erkenntnis, dass Wissenschaft auch in einer anderen Sprachform, lebendig und aktuell, präsentiert werden kann, führte zum Entstehen einer Reihe von Büchern zur siebenbürgischen Geschichte, die ein Mittelding zwischen Literatur und Wissenschaft sind. Muss die Trennung zwischen den beiden immer fundamental sein? Hat sich nicht auch Schiller als Historienschreiber bewährt, indem er sprachliche Anleihen aus dem literarischen Bereich mit dem Inhaltlichen aus der Geschichte verknüpfte? Das soll natürlich kein Vergleich mit Schiller sein, aber seinem Beispiel kann man folgen.

„Der vergessene Weg“

Das im hora Verlag erschienene Buch „Der vergessene Weg“ (2007) wurde in einer Neufassung in dem von Anselm Roth und dem Bonner Jens Kielhorn gegründeten Schiller Verlag 2010 neu herausgebracht und zu einer wahren Erfolgsgeschichte gemacht.

Der Titel „Der vergessene Weg“ weist auf ein Problem der sächsischen Besiedlung Siebenbürgens hin, dass unsere Vorfahren schon nach wenigen Generationen nicht mehr wussten, woher sie stammten. Kamen die „Ursachsen“ in einem Treck, den Lokatoren des ungarischen Königs Geisa II. im östlichen Rheinland zusammengestellt hatten, ins Land, oder waren sie Teil der sogenannten Ostkolonisation? Vielleicht waren die Siedler gescheiterte Teilnehmer des ersten Kreuzzuges, des sogenannten Bauernkreuzzuges von 1096, was der Hermannstädter Lehrer und Ethnologe Horst Klusch annahm. Dafür gibt es zwar auch keine Beweise, dafür aber viele Indizien.

Doch lassen wir das Buch selbst zu Wort kommen: „Was geschah nun wirklich? Wir wissen von dieser geisanischen Ansiedlung nur aus einer später (1224) ausgestellten Urkunde, dem Freibrief, in dem König Andreas II., der Enkel Geisas II., die höchstwahrscheinlich mündlich zugesagten Privilegien der Neusiedler schriftlich festgelegt hat…

Allerdings sind in den Archiven aus dieser Zeit keinerlei Aufzeichnungen von der Einwanderung deutscher Siedler gefunden worden ... Es ist eher unwahrscheinlich, dass selbst im Zeitalter der Kreuzzüge und Ostkolonisation ein solches Massenphänomen nicht irgendwo einen schriftlichen Niederschlag gefunden hat. Auch für die zurückgelegte Wegstrecke, für die ein solcher Treck unter den damaligen Bedingungen Jahre gebraucht haben müsste, liegen keine Zeugnisse vor.

Fragen über Fragen, und der unbeantworteten Fragen gibt es mehr… Doch diese Fragen lösen sich auf, wenn das Szenarium ein anders war: … So nimmt Horst Klusch an, dass einige Teilnehmer am ersten Kreuzzug von 1096 … am Südhang der Karpaten auftauchten, um hier im geistigen Schutz des Milkower Bistums zu siedeln. Vorausgegangen war ein abenteuerlicher Zug von vielen tausenden verelendeten und verzweifelten Bauern sowie mittellosem Kleinadel aus den linksrheinischen Gebieten, von Flandern und Wallonen … Nach einigen Ausschreitungen kam es bei Nisch zu einem Überfall petschenegischer Krieger. Die Krieger überfielen den Treck, teilten ihn und zerstreuten die Pilger, die sich in die umliegenden Wälder flüchteten …

An diesem Punkt setzt die Theorie von Horst Klusch ein. Er bringt das Schicksal dieser Kreuzfahrer mit der geisanischen Ansiedlung Siebenbürgens in Verbindung … Was geschah dann mit den fast 10000 deutschen, flandrischen und wallonischen Kreuzfahrern …? Vielleicht überschritten sie im Winter 1096/97 den zugefrorenen Strom (Donau), um Asyl im Milkower Bistum zu suchen … Akzeptiert man diese Voraussetzungen, so könnten man die ersten deutschen Ansiedlungen im Karpatenraum schon gegen Ende des 11. Jahrhunderts ansetzen. Die durch Sprachforscher ermittelten Herkunftsgebiete stimmen mit der Herkunft der Kreuzfahrer überein …

Es muss irgendwann eine Kontaktaufnahme mit dem ungarischen König geschehen sein. Klusch setzt dafür das Jahr 1154 an, als König Geisa II. einen Feldzug gegen den byzantinischen Kaiser Manuel unternahm, an dem sich auch die am Südrand der Karpaten siedelnden Deutschen beteiligt haben sollen. Da sie sich von den Kumanen bedrängt fühlten, nahmen sie das königliche Angebot an und übersiedelten nach Siebenbürgen.“

„Eine Welt im Aufbruch. Die Siebenbürger Sachsen im Spätmittelalter“

Und wenn man als Autor an diesem Punkt angekommen ist, dann brennt es einen unter den Nägeln, zu erfahren, was mit diesen Siedlern in ihrer neuen Heimat geschah. In dem zweiten Buch „Eine Welt im Aufbruch. Die Siebenbürger Sachsen im Spätmittelalter“, erschienen 2008, geht es genau um diese Frage. „Gleich nach dieser Inbesitznahme, deren Vorgehensweise uns nicht bis ins Detail überliefert ist, konnte mit dem Parzellieren der abgesteckten Flur begonnen werden. Dabei suchte sich natürlich nicht jeder das Stück Land aus, das ihm am besten gefiel. Vielmehr fand diese Aufteilung unter der Aufsicht eines Gremiums unter Wahrung öffentlicher Formen und Richtlinien statt. Das vermittelt uns die bis heute noch vorhandene genaue und planvolle Einteilung der Dörfer …

Wie bekannt, geschah die Ansiedlung gruppenweise. Dafür sprechen diese ausgeprägten Gemeinschaftsstrukturen und der bis in die Gegenwart vorhandenen Gemeinschaftssinn … Es gab so gut wie keinen Privatbesitz. Allein die Gesamtheit der Markgenossen besaß das Eigentumsrecht an der gesamten, ungeteilten Mark. Der Hof- und Ackerbesitz des Einzelnen war nichts anders als ein ihm bis auf Widerruf zugestandenes Nutzungsrecht. Dieses Sondereigentum konnte nach Bedarf auch wieder zurückgefordert werden.“


Dieses kleine hier entstandene „Universum Saxonum“ geriet kurze Zeit darauf in existenzielle Nöte. „Denn von der Gefahr, die sich im Osten, in der asiatischen Steppe, durch das Volk der Mongolen entwickelte, hatten nicht nur die Siedler in Siebenbürgen keine Ahnung, sondern kaum jemand im europäischen Westen.“

In verschiedenen Quellen wird über den Mongoleneinfall in Siebenbürgen berichtet: „Im Jahr der Fleischwerdung des Herren 1241, eben am Sonntag seiner Auferstehung brachen Tataren durch die Wälder und Gebirge ein und überfielen die Stadt Rodana und töteten da 4000 Menschen ... Danach töteten sie in der Stadt, die man Nosen nennt, neuntausend, und sechstausend in der Stadt, die Burza genannt wird ... In der Ortschaft, die Kumelburch genannt wird, töteten sie dreißigtausend und mehr, in Hermannstorf am achten Tag nach Ostern fielen hunderttausend.“

„Im Zeichen des Halbmondes“

Sicher waren diese Zahlenangaben der Getöteten übertrieben, trotzdem dauerte es viele Jahrzehnte bis sich die verheerten Landstriche wieder erholten. Kaum war das geschehen, als sich eine neue Gefahr „Im Zeichen des Halbmondes“ anbahnte, die in 2009 erschienenen Buch gleichen Titels Konturen annimmt: Eine neue Großmacht, das Osmanisches Reich, dehnte im Namen Allahs seine Grenzen in alle Himmelsrichtungen aus.

„Die Bedrohung nimmt existenzgefährdende Formen an. Erst brannten die Dörfer des Burzenlandes, doch bald folgten die des Altlandes und die des Nösnerlandes. Das ganze Sachsenland war bedroht. Nur feste Mauern versprachen Rettung. Und ein fester Glaube.“

„In den Fängen der Großmächte“

Das mittelalterliche ungarische Arpadenreich ging 1526 unter den Streichen der türkischen Krummsäbel unter und aus seinen Trümmern wurde das Fürstentum Siebenbürgen geboren. Dieses Fürstentum befand sich seit seiner Geburt „In den Fängen der Großmächte“, vor allem denen des Osmanischen Reiches und in abgeschwächter Form jenen des Kaisers von Wien, was das 2010 unter dem genannten Titel erschienene Buch samt der damit parallel einhergehenden kirchlichen Reformation zum Thema hat.

Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, wenn sich der Erzherzog von Österreich und spätere Kaiser Ferdinand I. von Habsburg nicht mit dem Grafen der Zips und Woiwoden von Siebenbürgen, Johann Zapolya, um die vakant gewordene ungarische Krone nach dem Tod des Königs Ludwig II. auf dem Schlachtfeld, gestritten hätte. Parallel dazu gab es weitere tiefgreifende Veränderungen, denn es war eine Zeit des Umbruchs „Die Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit wurde überschritten. Verwegene Ideen der wiederentdeckten Antike veränderten allmählich die europäischen Gesellschaften … Dem allein auf Gott bezogenen Weltbild wurde eines entgegengesetzt, das den Menschen in den Mittelpunkt stellte und damit unsere humanistische Tradition begründete ... Das Zeitalter der Reformation war angebrochen. Doch anders als im Deutschen Reich, wo wirtschaftlich-soziale und politische Nöte die Reformation förderten, war sie in Siebenbürgen das Werk einer Oberschicht von ­humanistisch ausgerichteten und gebildeten Bürgern …

In Deutschland begann die Reformation im Frieden und mündete im Dreißigjährigen Krieg, in Siebenbürgen begann sie im Krieg und endete im Frieden … Allein die Ohnmacht staatlicher und kirchlicher Autoritäten verhinderte Gewaltanwendung … Unumstritten sind die Zusammenhänge zwischen staatlicher Unselbständigkeit und Reformation. Aus der Not wurde eine Tugend gemacht, aus staatlicher Ohnmacht entstand religiöse Toleranz. Was auf der einen, weltlichen Seite ein Unglück war – der Staatskollaps – entpuppte sich auf der anderen, der kirchlichen, für die Reformwilligen als ein historischer Glücksfall.“

„Der lange Krieg“

Mit den Türkenkriegen war es noch lange nicht vorbei. Davon zeugt „Der lange Krieg“, so auch der Titel des 2012 erschienenen Buches. In der Konfrontation des Kaisers Rudolf II. in Prag mit dem Sultan von Konstantinopel, die von 1593-1606 dauerte, wurde der siebenbürgische Fürst Sigismund Báthory zum Zünglein an der Waage. „Es war vermutlich der größte Erfolg der kaiserlichen Diplomatie, die osmanischen Vasallenstaaten Siebenbürgen, Moldau und Walachei für ein Bündnis gewonnen zu haben. Die Türken verloren ihr strategisches Hinterland, die Sicherheit ihrer Verbindungswege und vor allem ihre Nachschubbasis. Die Verpflegung ganzer Armeen brach zusammen, sogar die der Hauptstadt Konstantinopel.“

Es war die Zeit des Aufstiegs und Falls des walachischen Fürsten Michael des Tapferen, eine Zeit der Kriege und der Verwüstung, aber auch eine Zeit der großen Heimsuchung für die Siebenbürger Sachsen. Die größte in dieser Zeit ist mit dem Namen des Fürsten Gabriel Báthory verbunden, den die Chroniken als „die Pest Siebenbürgens“ bezeichnen, „ein Fürst nicht des Friedens, sondern des Aufruhrs, ein Liebhaber aller Schelme und Diebereien“. Hermannstadt, das er mit Tücke und List in seine Gewalt brachte, seine Bürger erpresste und aus der Stadt wies, kann ein Lied davon singen.

„Die eiserne Zeit“

Und wenn wir uns weiter auf der Zeitachse fortbewegen, so werden die Zeiten nicht friedlicher. Siebenbürgen wird in den größten Konflikt des 17. Jahrhunderts einbezogen, den 30-jährigen Krieg. „Die eiserne Zeit“, wie der Titel des 2014 erschienen Buches lautet, ist eine Zeit in der der Kriegsgott Mars das Zepter führt. Auch wenn die Schlachten vor allem in Mitteleuropa geschlagen wurden, so blieb auch Siebenbürgen von der Furie des Krieges nicht unberührt. „Von dem wirtschaftlichen Niedergang waren auch die Siebenbürger Sachsen stark betroffen. Sie litten unter dem Wegfall der Absatzmärkte für ihre handwerklichen Produkte und unter ihrem hohen Anteil an den osmanischen Tributforderungen.“

Außerdem blieben auch die sächsischen Gesellschaften nicht von Intrigen, Korruption und Prozessen verschont. Herausragend in diesem Sinne ist die Hermannstädter Affäre um Koloman Gotzmeister und seine Verlobten Katharina Ludovici, beinahe eine Liebesgeschichte à la Romeo und Julia, die in politischen Unruhen ausartete, die den Rebellen Gefängnisstrafen einbrachte und der Stadt durch fürstliche Einmischung einen finanziellen Verlust und einen Verlust an politischer Freiheit.

„Die Feuer der Rebellion“

Allmählich verlassen wir das Mittelalter und treten in eine neue Zeit ein. Das von der wachsenden kaiserlichen Macht zurückgedrängte Osmanische Reich macht damit Platz für kaiserliche Ansprüche. Das 2016 erschienene Buch „Die Feuer der Rebellion“ zeigt, welche Herausforderungen das auslaufende 17. Jahrhundert für alle barg. Der Aufstand der ungarischen Magnaten gegen den Kaiser war nur ein Vorspiel weiterer, späterer Kriege, die unter dem Begriff Kuruzzenkriege in die Geschichte eingegangen sind. Wer sollte die Zeche für diese Kriege bezahlen? Natürlich, Siebenbürgen und dessen Bewohner, vor allem die Sachsen. „Steuern, Lasten, Abgaben“ wurden zu ihrem bestimmenden Lebensinhalt.

Es war aber auch eine Zeit des Rationalismus, der beginnenden Aufklärung, doch gleichzeitig wurden die Scheiterhaufen geschürt, um Hexen zu verbrennen. Von diesem ganz Europa heimsuchenden Irrsinn wurde auch Siebenbürgen nicht verschont.

Siebenbürgen war auch von dem europäischen Machtkampf zwischen Kaiser und Sultan betroffen. An der vor Wien 1683 aufmarschierenden türkischen Armada musste sich auch der siebenbürgische Fürst mit seinen Truppen beteiligen. Für Siebenbürgen, und nicht nur für Siebenbürgen, wurde der große kaiserliche Sieg ein Wendepunkt. Die europäischen Machtstrukturen änderten sich in einer dramatischen Art je weiter die kaiserliche Armee Sieg um Sieg gegen die Osmanen errang.

„Vom Halbmond zum Doppeladler“

Das führte in Siebenbürgen zum historischen Wechsel „Vom Halbmond zum Doppeladler“, den Anschluss Siebenbürgens an Österreich, was das 2018 erschienen Buch beschreibt. „In dem „Leopoldinischem Diplom“ vom 4. Dezember 1691 wurde zwar die Existenz des Fürstentums (Siebenbürgen) unter der Oberhoheit des Kaisers anerkannt, aber in dessen Folge verlor Siebenbürgen in späteren Jahren endgültig seine Selbständigkeit.“

„Im Schatten des Kaisers“

Der österreichisch-türkische Kampf um die europäische Vorherrschaft war noch nicht beendet. Damit hing das politische Schicksal Siebenbürgens in der Schwebe. Erst die überragenden Siege eines Prinzen Eugen, der das besetzte Ungarn mit seiner Hauptstadt Ofen (Budapest) zurückeroberte, brachten auch Siebenbürgen seinen Platz „Im Schatten des Kaisers“ ein, so der Titel des Bandes neun dieser Buchreihe. Das war noch kein sicherer Platz, denn der ausgebrochene Kuruzzen-Aufstand, der sich wie ein Flächenbrand ausbreitete und auch Siebenbürgen erfasste, ließ Zweifel aufkommen, ob Österreich das mühevoll erworbene Fürstentum würde behalten können.

„In diesem zum Bürgerkrieg ausgewachsenen Aufstand der Ungarn waren die Siebenbürger Sachsen zwischen beiden Parteien hin- und hergerissen: hier die Kaiserlichen, dort die Kuruzzen, die sie beide drangsalierten ... Soweit der kaiserliche Arm reichte, war man natürlich kaiserlich, doch der reichte zeitweilig nicht über Städte wie Hermannstadt, Kronstadt oder Fogarasch hinaus … Nicht die Überzeugung, sondern die Macht bestimmte die sächsische Haltung. An einem Tag war man kaiserlich und am nächsten kuruzzisch.“

In dem Konzert der internen siebenbürgischen Machtkonstellation waren die Sachsen der kleinste Faktor. Bestimmend war der ungarische Adel, für den es ein Unding war, das sächsische Handwerker und Händler, die eigentlich ihre Bediensteten sein sollten, neben ihnen im Parlament saßen und die gleichen Rechte wie sie hatten. „Dass dieser ,sächsische Plebs‘ sich noch so einen Mann wie den Sachsengrafen Johann Sachs von Harteneck zu seinem Vertreter gewählt hatte, machte die Lage für den Adel nur noch unerträglicher.“

Denn Harteneck wagte es gegen die Steuerbefreiung des Adels einzutreten. Damit war er zum „Abschuss“ freigegeben. Seine eigenen Fehltritte halfen seinen Gegnern. Ein Mordfall im eigenen Haus führte zu seiner Verhaftung. Zwei Gerichtsverfahren, zwei Todesurteile und die öffentliche Hinrichtung auf dem „Großen Ring“ in Hermannstadt waren die Folge. Ein Triumph für den ungarischen Adel? Ja, aber nur vordergründig, denn seine alte Macht konnte er nicht wieder erreichen, dagegen standen das Kaiserhaus und die anbrechende Zeit des Absolutismus.

„Im Banne der Gesetze“

Der Krieg mit den aufständischen Ungarn wurde 1711 mit dem Frieden von Sathmar beendet. Jetzt konnte der Kaiser in den unbestrittenen Besitz Siebenbürgens treten. Damit begann für diese Land eine neue Zeit. Eigentlich hätten die kaiserlichen Militärs, laut „Leopoldinum“, sich nicht in die internen Angelegenheiten Siebenbürgens einmischen sollen, doch die Wirklichkeit war eine andere. Auch die Sachsen mussten erkennen, dass sie nicht mehr Herr im eigenen Haus waren. Die freien Stadtrepubliken wurden zu braven Befehlsempfängern der Wiener Hofkanzlei. Dabei wurden keine Gesetze gebrochen, sie wurden nur gebogen. Alles Unrecht geschah „Im Banne der Gesetze“, so der Band zehn dieser Reihe.

Dazu gehört der Versuch, die protestantischen Sachsen zum katholischen Glauben zurückzuführen. Da stießen die neuen Machthaber auf entschiedenen Widerstand, denn die Sachsen ließen von ihrem Glauben nicht ab. Das brachte den Wiener Hof auf den Gedanken, die eigenen Protestanten durch eine Abschiebung nach Siebenbürgen loszuwerden. Kaiser Karl VI. erließ am 15. Juli 1733 das sogenannte Transmigrationspatent, so dass die ersten Transmigranten (Landler) am 4. Juli 1734 abgeschoben werden konnten. Das war nur der Anfang, viele andere sollten noch folgen. Ihre Ansiedlung in Neppendorf, Großau und Großpold war im Wesentlichen eine Erfolgsgeschichte, trotzdem war es aus heutiger Sicht ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

Auch die weitere Entwicklung führte für die Sachsen zu keiner Verbesserung der Lage. War dieser Verlust der sächsischen Selbständigkeit der Anfang vom „Finis Saxoniae“? Wurde damit das Ende der Sachsen eingeleitet? „Noch gingen sie nicht zugrunde ... Im Nachhinein konnte man feststellen, dass dieses Gefühl nicht ganz falsch gewesen war. Zwar sollten bis zum Untergang noch mehr als zwei Jahrhunderte vergehen, doch der erste Schritt dazu war getan.“

So bleibt uns noch etwas Zeit, den langen Weg auch noch durch die nächsten zwei Jahrhunderte zu beschreiten.

Alle zehn Bücher von Wilhelm Andreas Baumgärtner sind im deutschen Buchhandel oder direkt beim Schiller Verlag (www.schiller.ro) in Hermannstadt, deutsche Festnetznummer: (0228) 90919557, erhältlich.

Schlagwörter: Lebendige Worte, Baumgärtner, Geschichte

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