10. April 2021

Brukenthal-Denkmal in Hermannstadt: Statue von Árpád Deák gewinnt Wettbewerb

„Habemus un proiect câștigător‟ - „Habemus (wir haben) ein Gewinner-Projekt!" - waren die ersten Worte von Alexandru Chituță, dem Sprecher des Brukenthal-Museums, am 1. März in der Pressekonferenz. Von den dreizehn kunstsinnigen Juroren, darunter auch Dr. Paul Jürgen Porr, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), haben zehn für die eingereichte Brukenthal-Statue von Árpád Deák gestimmt.
Große Plätze in Städten sind prädestiniert für Denkmäler. Die Leere in ihnen provoziert. Die Bürger Kronstadts haben beizeiten mitten auf dem Marktplatz ihr Rathaus gebaut. Da ist kein Platz mehr für Heroen. Anders in Hermannstadt. Der Große Ring war im Laufe der Zeiten Herberge für Gerichtsverhandlungen, Prozessionen, Volksfeste. Hier befand sich seit Mitte des 16. Jahrhunderts die fast acht Meter hohe Rolandstatue mit Pranger als Zeichen der Blutgerichtsbarkeit. Die Zeiten änderten sich, der Pranger wurde 1783 entfernt, das Standbild des Heiligen Nepomuk wurde aufgestellt. Abermals haben sich die Zeiten geändert: Der Platz wurde in eine Parkanlage umgestaltet, die Statuen samt Marktbrunnen verschwanden. In den späten 1970ern erfolgte die „Rekonstruktion“ des historischen Platzes. Die Leere wurde alsbald mit einer großen Gheorghe-Lazăr-Statue ausgefüllt, die wiederum nach wenigen Jahren mit einer anderen, schlichteren, vom gleichen Künstler (Radu Aftenie) ersetzt wurde. Wenn der Große Ring eine Stimme hätte, könnte er so manches erzählen!

Mitten in der Pandemiezeit, im Januar 2021, initiierte man in Hermannstadt eine Ausschreibung für eine neue Statue (siehe Brukenthal-Denkmal in Hermannstadt). Der Vorschlag und die Finanzierung der Brukenthal-Statue (100 000 Euro) stammt vom Rotary-Club Hermannstadt, unterstützt von der Firma Boromir SA sowie vom Kreisrat des Munizipiums und dem Brukenthal-Museum. Pünktlich am 1. März wurden die Einsendungen von einer Expertenkommission bewertet und der Gewinner der Ausschreibung in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit mitgeteilt.
Von der Hermannstädter Jury ausgewählte Arbeit ...
Von der Hermannstädter Jury ausgewählte Arbeit des Bildhauers Árpád Deák: Baron Samuel von Brukenthal im Ordenskleid eines Großkreuzlers des Königlich-Ungarischen Sankt Stephans-Ordens; Modell-Entwurf der Statue in Kleinformat, circa 100 cm. Foto: © Muzeul Național Brukenthal
Die Vorgaben für die Ausschreibung haben die Interessierten in Europa etwas stutzig gemacht, da nur Künstler mit Wohnsitz in Rumänien zugelassen wurden. Umso mehr erstaunte es die Fachleute aus dem Ausland, da das Projekt von Rotary stammt, einer weltweiten Vereinigung berufstätiger Männer und Frauen. Für die Rotarier ist eine weltoffene Einstellung sowie Toleranz gegenüber allen Völkern, Religionen, Lebensweisen oberstes Gebot. Da Baron Samuel von Brukenthal von Leschkirch in Siebenbürgen ausgehend mehrere Lebensstationen europaweit aufzuweisen hatte - so Halle an der Saale und Jena als Studienorte, Berlin und Wien, wo er freimaurerische Logenarbeiten besuchte, Hermannstadt, wo er zehn Jahre lang Gubernator Siebenbürgens war - , wäre eine europaweite Ausschreibung sicherlich von Vorteil gewesen, nicht zuletzt, um eine erweiterte Resonanz des 300-jährigen Brukenthal-Jubiläums zu erzielen. So wurde eine einmalige Chance vertan!

Fraglich ist, ob ausländische Künstler bei einem derartig engen künstlerischen Korsett, wie die Ausschreibung auf der Homepage des Brukenthal-Museums in rumänischer Sprache es vorschrieb, sich überhaupt beteiligt hätten. Denn eine die Phantasie herausfordernde Aufgabe war die Ausschreibung in der Tat nicht. Das Ölbild des Malers Georg Weikert aus dem 18. Jahrhundert, Baron Brukenthal im Ornat eines Ritters des Hl. Stephansordens darstellend, war die Vorgabe für die in barocker Manier zu realisierende Statue. Dadurch wurden der künstlerischen Phantasie und Freiheit jegliche Entfaltungsmöglichkeiten von vornherein genommen.

Aus den 22 eingereichten Vorschlägen wählte man die Arbeit des in Großwardein lebenden Bildhauers Árpád Deák aus. Alexandru Chituță, Sprecher des Brukenthal-Museums, sagte in seiner Ansprache, diese Aktion sei das größte Denkmal-Projekt in der Geschichte Hermannstadts; man hoffe, der Große Ring werde durch dieses Projekt mehr Farbe und Vitalität erhalten. Es soll ein Anfang für ähnliche Aktionen in Hermannstadt werden, denn man müsse gestehen, so der Sprecher, Hermannstadt sei stark benachteiligt, was Statuen im öffentlichen Raum betreffe.

Lange schon werde über ein Samuel-von-Brukenthal-Denkmal auf dem Großen Ring diskutiert, betonte Astrid Fodor, Bürgermeisterin von Hermannstadt, nur habe es bis jetzt keine konkreten Initiativen gegeben, deshalb freue sie sich besonders über das Projekt vom Rotary-Club. Nun muss noch die zuständige zentrale Behörde in Bukarest die letzte Genehmigung erteilen, dann kann die beinahe 3 m hohe, monumentale Brukenthal-Statue auf dem Großen Ring aufgestellt werden.

Der Gewinner der Ausschreibung, der Bildhauer Árpád Deák, geboren 1955 in Neumarkt am Mieresch, ist kein Unbekannter in der Kunstszene Rumäniens. Er hat mehrere Projekte ähnlicher Natur realisieren können, so 2012 die interaktive Statuengruppe „Holnaposok" vor dem Ady-Endre-Gymnasium in Großwardein (Oradea), oder 2018 das Iuliu-Maniu-Denkmal vor der Griechisch-Katholischen Kirche St. Nikolaus ebenfalls in Großwardein.

Der Bildhauer Árpád Deák löst die von der Ausschreibungskommission in Hermannstadt gestellte Aufgabe sehr elegant. Vordergründig war nicht die Originalität gefragt, vielmehr die detailgetreue Darstellung des sehr komplexen Ritter-Gewandes des Stephans-Ordens.

Im neunten Kapitel der Ordens-Statuta von 1764 wird von der Ordensgründerin Maria Theresia, als Königin von Ungarn, die Kleiderordnung genau beschrieben: „Und da es die Eigenschaft des Ordens selbst erfordert, daß desselben Glieder eine eigene und seiner Würde gemäße Kleidung haben: so wollen Wir, daß sämtliche Ritter, bei allen öffentlichen Ordensfeierlichkeiten, einen langen mit oben weit aber enge zugehenden Ärmeln versehenen, mit Hermelin verbrämten, und mit karmesinroten Taffet gefütterten sammeten grünen Rittermantel umhaben sollen."

Im zehnten Kapitel der Statuta wird auf die Unterschiede der Rittergrade hingewiesen, die in der Kleidung sichtbar werden mussten: „Damit aber die Ritter durch die Kleidung nicht minder, als der Würde und dem Range nach, unterschieden sein mögen: so sollen die Großkreuze den Rittermantel und den Ordenshut nach der Vorschrift, das Unterkleid aber mit zerstreutem Eichenlaube reichlich gestickter tragen.“
Maria Theresia als erster Groß-Meister (magnus ...
Maria Theresia als erster Groß-Meister (magnus magister) des Hl. Stephans-Ordens, Kupferstich 1764. Sie trägt das für die Ritter des Ordens vorgesehene Ordenskleid. Die Ordenskette ist auf dem Beistelltisch zusammen mit der Krone und Szepter. Foto-Archiv Balazs.
Der Königlich-Ungarische Sankt Stephans-Orden, 1764 gegründet, kann als einer der ersten Verdienstorden Europas betrachtet werden. Erreichbar war er aber nur für den Adel. Im Falle der Großkreuzler, der dritten und höchsten Stufe des Sankt Stephans-Ordens, musste mindestens eine viergradige Adelsprobe vorgewiesen werden. Samuel von Brukenthal hätte diese Probe nicht bestanden. Der Großmeister des Ordens hatte aber das Recht, in Ausnahmefällen die eisernen Bestimmungen der Statuta außer Kraft zu setzen. Kaiser Joseph II., als Großmeister des Ordens und König von Ungarn, tat das 1787 im Falle Brukenthals.

Brukenthal empfand die Verleihung der höchsten Stufe des Ordens als eine außergewöhnliche Ehrung. In seinem Palais in Hermannstadt, im bevorzugten Empfangszimmer, hing an der Wand das Bild des Freiherrn in Lebensgröße, bekleidet in dem prächtigen Ordenskleide, ihn als Großkreuzler darstellend.

Vergleicht man das Ölbild von Georg Weikert aus dem Jahre 1792 und das eingereichte Statuen-Modell des Bildhauers, merkt man die Versiertheit des Künstlers Deák. Der leichte Tanzmeisterschritt des Gubernators im Ölbild wird verändert. Der zukünftige Brukenthal steht selbstbewusst, fast breitbeinig, mit gehobenem Haupt, in die Ferne blickend. Seine rechte Hand streckt er in halber Höhe einem imaginierten Gegenüber als freundliche Geste entgegen.

Wenn man die komplexe Frage in den virtuellen Raum stellen würde, ob es ein Denkmal gibt, Siebenbürgen als solches zu repräsentieren, könnte dieses Denkmal des Samuel von Brukenthal in Frage kommen. Auf jeden Fall ein würdiges Geschenk zu seinem 300. Jubiläum! Aber Kunst entsteht immer im Auge des Betrachters.

Josef Balazs

Schlagwörter: Brukenthal, Hermannstadt, Denkmal, Jubiläum, Wettbewerb, Maria Theresia

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