10. Juni 2022

Andreas II. und der Fünfte Kreuzzug

Ein Flüchtigkeitsfehler in dem Beitrag „800 Jahre ‚Goldene Bulle‘ in Ungarn“ (Siebenbürgische Zeitung vom 15. Mai 2022, S. 7, vgl. auch SbZ Online vom 22. Mai 2022) veranlasste den Historiker Dr. Konrad Gündisch der Teilnahme des ungarischen Königs Andreas II. (1205-1235) am Fünften (nicht Siebenten) Kreuzzug größere Aufmerksamkeit zu schenken.
Standbild des ungarischen Königs Andreas II. mit ...
Standbild des ungarischen Königs Andreas II. mit der „Goldenen Bulle“ in der Hand auf dem Heldenplatz in Budapest, aufgestellt anlässlich der Milleniumsausstellung von 1896. Bildhauer: György Zala. aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Andras-HosokTere-Budapešť_0066.jpg (Abruf: 28. April 2022)
Der Sohn von König Béla III. (1172-1196) hatte seinem Vater auf dem Totenbett versprochen, dessen nicht eingelöstes Kreuzzugsgelübde zu erfüllen. Erst nach 21 Jahren setzte er das Vorhaben in die Tat um, wohl weniger in Erinnerung an den Vater, vielmehr auf Druck des neuen Papstes Honorius III. (1216-1227), der auch den österreichischen Herzog Leopold VI. (1198-1230) sowie, erfolglos, den deutschen König (ab 1212) und späteren Kaiser (1220-1250) Friedrich II. dazu gedrängt hatte, die „Heiden“ aus dem Heiligen Land zu vertreiben.

Für Andreas bot sich dabei auch die Gelegenheit, zumindest vorübergehend seine Ansprüche auf die Krone des Lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel nach dem Tod seines Onkels Heinrich von Flandern (Kaiser: 1206-1216) anzumelden, worauf er dann aber zugunsten seines Schwiegervaters Peter von Courtenay verzichtete, der 1217 für kurze Zeit Kaiser wurde. Auch sonst hat Andreas II. eher das Knüpfen persönlicher und diplomatischer Verbindungen zu Herrschern und Staaten auf dem Balkan und im Nahen Osten interessiert, als eine effektive Teilnahme an dem Kreuzzug; diesen brach er nach der erfolglosen Belagerung der muslimischen Burg auf dem Berg Tabor im Dezember 1217 ab und kehrte im Januar 1218 nach Ungarn zurück.

Den anderen Kreuzfahrern gelang es zwar, die ägyptische Hafenstadt Damiette (1219) zu erobern, sie wurden jedoch 1221 im Nildelta vernichtend geschlagen und kehrten in ihre Heimatländer zurück, ohne ihrem Ziel, der Rückeroberung von Jerusalem, auch nur andeutungsweise näher gekommen zu sein. Der Papst gab vor allem Friedrich II. die Schuld am Scheitern, da er dem „Kreuzzug von Damiette“ ferngeblieben war. Der Kaiser führte den Kreuzzug erst 1228 weiter, allerdings ohne Krieg, sondern indem er Verhandlungen führte, um auf diesem Weg Jerusalem für die Christenheit zurückzugewinnen.

Andreas konnte sich seither trotzdem als Hierosolomitanus („der Jerusalemer“) bezeichnen lassen und war der einzige ungarische König, der an einem Kreuzzug teilgenommen hat. Die während des Kreuzzugs angebahnte Ehe seines Sohnes Béla IV. mit Maria, der Tochter des Kaisers von Nikaia Theodor Laskaris, brachte ihm und seinem Reich einen Prestigegewinn. Für die Vorgeschichte der „Goldenen Bulle“ ist das militärische Abenteuer, das vor Tabor kläglich geendet hatte, insoweit wichtig, als es viel Geld verschlungen und wenig gebracht, hingegen König Andreas II. und damit die Zentralmacht in Ungarn erheblich geschwächt hatte. Es wird auch angenommen, dass einige Ideen, die in die „Goldene Bulle“ eingeflossen sind, etwa das Widerstandsrecht, auf Regelungen zurückgehen, die zwischen den kreuzfahrenden Rittern und den Herrschern des Königreichs Jerusalem ausgehandelt worden waren.

Einen Nachruhm bescherte Andreas II. die „Fleisch-Extract Company Liebig“, die 1897 seinen Aufbruch ins Heilige Land in einer Farblithographie als Werbemittel für ihre Produkte in Italien eingesetzt hat.

Konrad Gündisch

Schlagwörter: Geschichte, Ungarn, Siebenbürgen, Konrad Gündisch

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