29. Juli 2022

Essen verbindet

Am Nordufer des Eriesees, im Südwesten der kanadischen Provinz Ontario, liegt Elgin County mit seinem Verwaltungssitz, der Stadt St. Thomas. Zum County gehört Aylmer, das den Lesern dieser Zeitung durch die Nachrichten unserer Landsleute aus Kanada bekannt sein dürfte. In Aylmer leben viele ausgewanderte Siebenbürger Sachsen, und dort steht auch seit über 50 Jahren die Saxonia Hall, Veranstaltungsort und Treffpunkt für die ansässigen Kanadier mit deutschen Wurzeln.
Kanada ist ein traditionelles und beliebtes Einwandererland. Die St. Thomas-Elgin Local Immigration Partnership, ein gemeinnütziger Verein vor Ort, hat sich kulturelle Vielfalt auf die Fahnen geschrieben und steht Neuankömmlingen aus anderen Ländern bei der Eingliederung mit Rat und Tat zur Seite. Eines seiner jüngeren Projekte ist das Kochbuch „From There to Here: Our Family Table“, das Rezepte von zwölf Einwanderern aus zehn Ländern versammelt – und hier kommen die Siebenbürger Sachsen wieder ins Spiel, denn auch Sofia (Sophie) Lindert und Erika Lang aus Aylmer haben gemeinsam für das 2019 erschienene Buch gekocht bzw. gebacken und sich dabei fotografieren lassen. Sofia, geborene Schlecht, Jahrgang 1944, stammt aus Ungersdorf und kam 1955 nach Kanada; Erika, geborene Schuster, Jahrgang 1940, stammt aus Marpod und kam 1958. Sie verließen also lange vor allen anderen Beiträgerinnen und Beiträgern (die zwischen 1986 und 2018 einwanderten) ihre angestammte Heimat und erinnern sich doch sehr genau an die typischen siebenbürgischen Lebensmittel und was man zu welcher Gelegenheit daraus machte. Und so kommt es, dass neben kambodschanischen, taiwanesischen, japanischen, sudanesischen, polnischen, britischen, niederdeutschen, kolumbianischen und jamaikanischen Gerichten auch „Cheesy Cornmeal“ (Käspalukes), „Caseless Sausage“ (Mici) und „Pillow Pastries“ (Hausenblasen) den Kosmos des Elgin County und das Kochbuch bereichern.

Die Kulturgruppenkoordinatorin der Saxonia Hall, Rebecca Horeth, die in der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada aktiv ist, hatte von dem Projekt gehört und bei den Mitgliedern in Aylmer dafür geworben. Gemeinsam wählten sie die drei Rezepte für das Buch aus und besorgten für die Fotos typische Küchenutensilien wie Besteck, Tischdecken und Geschirr. Gekocht und gebacken wurde zu dritt in einer professionellen Küche: Sofia und Erika wurden dabei von Rebecca tatkräftig unterstützt und auf Schritt und Tritt von der Fotografin Alieska Robles begleitet.
Erika Lang, Rebecca Horeth und Sofia (Sophie) ...
Erika Lang, Rebecca Horeth und Sofia (Sophie) Lindert (von links) mit den fertigen Hausenblasen. Foto: Alieska Robles
Da das Buch kurz vor dem Ausbruch der Covid 19-Pandemie erschienen ist, musste die geplante Buchvorstellung ausfallen, aber die Koordinatorin des Projekts, Petrusia Hontar von der St. Thomas-Elgin Local Immigration Partnership, organisierte im Sommer 2020 „Essen zum Mitnehmen“ mit Gerichten aus dem Buch, darunter Mici, jamaikanischer Reis mit Erbsen, polnischer Gurkensalat und britische Ingwerkekse.

Das Kochbuch „From There to Here: Our Family Table“ kann in verschiedenen Geschäften vor Ort oder online über https://stelip.ca/cookbook/ (auch als E-Book) erworben werden.

Vielleicht ist eine solche Rezeptsammlung ja auch eine Projektidee für Ihre Kreisgruppe, Nachbarschaft, HOG oder den Ort bzw. Stadtteil, in dem Sie wohnen? Was kochen eigentlich die Nachbarn? Manchmal riecht man es, aber weiß man wirklich, was nebenan auf den Tisch kommt? Fragen Sie doch mal nach – und wenn das nicht der erste Schritt zu einem Kochbuch ist, kommen Sie so zumindest ins Gespräch.

Doris Roth

Schlagwörter: Kanada, Kochbuch, Kulinarik, Einwanderung

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