12. November 2022

Weinfest auf Schloss Horneck

Der besondere Blick von Schloss Horneck auf den Weinberg „Himmelreich“ am Neckarufer mit seiner einzigartigen Steillage direkt hinter dem Schloss war sicherlich auch Ideengeber für Heidrun Negura, die das vielseitige Festprogramm des KulturWochenendes mit dem Motto „Allerlei rund um den Wein“ vom 7. bis 9. Oktober zusammenstellte. Der Weinberg wurde von dem Deutschen Orden ca. Mitte des 13. Jahrhunderts angelegt und ist etwa genauso alt wie einige Weinbaugebiete in Siebenbürgen. Hierdurch ist eine gemeinsame Verbindung zu sehen. Unter der Regie dreier Vorstände des Schlossvereins wurde ehrenamtlich ein unvergessliches Wochenende auf die Beine gestellt.
Im besonders schön geschmückten Festsaal fanden sich am Freitagabend die Gäste zum Gala-Dinner mit Drei-Gänge-Festmenü und korrespondierenden Weinen ein. Zu Beginn des Sektempfangs erklang im Hintergrund dezentes Klavierspiel von Angela Seiwerth. Die Gäste begrüßten einander und suchten an den herbstlich geschmückten Tischen ihre Tischkarten. Als Überraschung schritt das festlich gekleidete Sängerpaar singend in den Saal; es erklang das Lied „Champagner der Erste“(Johann Strauss), im Duett gesungen von Schauspielerin und Sängerin Bettina Ullrich und Liedermacher Hans Seiwerth, begleitet am Flügel von der Musikerin Angela Seiwerth. Das Stimmengeschwirr ward still und nach dem Zuprosten mit Sekt begrüßten Helge Krempels, Vorsitzender des Schlossvereins, und Bettina Ullrich zur musikalisch-kulinarischen Soirée: „Der Wein ist die Poesie der Erde“. Es erklangen Lieder aus Operetten: „Ich lade gern mir Gäste ein“ (Johann Strauss), gesungen von Bettina Ullrich, die sich nach eigenem Bekunden in „Schloss Horneck, die Umgebung und sein Publikum verliebt hat“; „Der Prodekan“ (Carl Zeller), gesungen von Seiwerth; Duette wie „In vino veritas“ (Friedrich Silcher) und „Ein Souper“(Johann Strauß) zur Vorspeise.

Der zur Vorspeise kredenzte Riesling Terra Regis (2017, halbtrocken) aus Bio-Weintrauben aus Bogeschdorf in Siebenbürgen vom Weingut Gaber, den Franziska Fleischer besonders informativ präsentierte, mundete vorzüglich; ein typischer Riesling, spritzig, fruchtig und leicht mit Geschmacksaromen von Zitrone, Quitte und Pfirsich mit der typischen Zartheit und Komplexität. Der „würzige Bogeschdorfer“ war früher ein in der Region berühmter Weißwein. Franziska Fleischer, die jüngste ehrenamtlich Helfende im Schlossverein, hatte sich extra Informationen von Winzer Gaber geholt.

In der Moderation von Bettina Ullrich, die unterhaltsam durch den Abend führte, erfuhren wir Sprüche über den Wein, z.B. von Kurt Tucholski, „Schade, dass man Wein nicht streicheln kann“, oder J. W. von Goethe, „Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“. Das Märchen der Brüder Grimm über das Muttergottesgläschen, ein weißes Blümchen mit roten Streifen, das Feldwinde heißt und einem Glase sehr ähnlich sieht, soll nicht unerwähnt bleiben.
Ensemble Tafelmusik, geleitet von Andrea Kulin. ...
Ensemble Tafelmusik, geleitet von Andrea Kulin. Foto: Günther Melzer
Der passende Rotwein zum Hauptgericht, ein Schwarzer Urban, gereift im Holzfass (trocken), vom Gundelsheimer Weinberg „Himmelreich“, wurde fachlich von Franziska Fleischer, mit würzigen Aromen von Holz, Pfeffer und Walnussschale mit ansprechenden Tanninen charakterisiert. Ein Toast, „Wir wünschen/Mer wänschen“ (Prof.Heinz Acker-Trad.), gesungen im Trio von Ullrich und Seiwerths in sächsischer Mundart, war Premiere und lud zur Hauptspeise ein. Das abwechslungsreich-unterhaltsame Programm mit der künstlerischen Darbietung von Weinliedern unterschiedlichen Genres von Bettina Ullrich und dem Ehepaar Angela (Gesang und Klavier) und Hans Seiwerth (Gesang und Gitarre) steigerte die fröhliche Stimmung der Gäste nach dem Hauptgang. Es gab Weinlieder solo gesungen, wie z.B. Lieder von Bertold Brecht, vorgetragen von Ullrich, oder „Aus tiefem Keller“ mit der wahren Kellerstimme Hans Seiwerths, sowie Lieder gesungen im Trio, wie das französische Weinlied „Tourdion“ (Pierre Attaingnant, 1530).

Zum Dessert durften wir einen 2018 Trollinger Rosé vom Gundelsheimer Himmelreich genießen, den unsere junge „Sommeliére“ Franziska Fleischer treffend mit Fruchtaromen wie Himbeere und Johannisbeere beschrieb. Ullrich berichtete aus der Weinsprache, zum Beispiel, dass ein Blockbuster in Sachen Wein keinen Kinofilm meint, sondern einen schweren, konzentrierten Wein, der vor Farbtiefe, Kraft, Alkohol und Tannin strotzt und dadurch dicht und durchdringlich wirkt.
Bettina Ullrich und Hans Seiwerth singen zum ...
Bettina Ullrich und Hans Seiwerth singen zum Sektempfang „Champagner, der Erste“. Fotos: Günther Melzer
Nach dem Dessert war die Stimmung reif für Wein- und Schunkellieder und auch Gastauftritte. Jürgen aus Siebenbürgen wurde von Ullrich unter Applaus des Publikums aufgefordert, bei „Griechischer Wein“ mitzusingen, und begeisterte das Publikum. Damit gab es den vierten Künstler in der neuen Besetzung, der zum Erfolg der Stimmung beitrug. Ullrich und Seiwerth hatten sich auch erst im Juli 2022 beim Schlossfest gesanglich kennengelernt, bei einer sächsischen Zugabe Ullrichs, wo Seiwerth spontan mitsang. Lieder wie „Die kleine Kneipe“, „Lustig ihr Brüder“, „Trink, trink, Brüderlein trink“ trugen dazu bei, dass sich alle sehr wohl fühlten, mitsangen und mitschunkelten. Ehepaar Binnen legte sogar ein Tänzchen aufs Parkett. Das Lied „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ durfte zum Abschluss des offiziellen Teils des Abends nicht fehlen und wurde von allen „aus voller Kehle“ mitgesungen. An diesem Abend konnte man Lebensfreude und Frohsinn im Festsaal förmlich spüren. Alle waren sich über die gelungene Festgala einig und fielen glücklich und selig ins kuschelige Hotelbett. Ob sie wohl von der Bedeutung des Spruches „In vino veritas“ geträumt haben?

Schlossführungen und Bericht aus dem Schlossverein und traditionelles Kuchenbüfett

Am nächsten Morgen starteten vier Schlossführungen: eine bauliche Schlossführung mit Dr. Axel Froese, eine historische Schlossführung mit Alfred Deptner, eine Führung mit Prof. Heinz Acker durch die siebenbürgischen Musikgeschichte, dargestellt von ihm nach aufwendiger Recherche und Zusammenstellung auf Themenwänden im „Salon Irtel“ und der Lebensgeschichte des Wunderkinds Carl Filtsch im gleichnamigen Salon, beide Räume neben dem Festsaal. Zusätzlich präsentierte Acker musikalische Beispiele des siebenbürgischen Komponisten Georg Meyndt am Cembalo und erläuterte den Unterschied zum Klavier: das historisch sehr wertvolle Cembalo (Blütezeit 15.-18. Jahrhundert) als Zupfinstrument, wo die Saiten, wie die Fachleute sagen, angerissen werden, im Gegensatz zum Klavier, wo die Saiten angeschlagen werden. Eine weitere Führung durch die Bibliothek, Archiv und das Siebenbürgen-Institut wurde von Christian Rother durchgeführt.

Vor dem Mittagessen wurde der Bericht aus dem Schlossverein und Vereinsleben von Heidrun Negura und Dr. Axel Froese im Festsaal in Powerpoint-Präsentation dargestellt. Eine Fülle von Aktivitäten, Arbeitscamps, Waldbegehungen im Wald des Schlosses wurden seit Oktober 2021 trotz Corona-Pandemie von vielen Mitgliedern ehrenamtlich organisiert und durchgeführt. Dafür gebührt allen ein herzliches Dankeschön. Besonders das 1.-Mai-Fest, das KulturWochenende im Mai und das Sommerliche Schlossfest hatten sehr gute Resonanz und sehr gute Außenwirkung. Der Tag des Offenen Denkmals zeigte reges Interesse bei der regionalen Bevölkerung, einschließlich der Vorträge über die Mausohrfledermäuse, die willkommene Schlossmitbewohner sind. Viele weitere Besucher und Gäste wurden mit Schlossführungen empfangen. Die interne Kommunikation des Schlossvereins wurde auf neue digitale Beine gestellt und die äußere Kommunikation soll weiter intensiviert werden, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Die Zukunft des Schlossvereins und damit von Schloss Horneck liegt allen Vereinsmitgliedern sehr am Herzen. Wünschenswert wären noch mehr Mitglieder im Schlossverein. (Vereinsjahresbeitrag 49 Euro; Informationen auf der Homepage: www.schloss-horneck.de). Das Siebenbürgische Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e.V. (Schlossverein) benötigt Mitglieder, Spenden, Nachlässe, um das Gebäude, Heimat für die siebenbürgischen Institutionen vor Ort zu erhalten und lebendige Kulturveranstaltungen zu bieten.

Torten- und Kuchenvielfalt des Kuchenbüfetts, von Vereinsmitgliedern gebacken, ließen keine Wünsche offen; alle schmeckten hervorragend, nach dem Mittagessen auf der Veranda.

„Allerlei rund um den Wein“ – Klassik Volkslied und Tanz

Einen musikalischen Hochgenuss konnten wir anschließend im Festsaal bei „Cembalo und Gesang“ erleben. Die international renommierte Kirchen- und Konzertorganistin Ilse Maria Reich spielte eine Sonate für Cembalo von Felicia Donceanu. Ihren Sohn Christoph Reich, Bariton, begleitete sie dann am Flügel bei Interpretationen von siebenbürgisch-sächsischen Liedern von Georg Meyndt (1852-1903), bearbeitet von Prof. Heinz Acker. Die Lieder in sächsischer Mundart, vorgetragen mit samtiger weicher Stimme, berührten besonders: Det Brännchen, De Bank, Vun agefer, Sät wä hisch, Der Honef, En gat Lir, Det Gläck, um nur einige zu nennen. Es war ein unvergessliches Erlebnis.

In dem spannenden Vortrag „Wein ist ein besonderer Rebensaft“ berichtete Dr. Hans Günter Zerwes, Enkel eines prämierten Weinbauers aus Siebenbürgen, über 800 Jahre Weinbau in Siebenbürgen. Schon im frühen Mittelalter brachten die Siedler aus ihren Regionen an Mosel und Rhein, Reben in das relativ dünn besiedelte Gebiet Siebenbürgens zwischen den Flüssen Alt und Große Kokel, eine als Königsboden (Terra Regis) bezeichnete Region, mit. Der Wein konnte in der neuen Heimat gut gedeihen, weil die Königsboden-Region als optimale Zone breitenmäßig auf der Höhe der Toskana und Bordeaux liegt. Der Weinbau war auch stark abhängig von den Launen der Natur und hatte eine Sonderstellung in Siebenbürgen. Dr. Zerwes berichtete mit viel Bildmaterial über die vielen mühsamen, aber auch erfolgreiche Schritte des siebenbürgischen Weinbaus, über die Weinlese als Höhepunkt des Winzerjahres, über Mediasch als Zentrum des Weinbaus im Kokelgebiet, über den Weinpreis als Leitwährung sowie die Weiterentwicklungen und Versuche, die sächsische Weinbautradition nach der Wende wieder neu zu beleben, wie in Bogeschdorf von Familie Gaber /Terra Regis, in Tekendorf von Familie Zaig, in Mediasch von „Crama Frauendorf“.

Eine weitere musikalische Darbietung unter dem Titel „Siebenbürgen … Land voll Gold und Rebensaft“ wurde geleitet von der Musikerin Andrea Kulin, Leiterin der Siebenbürgischen Kantorei, mit ihrem „Ensemble Tafelmusik“. Die Musik des Quintetts mit Cembalo, Fagott, zwei Querflöten und Blockflöte im Festsaal verzauberte das Publikum mit zwei Sonaten von G. P. Telemann. Zum gemeinsamen Singen von Herbstliedern wurden alle animiert. Liedtexte, wie u.a. „De Astern“, „Kutt ir Med, sätzt äm mich nedder“, „Härwestlied“, „Vuoter, er sellt hieme kunn“, letzteres ergänzt mit schauspielerisch gekonnter Sprechstimme von Prof. Heinz Acker, waren vorsorglich schon ausgeteilt sowohl in sächsisch als auch deutscher Sprache.

Zum Abschluss des gelungenen Festprogramms brachte die Jugendtanzgruppe Heilbronn abends mit ihren fliegenden bunten Trachtenbändern der Mädchen flotte Stimmung und Schwung in den Festsaal, erinnernd an Tanz zum siebenbürgischen Weinfest. Die Tanzgruppe führte Volkstänze auf, abschließend den Tanz „Et wor emol e recklich Med“, und freute sich über regen Applaus. Mit vorzüglichen siebenbürgischen Spezialitäten zum Abendbrot, gutem Wein, mit gemütlichem Beisammensein in der Veranda konnte der Tag fröhlich und weinselig ausklingen.

Ein herzliches Dankeschön gilt den Kulturpaten Dr. Ortrud Graeser und Dipl.-Ing. Gerhardt Graeser, die dieses Wochenende ermöglicht haben; dem Ehepaar Angela und Hans Seiwerth, die erneut auf Gage verzichten, sowie allen Künstlern und Vortragenden. Danke auch allen ehrenamtlichen Organisatoren und Helfern des Schlossvereins. Es war ein unvergessliches Festwochenende auf Schloss Horneck. Gemeinsamer Kulturgenuss und gutes Essen trugen zu frohen Stimmung, Lebensfreude und Lebenslust bei. Freundschaften wurden geknüpft, Begegnungen intensiviert, viel Austausch war möglich. Es bleibt der Wunsch aller, trotz schwieriger Zeiten, weiter so schöne Schlossfeste erleben zu können.

Dr. Heidrun Menning-Heidner



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„Alles rund um den Wein…“ - KulturWochenende auf Schloss Horneck, Freitagabend

„Alles rund um den Wein…“ - KulturWochenende auf Schloss Horneck, Samstag

Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, Weinfest, Schlossverein, KulturWochenende

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