13. Oktober 2009

Bayerische Kulturreferenten erörtern zeitgemäße Formen der Kulturarbeit

Das Tagungsprogramm der bayerischen Kulturreferenten am 12. und 13. September in Wald­kraiburg war vielfältig und niveauvoll. Die Leiterin der Tagung, Doris Hutter, begrüßte die 25 Teilnehmer im Haus Sudetenland in Waldkraiburg. Dort stellten sich hauptsächlich in Bayern lebende Kulturreferenten, respektive an Kultur Interessierte vor.
Den Vortrag „Jugendarbeit im Verband: Erfah­rungen, Motivation, Zugang“ hielten Andreas Roth, stellvertretender Vorsitzender der Landes­gruppe wie der Kreisgruppe München, und Eve­lyn Teutsch von der SJD Bayern. Andreas Roth, der seit zehn Jahren in der Jugendarbeit tätig ist, sprach über den Aufbau der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland, über Inter­essenvertreter und Ansprechpartner für Kinder- und Jugendarbeit sowie über die Aktivitäten des Verbandes: Brauchtumsveranstaltungen, Ju­gendbälle, Sport und Freizeit, Themenwochen­enden. Auch wies er hin auf die Aufgaben und Ziele, wie das Fortführen unseres bald 900-jährigen siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes und dessen Weitergabe an die Folgegeneration, das Bewahren unseres Gemeinschaftssinns, Dia­lekts, die Pflege von Kontakten zu anderen Grup­pen innerhalb der Föderation. Es sei schwierig, neue Mitglieder zu werben. Er sprach mit Über­zeugung und viel jugendlicher Begeisterung.

Doris Hutter würdigte die Jugend als eine be­sondere Stütze in der Verbandsarbeit und lobte die Rolle der Jugend beim Heimattag in Dinkels­bühl. Das Anwerben erfolgt wohl am besten durch persönliche Ansprache, war das Fazit in der anschließenden Diskussionsrunde. Viele Teil­nehmer wiesen hin auf die Notwendigkeit von Geschichtskenntnissen – irgendwann wächst bei vielen das Interesse an ihren Wurzeln. Jugend­liche können hauptsächlich über attraktive Aktivitäten herangezogen werden, sie wollen Spaß dabei haben. Einige Teilnehmer berichteten über Veranstaltungen mit und für Kinder, die auf diese Weise dann in die Jugendarbeit hineinwachsen sollen.

Der Vortrag von Michael Markel, „Das Sieben­bürgisch-Sächsische. Gestern. Heute. Morgen?“, weckte bei allen reges Interesse. Man erfuhr z. B., dass das Siebenbürgisch-Sächsische ein westmittelfränkischer Dialekt ist. Herr Markel sprach über einige gemeinsame Kennzeichen, mittelfränkische Eigenheiten, wie die teilweisen Lautverschiebungen (Pfarrer – Farr, aber Trop­fen – Troopen), unterbleibende stimmhafte Den­talverschiebungen (Tag – Dåch) und über die Eifler Regel (die im Nordsiebenbürgischen unterbleibt). Er erwähnte auch die Besonder­heiten der Siebenbürger „Kanzleisprache“ und dass Predigten zwar hochdeutsch geschrieben, jedoch sächsisch gehalten wurden. In der Schule gab es deutsche Bücher, aber die Kinder mussten sächsisch lesen. Erst 1848 wur­de dieser „Unfug“ beendet. Er berichtete über verschiedene Theorien unserer Einwanderung, über den Einfluss der Hochsprache auf unseren „buntgescheckten“ Dialekt und über die heutige Situation unserer Mundart. Sie wird hauptsächlich als Familiensprache benutzt; und ihre Zu­kunft ist gefährdet.
Kulturreferenten des Landesverbandes Bayern bei ...
Kulturreferenten des Landesverbandes Bayern bei der Stadtbesichtigung in Waldkraiburg.
Nach einer interessanten Stadtführung von Herrn Schleich durch Waldkraiburg, das von Flüchtlingen begründet und inzwischen gewach­sen ist, folgten Berichte aus den verschiedenen Kreisgruppen. Am Abend sang der Waldkraibur­ger Chor (Dirigentin Johanna Pelger). Es folgte ein gemütliches Beisammensein mit Erfahrungs­austausch, Vorträgen und Liedern.

Am Sonntag referierte Maria Schenker über „Historische Kleidung bei Umzügen und im Theater der Siebenbürger Sachsen“. Sie berichtete über den Wert unserer verschiedenartigen Trachten. Dieser Vortrag regte an zu Dis­kus­sio­nen über das Problem der Authentizität dieser Kleidung, über die Schwierigkeit, Trach­ten zu be­schaffen. Es gibt immer weniger Men­schen, welche die Technik des Stickens, Netzens usw. beherrschen. Maria Schenker gab praktische Hinweise zum Aufbewahren der einzelnen Tei­le. Bezüglich des Bockelns hat sie jüngst ge­mein­sam mit anderen Frauen in der Bundesge­schäftsstelle des Verbandes in München diese schwierige Prozedur vergeführt und die einzelnen Schritte genau erklärt (DVD erhältlich gegen eine Schutzgebühr von 5 Euro in der Geschäfts­stelle in München). Da das Thema Trachten bei dieser Tagung nicht befriedigend geklärt werden konnte, schlug Doris Hutter ein Seminar vor, bei dem Interessierte kompetent informiert werden könnten. Vor allem für Trachten, die in Deutsch­land beim Tanzen getragen werden, sollten Richtlinien von Fachleuten erarbeitet werden.

Aus den Berichten über die Kulturarbeit in den einzelnen Kreisgruppen konnten die Teil­nehmer viele Anregungen erfahren. Neben Blas­musik, Tanz- und Theateraufführungen, Bällen, Kronenfesten werden noch viele andere Veran­staltungen organisiert. Dabei ist es hilfreich, mit anderen Gremien zusammenzuarbeiten: z. B. mit dem Haus des Deutschen Ostens oder dem Bund der Vertriebenen. Vor allem Auftritte in Kirchen sind geeignet und relativ einfach zu or­ga­ni­sieren: Büchertische, Vitrinen mit sächsischen Krü­gen oder mit Schmuck, Vorträge, Som­merfeste, Gottesdienste mit siebenbürgischer Liturgie. Weitere Vorschläge waren Reisen nach Sieben­bürgen oder Seniorenarbeit, wozu auch Einhei­mische eingeladen werden können.

Doris Hutter wies noch auf die Ausstellung „Die Schulen der Siebenbürger Sachsen“ hin. Die neuen, leichten Stellwände können in einem Pkw transportiert, an Wände gehängt oder auf Ti­schen aufgestellt werden. Für 100 Euro kann die Ausstellung in Nürnberg bei Johann Ohler, Mobil: (01 71) 4 57 59 99, ausgeliehen werden. Für 5 Euro kann auch der dazugehörige Kata­log bestellt werden. Er wurde, wie die Ausstel­lung auch, vom Schulmuseum Nürnberg zusammengestellt.

Die Kulturreferentin des Landesverbandes Bayern dankte allen Teilnehmern für ihre Mit­arbeit und wünschte sich und uns allen, diese Ideen mitnehmen und so weit wie möglich auch verwirklichen zu können.

Renate Kaiser

Schlagwörter: Kultur, Tagung, Bayern

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Neueste Kommentare

  • 13.10.2009, 16:57 Uhr von Scheibi: In dieser Berichterstattung ist, ein brissantes Thema verbal gut aufpoliert. Ich erkenne in dem ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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