23. Oktober 2018

Orgelbau Honigberg: feierliche Stafettenübergabe

„Wer hätte gedacht, dass heute die gleichen drei Leute hier sind, die die Basis für die Ausbildungswerkstatt für Orgelbau und Schreinerei in Honigberg vor genau 23 Jahren gelegt haben?“, beginnt Orgelbaumeister Ferdinand Stemmer seine Festrede bei der symbolischen Übergabe der Stafette durch die Schweizer Stiftung für Orgeln in Rumänien (SSOR) an die rumänische Tochterstiftung Fundația pentru Pregătire profesională din România (FPPR) am 13. Oktober in der Martinsberger Kirche in Kronstadt.
Damals hatte der Schweizer mit seinen Landsleuten, der Orgelbauerin Barbara Dutli und Jörg Leutert, dem heutigen Musikwart der Evangelischen Landeskirche A. B. – der beim Festakt zusammen mit Organistin Ursula Philippi und seiner norwegischen Ehefrau Brita Falch Leutert die musikalische Einstimmung bestreitet – eine Reise nach Siebenbürgen unternommen. Sie wollten eine Orgel in Chendu reinigen. Nachdem sie in Kronstadt Steffen Schlandt kennengelernt und über die einzigartige, doch restaurationsbedürftige Orgellandschaft in Siebenbürgen erfahren hatten, entstand die Idee, Lehrlinge aus Rumänien hierfür in der Schweiz auszubilden. Die Reparatur der kleinen Hesse-Orgel aus dem Chor der Schwarzen Kirche in Zumikon 1997 führte schließlich zur Konkretisierung des Projekts, das durch Gründung einer Stiftung in der Schweiz finanziert werden sollte. Beim Werkstatt-Konzert vor dem Rücktransfer der Orgel, als Dank für die Sponsoren gedacht, lernte Ferdinand Stemmer Ernst Leonhardt kennen, heute Vorsitzender der 1999 gegründeten Schweizer Stiftung. Weil jedoch für rumänische Lehrlinge kein Visum für die Schweiz erwirkt werden konnte, entschloss man sich, das Projekt nach Rumänien zu verlagern. Eine Tochterstiftung, die FPPR, wurde ins Leben gerufen, um in Honigberg eine Lehr-Werkstatt (SC Construcții de Orgi și Tâmplarie, kurz: COT) errichten und finanzieren zu können, der 2003 eine hauseigene Berufsschule für duale Ausbildung hinzugefügt wurde.
Bewegende Geste von Ursula Philippi: 35 ...
Bewegende Geste von Ursula Philippi: 35 reparierte Orgeln in Siebenbürgen „danken“ Barbara Dutli mit je einer Rose für ihre Rettung. Foto: George Dumitriu
Über 40 Lehrlinge haben Stemmer und Dutli, die für die tägliche Arbeit in der Werkstatt und später als Leiterin der Schule nach Rumänien zog, in den letzten 15 Jahren in Honigberg zu Orgelbauern und Schreinern ausgebildet. Als Kooperationspartner für den theoretischen Teil wurde die Fakultät für Holzindustrie an der Kronstädter Transilvania Universität gewonnen.

Doch von Anbeginn war geplant, dass es sich um ein Hilfe-zur-Selbsthilfe-Projekt handeln solle, aus dem sich die Schweizer irgendwann zurückziehen würden. So wurde vor vier Jahren die Lehr-Werkstatt COT an die beiden besten Lehrlinge, Daniel Popovici und Arpad Magyar, übergeben. Am 13. Oktober 2018 wurde nun auch die Ausbildungskomponente, FPPR, in die Hände der rumänischen Orgelbauer gelegt, die diese ab 2019 offiziell alleine weiterführen werden. Zur feierlichen Übergabe, bei der auch Ferdinand Stemmer und Barbara Dutli verabschiedet wurden, begrüßte Ernst Leonhardt als „Zeremonienmeister“ den Schweizer Botschafter Urs Herren, den Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, Reinhart Guib, und den Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen (DFDR), Dr. Paul Jürgen Porr, und dankte allen Beteiligten. Ein spezieller Dank ging auch an die Kirchengemeinde Honigberg, wo 2002/2003 auf einem zum Pfarrhaus gehörigen Gelände ein Werkstattgebäude für die COT – mit modernster Technik aus der Schweiz dotiert – errichtet wurde. Die Kirchengemeinde stellte auch eine Immobilie als Internat zur Verfügung, wo die Lehrlinge kostenlos wohnten und verpflegt wurden. Mit einer ans Herz gehenden Geste verabschiedete sich Ursula Philippi von Barbara Dutli: Für ihre Freundschaft überreichte sie dieser zuerst eine langstielige Rose und zog darauf einen großen Strauß ebensolcher Rosen hervor – 35 Stück, jede mit einem Anhänger versehen – als Dank der restaurierten Orgeln!

Magyar und Popovici waren in den letzten Jahren speziell für ihre Führungsaufgabe geschult worden, beide haben ein Ingenieurstudium und Ausbildungen im Management absolviert. „Unser Ziel für dieses Projekt zur Selbsthilfe ist erreicht, so dass wir heute symbolisch die Stafette übergeben“, meinte Leonhardt, versprach dem neuen Team jedoch, zumindest mit dem Rat der Schweizer könne es auch weiterhin rechnen. Ernst Leonhardt wurde für seinen langjährigen Einsatz in diesem Projekt am 10. Oktober von Staatspräsident Klaus Johannis mit einem hohen Kulturorden Rumäniens ausgezeichnet.

Nina May

Schlagwörter: Orgeln, Siebenbürgen, Schweiz, Stiftung, Restaurierung

Bewerten:

31 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.