11. September 2023

Heltauer Kirchenburg wurde nach eingehender Restaurierung wiedereingeweiht

Ein regelrechter „Wiedereinweihungsreigen“ von Kirchenburgen, die im Rahmen eines 13 solcher Kirchenburgen umfassenden EU-Projekts repariert und konserviert worden sind, fand am ersten Augustwochenende in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien statt. Den Anfang machte Reps am 4. August (siehe Beilage „Kirche und Heimat“, S. 16), es folgten Heltau am 5. August und Petersberg am 6. August (HOG-Nachrichten, S. 27, siehe auch SbZ Online). Am 12. August waren Roseln und Großschenk angesagt, am 13. August Großau (siehe S. 28, vgl. auch SbZ Online). Die Hermannstädter Zeitung war in Heltau dabei, wo der erfolgreiche Abschluss des EU-Projekts „Reparatur und Konservierung der Heltauer Kirchenburg und deren Einführung in das touristische Angebot der Region“ in würdigem Rahmen begangen wurde.
Festgottesdienst am 5. August 2023 zur ...
Festgottesdienst am 5. August 2023 zur Wiedereinweihung der evangelischen Kirche in ­Heltau. Foto: Heike Mai-Lehni
Die Heltauer Kirchenburg verfügt über mehrere Besonderheiten, die ebenfalls saniert werden sollen. So ist der 1425 errichtete Kirchturm der erste Kirchturm mit Turmuhr in Siebenbürgen (und folglich auf dem Gebiet des heutigen Rumänien). Ein Unikat stellt auch der Blitzableiter dar. Es ist der erste südöstlich von Wien eingerichtete Blitzableiter. Die Einsetzung des Blitzableiters erfolgte 1795, nachdem die Kirche mehrmals von Blitzschlägen getroffen worden war und gebrannt hatte und das Geld für die unzähligen Reparaturen ausgegangen war. Die Einsetzung erfolgte auf Grund des Aberglaubens, dass der Blitz nie an der gleichen Stelle einschlägt. So führte man den Blitzableiter auf der Linie des letzten Blitzschlags und seither ist die Kirche verschont geblieben. Zu diesen inzwischen ebenfalls reparierten Besonderheiten zählt nun auch das in mühsamer Kleinarbeit und unter größter Sorgfalt freigelegte mittelalterliche Fresko aus dem 13. Jahrhundert, das den gesamten Innenraum der evangelischen Kirche schmückt. Das Fresko ist sowohl im Chorraum als auch im Mittelschiff der Kirche sichtbar und gilt den Fachleuten zufolge als eines der ältesten Fresken Siebenbürgens. Mit dem Freilegen und dem Konservieren dieses Kleinods besinnen sich die Heltauer Evangelischen ein weiteres Mal auf die katholischen Wurzeln der Gemeinde. Da die Heltauer Kirche – eine auf das 13. Jahrhundert zurückgehende romanische Basilika – der Heiligen Walburga geweiht ist, hat schon der Vorgänger von Stadtpfarrer Zorán Kézdi, Pfarrer Stefan Cosoroabă, die Initiative ergriffen, 2006 den Walburga-Preis zu stiften. Seither begeht die Gemeinde am Sonntag nach dem Walburga-Tag ihr Kirchweihfest, das in der Gemeinde auch als Tag des Ehrenamtes gefeiert wird.
Aus der Vogelperspektive betrachtet, erstrahlt ...
Aus der Vogelperspektive betrachtet, erstrahlt die frisch renovierte Heltauer Kirchenburg mitten in dem am Fuße des Götzenberges gelegenen Städtchen Tag und Nacht in neuem Glanz und wird bestimmt bald wieder zahlreiche Besucherinnen und Besucher anziehen. Foto: privat (HZ)
Nachdem der Zug der Ehrengäste, allen voran Kurator Ortwin Herberth mit der Bibel von 1550 und Kirchenvater Robert Fink mit dem vorreformatorischen Vortragkreuz in die Kirche, eingezogen war, eröffnete der Kinderchor zur Gitarrenbegleitung mit dem Lied des Evangelischen Kirchentags „Die Zeit ist jetzt“ fröhlich den Festgottesdienst. Stadtpfarrer Zorán Kézdi begrüßte alle aufs Herzlichste: „Heute ist ein denkwürdiger und historischer Tag für uns alle. Jetzt ist die Zeit für Dankbarkeit, denn wir dürfen dieses wunderbare, 800 Jahre alte Gotteshaus nach 4 Jahren Renovierungsarbeiten wieder seiner Bestimmung zuführen. Dankbarkeit erfüllt uns, denn für uns ist diese Kirche mehr als nur ein ehrwürdiges altes Gebäude aus Stein. Sie ist der geistliche Mittelpunkt unserer Gemeinde, der Ort, an dem wir uns versammeln, um gemeinsam zu beten, zu singen, zu trauern und zu feiern. Jetzt ist die Zeit für Hoffnung, denn die Wiedereinweihung ist ein Zeichen des Neuanfangs. In den Jahren, in denen die Tore dieser Kirche geschlossen waren, haben wir ihre Bedeutung umso mehr zu schätzen gelernt. Die Wiedereröffnung heute ist ein Lichtblick, der uns Zuversicht schenkt. Möge diese Hoffnung uns auf unserem weiteren Weg begleiten und uns auch in Zeiten der Herausforderung stärken. Jetzt ist die Zeit für Gemeinschaft, denn wir schauen zurück auf all die wunderbaren Momente, die in diesen heiligen Mauern erlebt wurden. Generationen vor uns haben diese Kirche erbaut und gepflegt. Hier haben Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten stattgefunden, hier wurden tröstende Worte ­gesprochen. Möge all das Gute und ­Segensreiche in unseren Herzen weiterleben und uns über Grenzen hinweg zusammenhalten, um gemeinsam eine lebendige Gemeinschaft zu bleiben. Jetzt ist die Zeit für Engagement, denn die Renovierung unserer Kirche erforderte den Einsatz und die Hingabe vieler Menschen. Die Renovierung dieser Kirche zeigt vorbildlich wie fruchtbar eine auf Augenhöhe und von gegenseitigem Respekt geprägte Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinde und Heimatortsgemeinschaft sein kann und sein muss. Möge dieser Geist des Engagements weiterhin in unserer Gemeinschaft über Grenzen hinweg wirken, damit unsere Kirche nicht nur ein Symbol der Vergangenheit ist, sondern auch ein Ort, an dem wir uns für eine lebendige Zukunft einsetzen. Jetzt ist die Zeit für Vergebung, denn in der Vergangenheit mag es auch Streitigkeiten und Unstimmigkeiten gegeben haben. Lassen Sie uns diese Gelegenheit nutzen, um einander zu vergeben und mit einem neuen Verständnis und einer neuen Verbundenheit voranzuschreiten. Jetzt ist die Zeit für Freude, denn wir dürfen die Türen unserer Heltauer Kirche öffnen und das Licht hineinlassen. Möge dieses Gotteshaus erneut ein Ort des Trostes, der Hoffnung und des Glaubens sein. Lasst uns die Freude darüber teilen, dass wir wieder hier zusammenkommen und gemeinsam die Gegenwart und Zukunft gestalten können.“

In seiner Predigt zu den Tageslosungen vom 5. August stellte Bischof Reinhart Guib fest: „Es war kein reibungsloser Vorgang, kein leichter Weg, aber ihr seid daran gereift. Ihr Heltauer von hier und dort seid dadurch noch mehr verbunden und zusammengewachsen.“
Festgottesdienst in Heltau, von links: Der HOG ...
Festgottesdienst in Heltau, von links: Der HOG-Vorsitzende Heinz Hermann, Hauptanwalt Friedrich Gunesch, Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Konsulin Kerstin Ursula Jahn, Vizebürgermeister Dan Filip. Foto: Beatrice Ungar
Wie sehr dieses Zusammenwachsen gediehen ist, bestätigte in seinem Grußwort der HOG-Vorsitzende Heinz Hermann: „Seitens der HOG Heltau bedanke ich mich für die lang anhaltende substantielle Spendenbereitschaft um die sogenannten 2 Prozent Eigenbeteiligung zu stemmen, die Deckung der unvorhergesehenen Ausgaben als auch das Vertrauen ob der richtigen Entscheidungen.“ Hermann wies auch auf den über dem Chorraum angebrachten neuen Leitspruch: „Denn Gott bringt Frieden in die Welt. Der Menschheit, die er liebt!“

Nach vier Jahren intensiver Zusammenarbeit aller Beteiligten – der erste Spatenstich war am 3. März 2019 erfolgt, die Bauarbeiten hatten am 4. März 2019 begonnen – kann man getrost mit Konsulin Kerstin Ursula Jahn feststellen. „Ist auch jede Renovierungsgeschichte eine individuelle, so bin ich doch sicher, dass jeder, der, in welcher Form auch immer, an den jeweiligen Instandsetzungsprozessen beteiligt war, erzählen kann von: soviel Arbeit, so viel Mühe, so viel Kraft, so viel Entmutigung. Und von dem Licht am Horizont.“

Konsulin Jahn schloss mit den Worten: „Heltau ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass der Erhalt und die Sanierung von Kirchenburgen nicht nur von großer immaterieller Bedeutung für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen, ob hier oder im Ausland lebend, sondern darüber hinaus von schier unschätzbarem, kulturhistorischem Wert ist.“
Nach dem Festgottesdienst nahmen sich viele der ...
Nach dem Festgottesdienst nahmen sich viele der Anwesenden Zeit, um die verschiedenen Teile des freigelegten und konservierten Freskos im Innenraum der Walburga-Kirche zu bewundern. Foto: Beatrice Ungar
Dem kann nur beipflichten, wer in Heltau dabei gewesen ist. Ein Besuch ist die Kirchenburg allemal wert.

Beatrice Ungar

(Hermannstädter Zeitung vom 11. August 2023)

Schlagwörter: Heltau, Kirchenburg, Renovierung

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