29. November 2024

Vor der Parlamentswahl in Rumänien: drei Wahlempfehlungen und Ungewissheit durch das Urteil des Verfassungsgerichts

Kurz vor der Parlamentswahl in Rumänien am 1. Dezember empfiehlt der Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Rainer Lehni, den Kandidaten des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien mit dem Abgeordneten Ovidiu Ganţ an der Spitze zu wählen (diese Zeitung berichtete). Wahlempfehlungen wurden auch vom Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien und, ganz aktuell, von der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien abgegeben.
Der aus dem Banat stammende Parlamentarier Ovidiu ...
Der aus dem Banat stammende Parlamentarier Ovidiu Ganț hielt die Festansprache zur Eröffnung des Heimattages der Siebenbürger Sachsen am 18. Mai 2024 in Dinkelsbühl. Foto: Christian Schoger
In der Bundesvorstandssitzung vom 2. November 2024 in Stuttgart wurde folgende Wahlempfehlung einstimmig beschlossen: „Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland begrüßt und unterstützt die Kandidaten unseres Partnerverbandes, des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), für die Parlamentswahl in Rumänien am 1. Dezember 2024. Alle Landsleute, die noch die rumänische Staatsangehörigkeit besitzen und an der Parlamentswahl teilnehmen, werden aufgerufen, für die Forumskandidaten zu stimmen.“

Es ist sehr wichtig für die deutsche Minderheit, eine starke Stimme im rumänischen Parlament zu haben, um die eigenen Rechte und Anliegen durchsetzen zu können. Als hervorragender Vertreter hat sich Ovidiu Ganț bewährt. Er ist seit 20 Jahren Parlamentarier der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament und bewirbt sich für ein sechstes Mandat. Beim diesjährigen Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl wurde er mit dem Großen Ehrenwappen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen ausgezeichnet (siehe SbZ Online), kürzlich wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

In einem Interview, das Jonas Alischer mit ihm beim Heimattag in Dinkelsbühl geführt hat, gewährt Ovidiu Victor Ganţ einen sehr guten Einblick in seine parlamentarische Tätigkeit und die deutsch-rumänischen Beziehungen. Ganț gibt Auskunft, wie es ihm sowie dem jüdischen und serbischen Kollegen gelungen war, das Entschädigungsgesetz für Russlanddeportierte und andere politische Opfer des kommunistischen Regimes im rumänischen Parlament durchzusetzen (siehe Siebenbuerger.de-Kanal auf YouTube).

Der Vorstand und die Vertreterversammlung des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) beschlossen am 27. September in Hermannstadt eine Empfehlung für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Beide Gremien nahmen den vom DFDR-Vorsitzenden Dr. Paul Jürgen Porr vorgetragenen Text einstimmig an. Mitgliedern und Sympathisanten des Forums wird empfohlen: „1. Zur Wahl zu gehen und ihr demokratisches Recht auszuüben; 2. Ihre Stimme der Liste des DFDR mit dem derzeitigen Abgeordneten Ovidiu Ganţ als Spitzenkandidat für die Abgeordnetenkammer zu erteilen; 3. Was die Listen für den Senat und die Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen angeht, nicht für extremistische Parteien oder deren Kandidaten zu stimmen.“ Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl empfahl das Deutsche Forum, bei der Stichwahl „für die Vorsitzende der USR, Elena Lasconi, zu stimmen“, die anders als ihr Gegenkandidat Călin Georgescu einen europäischen Kurs verfolge (siehe auch Siebenbürgische Zeitung Online).

Erstmals Wahlempfehlung der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien

Eine Wahlempfehlung wurde erstmals auch von der Landeskirche in Hermannstadt erlassen. Im Namen des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien schreiben Bischof Reinhart Guib und Landeskirchenkuratorin Dr. Carmen Schuster am 28. November 2024:

„Die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien empfiehlt ihren Gemeindegliedern und Freunden aber auch der ganzen rumänischen Gesellschaft, Parteien und Kandidaten zu wählen, die sich für eine demokratische Ordnung, den europäischen Weg Rumäniens und die Freiheit des Einzelnen einsetzen.
Die Evangelische Kirche tut dieses auf der Grundlage ihrer Theologie, Tradition und Erfahrung. Aus theologischer Sicht sind die auf Liebe gegründeten christliche Freiheit und Toleranz unverzichtbare Werte. Jesus Christus hat nie zu Hass und Zwietracht aufgerufen. Aus Sicht der Tradition hat unsere Kirche ihren Ursprung in der Reformation (1517) im Herzen Europas. Durch die deutsche Verkündigungssprache hat sie damit Anteil an der europäischen Kultur und öffnet diese für wichtige Teile der rumänischen Gesellschaft. Aus Sicht der Erfahrung hat sie im 20. Jahrhundert unmittelbar und schwer unter nichtdemokratischen und diktatorischen Regimen gelitten. Ein Teil ihrer Gemeindeglieder wurde in die Sowjetunion deportiert, andere wiederum später von einem diktatorischen Regime verkauft.
Trotz der schwierigen Zeit, geprägt von Unruhe und Frustration, haben wir Vertrauen in die Reife der Wähler. Sie können unterscheiden zwischen einer Politik, die schädliche und extremistische Ideen vertritt, und einer, die die weitere Entwicklung Rumäniens innerhalb der Europäischen Union zum Ziel hat. Wir bestärken sie, ihre Stimme verantwortlich abzugeben. Ein feste Burg ist unser Gott!“

Verfassungsgericht in Bukarest ordnet Neuauszählung aller Stimmen an

Ein politisches Erdbeben löste nicht nur der Sieg des EU- und NATO-kritischen Călin Georgescu aus, sondern auch das katastrophale Ergebnis der Spitzenkandidaten der beiden Regierungsparteien beim ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl in Rumänien am 24. November (die Siebenbürgische Zeitung berichtete). Für erhebliche Unruhe und Ungewissheit sorgt nun das Urteil des Verfassungsgerichts in Bukarest, das die zentrale Wahlbehörde mit einer Neuauszählung aller Stimmen beauftragt hat. Der Leiter der Wahlbehörde erklärte, die Neuauszählung der 9,46 Millionen Stimmen werde mehrere Tage in Anspruch nehmen. „In Rumänien steht die Stichwahl des Präsidenten am 8. Dezember auf der Kippe“, schreibt das Handelsblatt.

Informationen zur Parlamentswahl in Rumänien

Über 950 Wahllokale werden für die Diaspora, die rumänischen Wähler im Ausland, bereitgestellt. In Deutschland gibt es 86 Wahllokale, davon 30 in Bayern. Hier können Sie die Liste der 950 Wahllokale in der ganzen Welt und die Liste der 86 Wahllokale in Deutschland als pdf-Dateien herunterladen. Ein nützlicher Link: Interaktive Karte der Wahllokale in Deutschland (Harta interactivă a secțiilor de votare).

Die Wähler müssen einen gültigen Reisepass oder Personalausweis (gegebenenfalls auch eine Meldebescheinigung) vorweisen (siehe SbZ Online). Während im Inland nur am Sonntag abgestimmt wird, sind die Wahllokale im Ausland an zwei bzw. drei Tagen geöffnet: Freitag von 12.00-21.00 Uhr, Samstag und Sonntag von 7.00-21.00 Uhr Ortszeit. Hier die genauen Termine: Parlamentswahlen am 30. November und 1. Dezember, Stichwahl der Präsidentschaftswahlen vom 6.-8. Dezember.

Hintergrundinformationen zur Parlamentswahl in Rumänien bietet die Bundeszentrale für politische Bildung: „Laut jüngsten Umfragen könnte die PSD zur stärksten Kraft werden – gefolgt von der rechtspopulistischen AUR. Die in den Jahren 2020 und 2021 regierende Koalition aus PNL, USR und UDMR muss den Demoskopen zufolge mit deutlichen Verlusten rechnen. Die liberale PNL, lange Zeit das politische Gegengewicht zu den populistisch auftretenden Sozialdemokraten, muss damit rechnen, künftig nur noch drittstärkste Kraft in Rumänien zu sein.“

S. B.

Schlagwörter: Parlamentswahlen, Präsidentschaftswahlen, Ovidiu Gant

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