22. April 2007

Ostern in Weilau: "Christ ist erstanden von der Marter alle"

„O Yesushi opre ushtilea Hristos a-nviat Der Herr ist auferstanden!“. „Er ist wahrhaftig auferstanden!“, antwortet die Gemeinde nacheinander auf romanes, rumänisch und deutsch. Mit diesem dreisprachigen Bekenntnis beginnt der Reener Pfarrer László-Zorán Kézdi in Weilau seinen vierten Ostergottesdienst heute, nach jenem in Sächsisch Regen, Deutsch-Zepling und Botsch. Siebenbürgische Vielsprachigkeit eben, wie nirgends sonst. Für Kézdi, 31¸ einst Schüler der Schäßburger Bergschule, längst Normalität, für mich, den Ausgewanderten, noch etwas gewöhnungsbedürftig. Zweimal im Monat feiert Pfarrer Kézdi mit seinen Gemeinden in Weilau, Deutsch-Zepling, Botsch, Nieder- und Obereidisch, Birk und Ludwigsdorf Gottesdienst in einem je nach Notwendigkeit variierten liturgischen Sprachen-Mix.
Das nördlich von Sächsisch Regen gelegene Weilau (Uila) besitzt die größte evangelisch-lutherische Gemeinde unter den Roma in Siebenbürgen, 219 Mitglieder insgesamt. 53 sind heute gekommen, um die Auferstehung des Herrn zu feiern – darunter auffallend viele junge Menschen. Ich reibe mir die Augen, als sie auf deutsch auch die fünf für heute vorgesehenen Choräle aus dem Evangelischen Gesangbuch anstimmen, das in jeder Kirchenbank ausliegt: „Christ ist erstanden/Von der Marter alle;/Des solln wir alle froh sein,/Christ will unser Trost sein.“ Draußen scheint die warme Frühlingssonne durch die alten Lindenbäume und die Bienen summen geschäftig in den Wiesenblumen vor den frischgetünchten Wänden des barocken Gotteshauses.

Die evangelische Roma-Jugend von Weilau auf dem Weg zum Ostergottesdienst. Im Hintergrund der Glockenturm (die eigentliche Kirche befindet sich an einem Berghang außerhalb des Dorfes). Foto: Konrad Klein
Die evangelische Roma-Jugend von Weilau auf dem Weg zum Ostergottesdienst. Im Hintergrund der Glockenturm (die eigentliche Kirche befindet sich an einem Berghang außerhalb des Dorfes). Foto: Konrad Klein

Anschließend begleitet uns „Tutzi-Bacsi“, wie hier jeder den Kurator Bela Farkas nennt, noch ins ehemalige Pfarrhaus, wo jetzt sein Schwiegersohn wohnt. Kaffee und Kuchen, pardon: cozonac gibt es, und natürlich einen Selbstgebrannten: „Frohe Ostern! O del vashdel – Helf Gott!“ Unser Blick von der Terrasse fällt auf eine mustergültig geführte Wirtschaft, wie es so viele hier gibt. Ein Hahn, der kaum laufen kann vor lauter Männlichkeit, beäugt uns misstrauisch im späten Nachmittagslicht, begrüßt uns dann aber doch noch mit einem Flügelschlag und lautem Krähen. Gut ein Drittel der Dorfbewohner sind Rumänen, ein weiteres Drittel Zigeuner, der Rest Ungarn. Man lebt in guter Nachbarschaft in Weilau, auch wenn jeder – zumindest im Religiösen – seine eigenen Wege geht. Nur die Zigeuner sind hier mehrheitlich den Sachsen gefolgt und halten treu am guten alten Luther fest: „Ein’ feste Burg ist unser Gott.“ Schwarze Schafe? Nicht bei uns. „Mer sen Zigun. Mer mochen nichen Lichtet, mer mochen nor Gadet, mer verstiehlen nast“ (Wir sind Zigeuner. Wir machen nichts Schlechtes, wir machen nur Gutes und wir stehlen nicht), bekennt ein Zigeuner in sächsischer Mundart treuherzig in einem Filmporträt über die evangelische Roma-Gemeinde von Weilau, das die Deutschen Sendung des Rumänischen Fernsehens 2005 ausgestrahlt hatte. Nein, eingesperrt sei noch keiner von ihnen „hai za Welo“ gewesen.

Blick in den Kirchenraum während der diesjährigen Osterfeier. Vorne die Kinder (nicht im Bild) und die konfirmierten Mädchen, hinten die Frauen und Männer. Foto: Konrad Klein
Blick in den Kirchenraum während der diesjährigen Osterfeier. Vorne die Kinder (nicht im Bild) und die konfirmierten Mädchen, hinten die Frauen und Männer. Foto: Konrad Klein


Ja, die Sachsen haben in Siebenbürgen mehr Spuren hinterlassen als nur Kirchenburgen, Städte und stattliche Dörfer. Die in Weilau zählen für mich seit diesem Ostersonntag zu den anrührendsten.

Schlagwörter: Roma, Kirche und Heimat

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