26. Mai 2008

Deutsche wollen Politik in Rumänien mitgestalten

Wer zählt zur deutschen Minderheit in Rumänien, wer führt ihre Kultur weiter? Diese Fragen hat Dr. Zeno Pinter, Unterstaatssekretär im Departement für ethnische Minderheiten der rumänischen Regierung, in einem Vortrag beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen am 10. Mai in Dinkelsbühl in den Raum gestellt. Der Vertreter des deutschen Forums gab zu bedenken, dass nicht nur Personen mit deutschen Namen, die ihre Sprache möglicherweise verloren haben, sondern auch Rumänen, die aktiv in den Kulturgruppen mitmachen, in Betracht gezogen werden sollten. „Wir müssen allmählich umdenken, auch im Forum“, sagte Dr. Pinter.
Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2002 haben sich 60 000 Personen zur deutschen Minderheit in Rumänien bekannt. Allerdings spielen die Deutschen eine viel wichtigere Rolle, als diese Zahl vermuten lässt. So bestehe ein in Jahrhunderten aufgebautes Schulsystem weiter, das von 20 000, vor allem andersnationalen Schülern besucht werde, sagte Dr. Pinter in seinem Vortrag „Der EU-Beitritt und die deutsche Minderheit in Rumänien“.
Dr. Zeno Pinter während seines Vortrages in ...
Dr. Zeno Pinter während seines Vortrages in Dinkelsbühl. Foto: Hans-Werner Schuster
Auch in der Politik werden die Deutschen als Partner ernst genommen. Ovidiu Ganț, Vertreter der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament, war bis vor kurzem auch als Europaparlamentarier aktiv. Mit Dr. Zeno Pinter stellen die Deutschen einen eigenen Unterstaatssekretär in der rumänischen Regierung. „Es ist wichtig, dass wir auch in Zukunft in einem demokratischen Staat aktiv mitmachen“, erklärte Pinter. Auch nach den Kommunalwahlen vom 1. Juni 2008 hoffe man zumindest in Hermannstadt politisch weiter bestimmen zu können.

Der Erfolg von Bürgermeister Klaus Johannis in Hermannstadt sei vor dem Hintergrund der deutsch-rumänischen Beziehungen möglich geworden, die in der jüngsten Geschichte nicht die tragischen Ausmaße angenommen haben wie beispielsweise jene im Sudetenland. Es habe auch im Kommunismus deutsche Schulen oder Zeitungen gegeben, die Muttersprache sei in der Familie gesprochen worden, sagte Pinter. Zwischen den deutschen Gruppen in Rumänien seien große Unterschiede zu verzeichnen. In Sathmar sprechen sie ungarisch, im Banater Bergland bestehen seit längerem viele Mischehen, so dass die Auswanderung dort nicht so drastisch gewesen sei wie in Siebenbürgen. Reschitza ist heute die Stadt mit dem höchsten Anteil an deutscher Bevölkerung. Trotz dieser Unterschiede verfügen die Deutschen mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien über eine einheitliche politische Organisation, die alle Angehörigen der deutschen Minderheit vertritt. Die Deutschen sind damit ein Unikum in Rumänien, da andere Nationalitäten teilweise zerstritten sind. So haben die Ungarn kürzlich neben dem Ungarnverband (UDMR) eine zweite, radikalere Organisation, die Ungarische Bürgerunion (UCM) des Pastors Lazslo Tökes gegründet.

Besonders stolz sind die Deutschen auf ihre Brückenfunktion: Sie konnten zwischen dem Mutter- und Vaterland vermitteln und die EU-Integration vorantreiben. Die EU bedeute ihnen sehr viel, da die Landsleute in Europa wieder in derselben politischen Struktur leben: der Europäischen Union. Der Vortrag war ein Novum für den Heimattag der Siebenbürger Sachsen, ermöglichte er doch einem Forumsvertreter den direkten Dialog mit den Heimattagsbesuchern. Die Veranstaltung im Evangelischen Gemeindehaus der St.-Pauls-Kirche wurde vom Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius moderiert, der unter den Anwesenden den hessischen Landtagspräsidenten Norbert Kartmann, Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Siebenbürgensforums, sowie Ehrenobmann Dr. Fritz Frank und Bundesobmann Volker Petri vom Bundesverband in Österreich begrüßen konnte.

In der anschließenden Diskussion wurde auf die deutsche Sprache und das kulturelle Umfeld hingewiesen, die sich positiv auf Investoren aus Deutschend, Österreich und der Schweiz auswirken. Allerdings stellen die Karpaten noch immer eine Grenze der Mentalitäten und des Glaubens dar, stellte Dr. Fritz Frank fest.

Siegbert Bruss


Schlagwörter: Heimattag 2008, Politik, Forum

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