9. Juli 2008

Leserecho: Plädoyer für eine deutsche Tageszeitung in Rumänien

Die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien soll laut Hausmitteilung am 1. August vorübergehend eingestellt und ab Herbst mit einem bislang unbekannten „neuen Konzept“ erscheinen. Von der Ankündigung sind auch die Banater Zeitung in Temeswar und die Karpatenrundschau in Kronstadt betroffen. Seinen folgenden Leserbrief an Dan Cărămidariu, Chefredakteur der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ (ADZ), bittet der Historiker und Archivar Gernot Nussbächer auch in der Siebenbürgischen Zeitung zu veröffentlichen.
Wie Sie vielleicht nicht wissen, bin ich einer der ältesten lebenden Mitarbeiter der deutschen zentralen Tageszeitung in Rumänien „Neuer Weg“, der Vorgängerin der ADZ. Ich habe im Jahre 1951 als Jüngster an der landesersten Besprechung der Volkskorrespondenten – wie die Außenmitarbeiter damals hießen – in Kronstadt – damals musste es „Stalinstadt“ heißen - teilgenommen und einer meiner ersten Beiträge erschien in der Ausgabe 1444 des Neuen Wegs. Von 1975 bis 1994 war ich für den Siebenbürgen-Teil der Rubrik „Kleine Heimatkunde“ im Neuen Weg und nachher in der ADZ zuständig. Seit ihrer Gründung im Jahre 1957 war ich Mitarbeiter der „Volkszeitung“ und ab 1968 der „Karpatenrundschau“, in der ich nach 1995 die meisten meiner Beiträge veröffentlichen konnte.

So empfinde ich Ihre Mitteilung als die Ankündigung der Beendigung einer fast 60-jährigen Pressetradition in deutscher Sprache unstatthaft und unverantwortlich der deutschen Bevölkerung unseres Landes gegenüber, die eine solche zentrale Zeitung dringend braucht. Ebenso braucht unser Land Rumänien eine solche Zeitung als Sprachrohr in den deutschen Sprachraum hinein und als Verbindung zu unseren ausgewanderten Landsleuten.

Ihr Anliegen als verantwortungsbewusste Redaktion sollte es sein, dieser Notwendigkeit Rechnung zu tragen, und nicht gleich eine Tageszeitung und zwei Wochenzeitschriften „Banater Zeitung“ und „Karpatenrundschau“ zu Grabe zu tragen. Wenn schon die neue Chefredaktion dieses Kulturerbe und das Vermächtnis von Emmerich Reichrath nicht weiterführen kann, dann sollte nicht die Hauptquelle und der Hauptnutznießer – die Leserschaft – darunter zu leiden haben. Ein „neues Konzept“ darf doch nicht eine Unterbrechung des Erscheinens der Zeitung bedeuten. Auch Emmerich Reichrath und sein Team haben 1993 die Umgestaltung des Neuen Wegs in die ADZ reibungslos vollzogen, so dass keine Lücke entstand. Ist die neue Redaktion nicht auch imstande, das Gleiche zu tun?

Ich persönlich und gewiss auch die meisten Leser sind gewiss bereit, einen höheren Preis für die Zeitung zu bezahlen, aber wir wollen unsere deutsche Zeitung keinen Tag missen.

Ich ersuche Sie daher dringend, keine Lücke im Erscheinen einer deutschen Tageszeitung in Rumänien zuzulassen und alles zu tun, dass am 1. August 2008 eine deutsche Zeitung in den Postkästen der deutschen Bevölkerung eingeworfen wird, ob sie nun ADZ oder anders heißt. Ebenfalls ersuche ich Sie, durch aufklärende Mitteilungen in der Zeitung das „neue Konzept“ genauer zu definieren und dadurch die Leserschaft zu beruhigen und auf die Umgestaltung entsprechend vorzubereiten.

Gernot Nussbächer, Kronstadt

Schlagwörter: Medien, Kronstadt

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